Erinnerungen an die "68er": Damals in Dahlem. Jürgen Dittberner
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Название: Erinnerungen an die "68er": Damals in Dahlem

Автор: Jürgen Dittberner

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

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isbn: 9783838276052

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СКАЧАТЬ Helmut Schmidt, Franz Josef Strauß, Rainer Barzel oder Hans-Dietrich Genscher. Diese hatten Lebenserfahrungen, und darauf basierend klare politische Ziele: Niemals mehr sollte die Demokratie von einer Diktatur oder von hochfahrenden Visionen verdrängt werden können: „Misstrauisch gegenüber Utopien und großen weltanschaulichen Würfen, betrieben sie Politik nüchtern und pragmatisch.“4

      Einer von ihnen war auch Rudolf Augstein, Gründer und Herausgeber des „Spiegels“. Er wuchs mit seinem Magazin zum Symbol der zivilen demokratischen Distanz zum allzu oft nur formalen Rechtsstaat der „Ära Adenauer“ heran. Damit lebte Augstein besonders der studentischen Jugend zu Beginn des 60er Jahre eine an den Menschenrechten orientierte demokratische Kultur vor. In die gleiche Richtung gingen Wirkungen der Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichtes wie im Falle des „Fernsehurteils“ vom 28. Februar 1961, das ein von Konrad Adenauer gewolltes kommerzielles Staatsfernsehen („Deutschland Fernsehen GmbH“) stoppte. Stattdessen nahm am 1. April 1963 neben dem von der „ARD“ („Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“) ausgestrahlten Fernsehen eine zweite öffentlich-rechtliche Anstalt, das „ZDF“ („Zweites Deutsches Fernsehen“), Sendebetrieb auf.

      Rudolf Augstein wurde zum Helden der Hörsäle der Bundesrepublik. „Rudi“ war für die studentische Generation das Idol der Zeit. Durch ihn war deutlich geworden, dass die formal-demokratischen Strukturen des Staates in der Ära Adenauer inhaltlich angereichert werden müssten durch ein materielles Verständnis von Demokratie als Verhaltensnorm der Bürger und des gesamten Staatsapparates. So führte ein direkter Weg von der „Spiegel“-Affäre hin zur Regierungserklärung des 1969 gewählten sozialdemokratischen Bundeskanzlers Willy Brandt, der seine innenpolitischen Ambitionen auf die Formel brachte: „Mehr Demokratie wagen“.

      Der Irritation über die Festnahmen und Durchsuchungen beim „Spiegel“ folgten

       das Aufdecken eines „Bildungsnotstandes“ von den Zwergschulen bis hin zu den Ordinarienuniversitäten,

       die durch die Vietnam-Intervention bewirkte Abkehr vom Idol der USA,

       ein Ende der Toleranz gegen die Hitlerverniedlichungen der Vorgängergeneration

      und

       die Einsicht in die umweltzerstörende Wirkung einer bis dahin unkritisch betriebenen Industrialisierung.

      Die Anfänge der 68er lagen jedoch nicht nur in der Abkehr von materiellen und der Hinwendung zu postmateriellen Werten. Es ereignete sich vielmehr ein globaler Paradigmenwechsel: Das 50er-Jahre-Idol USA wurde Ziel tiefer Ablehnung und verbaler Angriffe. Der Dualismus des Kalten Krieges wurde zugleich aufgelöst in Richtung einer Annäherung zwischen Ost und West, und das Tabu, sich mit den Lehren insbesondere von Karl Marx nicht zu beschäftigen, wurde gebrochen.

      War nämlich Amerika in den fünfziger Jahren das allgemeine Vorbild in der Demokratie, der Kultur und im Konsum, so verschwand das mehr und mehr, als die USA einen Interventionskrieg gegen ein kleines Volk in Vietnam führten. Aus Befreiern wurden in den Augen Vieler Interventionisten, aus Demokraten Nationalisten und aus Konsumenten Umweltzerstörer. Es war weder offizielle Politik, die solchen СКАЧАТЬ