Название: Im schwarzen Loch ist der Teufel los
Автор: Ulrich Walter
Издательство: Bookwire
Жанр: Математика
isbn: 9783831257850
isbn:
DER RAUM IST EIN DREIDIMENSIONALES GUMMI
Doch die macht eine wichtige überprüf bare Aussage: Die Raum-Zeit unseres Universums ist keine Bühne, sondern etwas »Handfestes«. Insbesondere ist der Raum eine Art dreidimensionales Gummi, in dem wir existieren. Dieses Gummi ist zwar extrem steif, aber eben doch leicht biegsam, so wie sich eine Gummimatte in zwei Dimensionen verbiegen lässt. Und wenn man dieses Gummi anschlägt, dann schwingt es, und die Schwingung läuft als Welle durch die Matte. Genau so kann auch eine Welle durch das dreidimensionale Gummi des Raumes unseres Universums laufen – eine sogenannte Gravitationswelle.
Aber der Hammer, der so eine Gravitationswelle anschlägt, muss richtig dick sein. Zwei Planeten, die miteinander kollidieren, reichen bei Weitem nicht. Auch zwei kollidierende Sonnen würden nicht reichen. Es braucht schon zwei dicke Schwarze Löcher, jedes zigmal so schwer wie eine Sonne, die miteinander kollidieren. Solche Kollisionen sind das gigantischste Ereignis, was unser Universum hervorbringen kann. Nun sind Schwarze Löcher sehr selten. Zwei Schwarze Löcher, die sich in den unendlichen Weiten des Universums treffen, noch weitaus seltener. Man muss also schon sehr lange warten, bis so etwas passiert und richtig Glück haben, für etwa 1/10 Sekunde eine solche vorbeilaufende Raumwelle auch zu messen.
Messung der Gravitationswelle mit dem Hanford LIGO-Detektor (Bild: Fachveröffentlichung LIGO-Team)
Genau das ist einem Team von Wissenschaftlern in den USA am 14. September 2015 gelungen. Sie haben erst am 11. Februar 2016 in einer Pressekonferenz darüber berichtet, weil sie absolut sicher sein wollten, dass ihre Interpretation der Daten richtig ist. Sollten sie sich irren, wäre das die Blamage des Jahrhunderts.
Aber sie waren sich absolut sicher. Warum? Sie hatten nicht nur einen Wellen-Detektor, das sogenannte LIGO, sondern sogar zwei. Und beide haben Dasselbe gemessen: eine Schwingung des Raumgummis. Diese Schwingung ist in dem Bild, das das Team in der renommierten Zeitschrift Physical Review Letter veröffentlichte, als rote, leicht zackige Linie deutlich zu sehen. In dem zweiten Bild ist die theoretische Vorhersage eines solchen Ereignisses zu sehen, darüber die zugehörige Umkreisung der Schwarzen Löcher bis zur Verschmelzung, die die Gravitationswelle wie ein Hammer auslöst. Wegen dieser extrem guten Übereinstimmung waren sich die Forscher so sicher, dass sie eine Gravitationswelle gefunden haben.
Berechnete Schwingung der Gravitationswelle und der zugehörigen
Bewegung der beiden schwarzen Löcher umeinander bis zur
Verschmelzung. (Bild: Fachveröffentlichung LIGO-Team)
Dieses gigantische Ereignis der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher fand 1,3 Milliarden Lichtjahre weit weg von uns statt. Und die Gravitationswelle brauchte trotz Lichtgeschwindigkeit 1,3 Milliarden Jahre, um bis zu uns zu kommen. Bei dieser gegenseitigen Umkreisung – da umkreisen sich zwei dicke fette Sonnenmassen einmal in 10 Millisekunden! – erreichten die beiden Schwarzen Löcher 60 % der Lichtgeschwindigkeit!
Damit ist sicher, was viele nicht geglaubt haben: Die Raum-Zeit ist etwas Handfestes. Einstein hatte recht. Es ist nun auch sicher, dass die Zeit nicht ewig und göttlich ist. Damit hat Einstein die alten Griechen wiederlegt. Die Zeit hatte vor 13,8 Milliarden Jahren einen Anfang, aber wird vermutlich nie enden. Das wissen wir heute. Und es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn die Forscher, die das bewiesen haben, den Nobelpreis nicht irgendwann bekommen.
UNSER UNIVERSUM – WIE FÜR UNS GEMACHT?
Ist unsere Existenz reiner Zufall oder Notwendigkeit?
Unser Universum scheint so fein auf uns abgestimmt zu sein, dass Zufall eigentlich auszuschließen ist.
Ob unsere Existenz zufällig ist oder es notwendigerweise dazu kommen musste, also die Entwicklung des Universums hin zu uns Menschen zielgerichtet (fachlich: teleologisch) ist, ist eine Urfrage der Philosophie, auf die es bis heute keine definitive Antwort gibt. Seit den 1960er-Jahren gibt es mit dem schwachen anthropischen Prinzip jedoch ein Erklärungsprinzip für unsere Welt, das viele Wissenschaftler überzeugt hat, und auf das ich im Laufe dieses Buches auch noch eingehen werde. Grund genug, sich unsere Welt unter dem Aspekt »Zufall oder Notwendigkeit?« einmal genau anzuschauen.
Ausgangspunkt unserer Überlegungen sind folgende Feststellungen:
1. | Wir Menschen sind biologisch hochkomplexe Geschöpfe, die ein Universum mit ganz bestimmten Eigenschaften benötigen. |
2. | Die Welt, in der wir leben, hat genau die Eigenschaften, die unsere Existenz ermöglichen. |
3. | Es könnte Welten mit sehr viel anderen Eigenschaften geben, in denen wir nicht leben könnten. |
KRÄFTE, DIE UNSERE WELT REGIEREN
Was sind die grundlegenden Eigenschaften in unserer Welt? Nun, unsere Welt wird im Wesentlichen einerseits durch die verschiedenen Eigenschaften der Elementarteilchen, aus denen alles zusammengesetzt ist, insbesondere ihre Massen, regiert, und andererseits von den vier Grundkräften zwischen ihnen. Betrachtet man die vier Kräfte, dann findet man folgende Kraftkonstanten:
Die Kernkraft mit Stärke 1
Die elektrische Kraft mit Stärke 7,30 × 10-3 (Feinstrukturkonstante)
Die schwache Kraft mit Stärke 1,03 × 10-5
Die Gravitationskraft mit Stärke 5,90 × 10-39
Die hier angegebenen Stärken sind auf die Kernkraft mit Stärke 1 normiert, was man üblicherweise so macht, um sie einfach miteinander vergleichen zu können. Die elektrische Kraft ist also etwa hundertmal geringer als die Kernkraft und die schwache Kraft etwa hundertmal geringer als die elektrische Kraft. Die Gravitationskraft spielt in einer ganz anderen Liga. Sie ist so extrem schwach, dass sie für einzelne Elementarteilchen keine Rolle spielt. Dafür hat sie aber, so wie die elektrische Kraft, eine prinzipiell unendlich große Reichweite, während Kernkraft und schwache Kraft nur auf mikroskopischen Abständen wirken. Da die elektrische Kraft aber je nach Ladungsvorzeichen anziehend oder abstoßend wirken kann, und weil makroskopische Körper elektrisch neutral sein müssen, mittelt sie sich auf mesoskopischen Abständen schnell heraus und wird darüber hinaus unbedeutend: Kein Mensch wird von einem anderen Menschen elektrisch angezogen oder abgestoßen. Die Gravitationskraft hingegen ist immer anziehend, also immer additiv, weswegen sie ihre Dominanz erst im Makrokosmos ausspielt, also bei Körpern so groß wie die Erde oder größer.
GIBT ES ALTERNATIVEN?
Warum erzähle ich das? Nun, weil diese Kraftkonstanten und ihre Wirkung mit der Entfernung im Prinzip auch ganz andere Stärken haben könnte, und zwar beliebig andere. Nehmen wir einfach nur einmal an, jede dieser vier Konstanten könnte im Bereich 1 bis 10-39 in 1-Prozentschritten variieren. Dann gäbe es für jede Konstante log 1039/log 1,01 = 39/0,00432 = 9025 Möglichkeiten. Bei vier Konstanten macht das insgesamt 90254 = 6,6 × 1015 mögliche Kombinationen der vier Naturkonstanten. Und unsere ist nur eine ganz СКАЧАТЬ