Schweiß, Schlamm und Endorphine. Iris Hadbawnik
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Название: Schweiß, Schlamm und Endorphine

Автор: Iris Hadbawnik

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783831258031

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СКАЧАТЬ für alle Sinne.«

      Marcus (links) mit Jürgen Birner beim Tough Guy

      Alle diese Faktoren könnten verantwortlich für die besonders rasanten Zuwachszahlen bei Extrem-Hindernisläufen sein. Sie entwickelten sich von der Randerscheinung in der Laufszene, die anfänglich eher der Teilnahme für Spezialisten zugeordnet wurde, zu einem wahren Massenphänomen und einer ganz neuen Richtung der deutschen Laufbewegung. Nach der Statistik von Prof. Dr. Döhrn betrug 2008 die Zahl der deutschen OCR-Finisher 4.069. Zwei Jahre später waren es bereits 10.277 und 2012 hatten mit 22.737 Läufern schon mehr als doppelt so viele einen Extrem-Hindernislauf erfolgreich absolviert. Im Jahr 2015 nahmen sagenhafte 54.422 Läufer erfolgreich an einem Extrem-Hindernislauf teil. Damit wuchs die Zahl im Vergleich zum Vorjahr erneut um 24 Prozent. Für die weiteren Jahre prognostizierte Döhrn »viel Luft nach oben«. Jedoch ist die Entwicklung auf dem OCR-Markt rasant und der Überblick fällt schwer. Da die oben genannten Zahlen nur die in der Datenbank erfassten Wettkämpfe und beispielsweise keine Läufe ohne Zeitnahme beinhalten (wie beispielsweise den Tough Mudder) – denn ohne offizielle Liste der Einzelergebnisse lassen sich keine Finisher-Zahlen feststellen –, ist die »Dunkelziffer« der tatsächlichen Extrem-Hindernisläufer in Deutschland weitaus höher.

      Insbesondere jüngere Generationen fühlen sich weniger zu traditionellen Wettkämpfen und mehr zu OCR-Läufen hingezogen. Deutlich mehr als die Hälfte der Teilnehmer ist jünger als 35 Jahre alt. Auch die Zahl der Frauen an Extrem-Hindernisläufen hat sich von anfänglich 10 auf mittlerweile 25 Prozent gesteigert.

      In anderen Ländern ist die Entwicklung der Teilnehmerzahlen noch gravierender. Wikipedia zufolge sollen 2011 bereits etwa eine Million Menschen an OCRs in den USA teilgenommen haben. Tendenz steigend. Wie populär die Hindernislauf-Szene geworden ist, zeigt auch, dass 2016 erstmals deutsche Meisterschaften, wie die German OCR League (Einzelstarter- und Team-Wertung), die GERMAN-OCR-Masters (Einzelstarter) oder der GERMAN-OCR-Cup (Teams), eine Europameisterschaft (OCR European Championship) und seit 2014 eine Weltmeisterschaft, die OCR World Championship, ausgetragen wurden.

      Seit 2016 gibt es die German OCR League, die erste unabhängige Liga für Hindernisläufe in Deutschland. Diese Liga besteht aus 15 Lauf-Events, bei denen die Läufer Punkte sammeln können. Die Gesamtpunktzahl setzt sich am Ende aus den drei besten Einzelwerten zusammen. Der Gewinner kann dann den Titel German OCR League Champion tragen.

      Eine weitere Rennserie ist die GERMAN-OCR-SERIES. Sie wurde nach eigener Aussage ins Leben gerufen, um dem Extrem-Hindernislauf auch in Deutschland künftig eine professionelle Plattform zu geben. Nach einer Pilotphase 2016 besteht die Serie im Jahr 2017 aus 6 Läufen. Dem Sieger winkt eine stolze Geldprämie von 500 Euro.

      Bleibt am Ende noch immer eine Frage offen: Warum spricht es so viele Menschen überhaupt an, über Hindernisse zu springen und sich ausgiebig im Matsch zu suhlen? Ist es die Flucht aus dem Alltag? Das Durchbrechen von Konventionen? Der Wunsch, die Mauern rund um die Komfortzone zu sprengen? Seit der Kindheit waren die meisten von uns ständigen Verboten ausgesetzt: Mach dich nicht dreckig! Spring nicht in die Pfützen! Werde nicht nass! Gehe nicht ohne Schirm in den Regen! Bleibe stets auf dem Gehweg … Diese Liste lässt sich beliebig lange fortsetzen. Dabei war es bereits für uns Kinder das Größte, sich diesen Verboten zu widersetzen. Wer spielte nicht gern im Schlamm und sprang mit beiden Füßen in die Pfützen? Wem machte es keinen Spaß, mit Gummistiefeln bewaffnet, die Gewässer der Umgebung zu erkunden? Abenteuergeist und die Lust auf die Erforschung des Unbekannten, das trieb uns an. Wer im Berufsleben steht, den ganzen Tag im Büro sitzt, tagtäglich im Anzug herumläuft oder mit einem öden Alltag zu kämpfen hat, der möchte genau dieses Gefühl hervorkramen. Das Neue und Unbekannte erfahren, sich voller Adrenalin ins nächste Abenteuer stürzen. All das kann ein Extrem-Hindernislauf bieten. Durch die Teilnahme an einem solchen Rennen bewahren wir uns ein Stück unserer Kindheit. Aber auch Urinstinkte werden geweckt, die möglicherweise schon seit Jahrzehnten vor sich hinschlummern. Allein das Gefühl, alte Denkmuster zu durchbrechen, kann etwas Erlösendes sein.

      »Mach dich nicht dreckig!« Das gilt beim Extrem-Hindernislauf sicher nicht.

      Viele der Teilnehmer am Obstacle Course Race waren zuvor klassische Läufer. Rennen auf der Bahn, Volksläufe auf Asphalt oder einen Stadtmarathon zu stemmen, kann auf Dauer ein bisschen fad erscheinen. Man läuft sein Rennen, kommt ins Ziel – und Schluss. Viele wollen Neues ausprobieren und beim fen etwas erleben, von dem sie im Anschluss das Gefühl haben, Außergewöhnliches geschafft zu haben. Den intensiven Triumph, der sich nach dem ersten absolvierten Marathon noch eingestellt hatte, suchen Läufer ab da vergeblich. Jede Wiederholung ist zwar ein Erfolg, aber für viele keine wahre Herausforderung mehr. So erleben auch Ultraläufe oder Ultra-Trailläufe ab einer Länge von 42,2 Kilometern einen enormen Zuwachs. Waren es 2006 gerade mal knapp 4.000 Läufer aus Deutschland, die einen Ultralauf absolvierten, so stieg die Zahl bis heute auf mehr als das Doppelte an. Auch hier geht es den meisten Teilnehmern nicht darum, eine besondere Zeit oder eine besondere Leistung zu erzielen. Es geht um das Gefühl, mit Gleichgesinnten in der Natur unterwegs zu sein, eine Strecke zu absolvieren, die vor Jahren noch unerreichbar erschien, und fernab von Computer, Smartphone und Erreichbarkeit vor allem eines zu haben: Spaß!

      Jedoch ist vielen Ausdauersportlern ein Ultralauf zu lang und die Trainingszeit begrenzt. Wer nicht primär vom Laufen kommt und eher vielseitig sportlich unterwegs ist – sich also in den verschiedensten Sportarten, sei es Teamsport, Klettern oder Radfahren wohlfühlt –, der wird beim Extrem-Hindernislauf ebenso auf seine Kosten kommen. Meist genügt es schon 5, 10 oder 20 Kilometer zu bezwingen, sich aber dank der Hindernisse, bei denen man sich immer wieder konzentrieren und motivieren muss, total zu verausgaben und ganzkörperlich gefordert zu sein.

      Laufen ist ein wichtiger Bestandteil des OCR.

      Aber auch der Teamgedanke spielt bei vielen Teilnehmern eine große Rolle. Gemeinsam etwas Anstrengendes durchzustehen und mit Teamwork die Herausforderung zu meistern. Bei einem OCR ist dieser Gedanke viel stärker ausgeprägt als beispielsweise bei einem Marathon. Das im übertragenen Sinne gemeinsame »Überleben in der Wildnis« spornt viele Sportler an, Leistungen zu vollbringen, die allein undenkbar sind. Einer für alle, alle für einen! Wir schaffen das gemeinsam! Zusammen sind wir stärker! Egal, welches Motto propagiert wird, von vielen Veranstaltern wird speziell der Teamgedanke beworben. Es wird Wert darauf gelegt, dass man sich gemeinsam hilft, die Hindernisse zu bewältigen. Aber nicht nur den Leuten im eigenen Team, sondern auch völlig fremden Mitstreitern. Manche Hindernisse sind sogar so konzipiert, dass diese nur in Teamwork bewältigt werden können, und das schweißt zusammen und fördert die Verbindung zwischen Freunden, Vereinskollegen oder Arbeitskollegen – aber auch zu völlig Fremden.

      MOTIVATION OCR: WAS TREIBT DICH AN?

      Jeffrey Norris (Jg. 1959) aus Nürnberg, blinder Ultraläufer und Triathlet

      »Hindernisläufe als Blinder … ? Warum nicht!? Natürlich erreiche ich bei solchen Events keine vordere Platzierung, aber darum geht es mir auch nicht. Diese Läufe dienen der motorischen Geschicklichkeit, der mentalen Stärkung und fördern den eigenen Willen. Zudem reiße ich dabei Schranken ein, die in manchen Köpfen die freie Sicht versperren … Für manch einen ist es sicher fraglich, wie ein Blinder einen solchen Hindernislauf bewältigt. Und der eine oder andere wundert sich darüber, warum ein Blinder überhaupt an einem Obstacle Course Race teilnehmen will. Meine Antwort dazu ist stets: Ja, warum denn nicht!?

      Aber wie schafft es ein blinder СКАЧАТЬ