Название: Extra Krimi Paket Sommer 2021
Автор: A. F. Morland
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783956178986
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»Sie können sich wieder umdrehen.«
Wenn sie von dem Dienstausweis eines Hauptkommissars überrascht waren, ließen sie sich das jedenfalls nicht anmerken. Zwei ordentlich gekleidete Männer, Mitte bis Ende dreißig, beide groß und sportlich, eiskalt und geübt.
»Wir gehen ins Wohnzimmer«, entschied der andere. Er hatte eine tiefe Stimme und sprach mit einem Hauch von Dialekt.
Als Rogge sie mit seiner Manipulation am Türschloss aufgescheucht hatte, hatten sie schon zur Hälfte erledigt, weshalb Rogge gekommen war, doch sie verstanden ihr Handwerk und wussten, wie man eine Wohnung systematisch und gründlich durchsuchte, ohne ein Chaos zu hinterlassen.
»Ziehen Sie bitte Ihre Jacke und Ihre Hose aus, auch die Krawatte.«
Das Bitte entmutigte ihn regelrecht und deshalb gehorchte er, ohne zu fragen, was sie mit ihm vorhatten.
»Ins Schlafzimmer.«
Verdammt, sie waren noch kaltblütiger, als Rogge befürchtet hatte. Der eine kramte schon in dem Pilotenkoffer, sie hatten an alles gedacht und waren auf alles vorbereitet, und ob sie nun Inge Weber oder ihn ins Reich der Träume beförderten, bereitete ihnen kein Kopfzerbrechen.
»Leiden Sie an Bluthochdruck? - Diabetes? - Nehmen Sie kreislaufstärkende Mittel oder etwas zur Blutverdünnung?«
»Nein«, sagte er erschöpft, und das war tatsächlich das erste Wort, das er herausbrachte. »Sie können mich unbesorgt schlafen schicken.«
»Etwa acht Stunden«, nickte der mit der tiefen Stimme.
Rogge rollte den Hemdsärmel hoch und der Knabe setzte die Spritze sehr geschickt, er hatte Übung, hielt sogar Tupfer und Pflaster bereit. Der andere beobachtete Rogge unverwandt, jede Sekunde auf einen Täuschungs- und Ablenkungsversuch vorbereitet. So, wie er sich benahm, würde er erst schießen und sich dann nach der vermeintlichen Gefahr umdrehen. Deshalb legte Rogge sich ohne Sträuben ins Bett und deckte sich zu, der Spritzenmensch öffnete sogar das Fenster einen Spalt weit. Was für nette, fürsorgliche Zeitgenossen! Rogge hätte schon gerne gefragt, für wen sie arbeiteten, aber er wusste, dass sie nicht antworten, nicht einmal über ihn lachen würden. Sehr schnell wurde sein Arm etwas taub, eine seltsame Schwäche wallte durch seinen Körper, erreichte seinen Kopf, löschte alles aus,
XII.
»Sie haben was getan?« Jockel Pertz brüllte, dass die Scheiben zitterten, aber die beiden Männer zuckten nicht zusammen, schauten allerdings starr an Pertz’ Kopf vorbei. Dass sie sich in ihrer Haut nicht wohl fühlten, war ihnen anzusehen, doch in ihren Augen spiegelte sich Trotz wider. Den Anpfiff mussten sie ertragen, er war der Chef.
»Sind Sie vom Affen gebissen?«
»Wir hatten keine andere Wahl. Der Befehl lautete, die Frau nicht aus den Augen zu verlieren. Dass die lauen Brüder vom Verfassungsschutz sich am Bahnhof abhängen ließen, geht nicht auf unser Konto. Wir haben nur versucht, einen Fehler auszubügeln.«
Pertz setzte sich wieder. Vier Sätze und jeder korrekt. Nicht zu bestreiten. Eine Panne, diesmal durch einen unglücklichen Zufall bewirkt und nicht durch offenkundiges Versagen, wie es Weinert eingestanden hatte. Es wurde Zeit, die Aktion abzubrechen. Pannen hatten die dumme Angewohnheit, sich zu Katastrophen zu verdichten. Und wenn ihn nicht alles täuschte, bereitete auch dieses Trio Gönter, Ellwein, Weinert schon den Rückzug nach dem Motto vor: Rette sich, wer kann.
»Gut. Den Anschnauzer haben Sie nicht verdient. Ich bekomme bis heute Abend einen vollständigen Bericht.«
Die Männer nickten mit unbewegtem Gesicht.
»Gibt es denn eine Spur?«
»Nein.«
Dienstag, 26. September
Bis auf einen leicht metallischen Geschmack auf der Zunge fühlte er sich ausgeschlafen und topfit. Charlotte Zinneck alias Inge Weber hatte nicht einmal ihre Zahnbürste eingepackt, Handtücher und Seife gab es auch, er vermisste nur einen Rasierapparat, aber Gunda behauptete ohnehin, mit einem Dreitagebart wirke er männlicher und Dörte von Sandau schwärmte sogar für Rauschebärte. Im Kühlschrank fand er alles für ein ordentliches Frühstück. Neun Uhr, Kili würde anfangen, sich Sorgen zu machen, und deshalb rief Rogge ihn auf dem Handy an: »Ich habe die Nacht in einem fremden Bett verbracht.«
»Das freut mich für dich!«
»Leider allein. In Inge Webers Wohnung. Dummerweise sind zwei Herren schneller gewesen als ich und haben mich schlafen geschickt.«
»Wer? Wie? Warum?«
Ja, das hätte Rogge auch gern erfahren, aber dazu war es nun zu spät. Kili schwieg bedrückt, der Chef war unberechtigt in eine fremde Wohnung eingedrungen, was sich bei einem Kriminalbeamten besonders schlecht anhörte, und was immer sich an Hinweisen in den Räumen befunden hatte, war den beiden Profis bestimmt nicht entgangen.
»Also fangen wir wieder von vorne an!«, seufzte sein Adlatus und Rogge kicherte bösartig: »Ja, und ich weiß auch schon, wo und wie.«
»Mach keine Dummheiten!«
»Das wird sich später heraussteilen. Wenn Simon nach mir fragt - ich bin gestern nach Hause gegangen und du weißt nicht, wo ich abgeblieben bin.«
»Sei bloß vorsichtig!«
Auf dem Wohnzimmertisch fand Rogge sein Eigentum unversehrt wieder, Brieftasche und Portemonnaie, Waffe, Schlüssel, Ausweise, sogar das kleine Einbruchbesteck. Als er seine Sachen auf die Taschen verteilte, irritierte ihn ein kaum vernehmbares Schnarren: Besorgt um seinen Schlaf hatten sie sogar das Telefon leise gestellt. Inge Weber würde kaum in ihrer eigenen Wohnung anrufen und Schönborn wollte er nichts erklären. Nur aus Neugier sah er sich in den beiden Zimmern um. Was immer die beiden Typen hier gewollt oder gesucht hatten - ihre Mütter hatten sie zu Ordnung erzogen. Nichts deutete darauf hin, dass diese Räume stundenlang durchsucht worden waren; Rogge überlegte daher sogar einen Moment, ob er das Bett machen sollte. Wenig Möbel, alles sehr unpersönlich, sehr sachlich und funktional, aber hier hatte ja eine Frau sozusagen auf Abruf gelebt. Oder auf Wiederkehr ihres Gedächtnisses gewartet, obwohl er an dieser Version mittlerweile zweifelte. Zehn zu eins, dass die beiden Männer gekommen waren, um Inge Weber oder Charlotte Zinneck zu entführen. Kein normaler Einbrecher schleppte Spritze, Schlafmittel und Pflaster mit sich herum.
Unbemerkt verließ Rogge das Hochhaus. Die Weberin war abgetaucht, als ihr ein schusseliger, leicht dämlicher Kriminalbeamter in aller Harmlosigkeit eröffnete, dass ihre Tarnung geplatzt war. Am frühen Nachmittag, nachdem sie ihren normalen Dienst absolviert hatte und aus der Bäckerei fortgegangen war. Was wiederum ein gehöriges Maß an Selbstbeherrschung und Kaltblütigkeit verriet. Und schon Stunden später hatte sie zwei Profis an den Hacken, die sie kidnappen wollten.
Eine ganze Weile stand Rogge vor seinem Auto und starrte Löcher in die Luft. Wie konnten die eigentlich so schnell erfahren haben, dass die Kripo Inge Webers richtigen Namen herausgefunden hatte?
Auf der Fahrt nach Stockau tröstete Rogge sich mit der Überlegung, eine Frau, die so viele СКАЧАТЬ