Highcliffe Moon - Seelenflüsterer. Susanne Stelzner
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Название: Highcliffe Moon - Seelenflüsterer

Автор: Susanne Stelzner

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783957446015

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СКАЧАТЬ »Bei deiner investigativen Gründlichkeit brauchen wir sechs Wochen für Manhattan«, meinte sie mit entschuldigendem Lächeln, weil sie mich immer wieder antrieb.

      Sie bot mir das volle Programm: Chrysler Building, das ich für den schönsten Bau der Stadt befand; Grand Central Station, wo wir uns ein Megasandwich und eine Cola in der Fressmeile im Untergeschoss gönnten; Rockefeller Center, zu dessen Füßen Charlie schon Schlittschuh gelaufen war, wie sie mir vorschwärmte; Time Square mit seinen riesigen LED-Anzeigentafeln. Hier war die Touristendichte am meisten zu spüren. Ich hatte noch nie so viele Leute umherlaufen sehen. Fasziniert beobachtete ich, wie die Menschenmassen einander reibungslos und unfallfrei in alle Richtungen durchdrangen, begleitet vom Hupkonzert der vorwiegend gelb lackierten Blechmasse auf den Straßen. Angesichts dieser Betriebsamkeit hatte ich keinen Zweifel, dass diese Stadt tatsächlich niemals schlief. Meine aufmerksame Reiseleiterin schnappte mindestens zweimal reaktionsschnell nach meinem Arm, um zu verhindern, dass ich, abgelenkt von so viel Input, von dem unaufhörlich rollenden Verkehr erfasst wurde. Ich hatte irgendwann einen steifen Hals und fühlte meine Füße nicht mehr richtig, aber ich war glücklich.

      Es war schon später Nachmittag, als wir noch einen Abstecher in den Central Park machten. Graue Wolken zogen plötzlich am Himmel auf und so begann es, verfrüht dunkel zu werden. Der Park leerte sich merklich. An einer Biegung stutzte ich.

      »Sieh mal!« Erfreut deutete ich auf das tunnelartige Gewölbe unter einer Steinbrücke. »Das sieht original aus wie in dem Film, den ich vor Kurzem gesehen habe. Vielleicht haben sie den ja hier gedreht. Lass uns mal durchgehen.«

      Das erste Mal an diesem Tag übernahm ich die Führung und lief neugierig den asphaltierten Weg hinunter in Richtung Tunneleingang. Je abschüssiger es hinabging, desto steiler ansteigend wurden die mit dichtem Buschwerk bewachsenen, seitlichen Böschungen. Es wurde zunehmend schummeriger.

      »Welcher Film war das denn?« Charlies Stimme hallte leicht, als wir den Tunnel betraten.

      »Weiß nicht mehr, wie der hieß, aber er handelte von einem Psycho, der Mädchen verschleppte und lebendig begrub«, antwortete ich mit gedämpfter Stimme, denn ich hatte etwas entdeckt.

      »Oh«, sagte Charlie ohne größeres Interesse. Dann sah sie ihn auch.

      Am Ende der Unterführung, an der Rundung der Wand, lehnte in leicht gebückter Haltung ein jüngerer Mann und lugte unter seiner Kapuze verstohlen zu uns herüber. Er nestelte nervös, sich immer wieder in alle Richtungen umschauend, an den Bändern seines Kapuzenpullis herum. Es schien fast so, als würde er auf uns warten. Unsere Schritte wurden gleichzeitig langsamer und nach einem kurzen Blickwechsel war deutlich, dass wir dasselbe dachten. Auch Charlie war der Typ unheimlich. Ich überlegte, wie viel Geld ich bei mir hatte, falls er ein Junkie war, der schon mit zwanzig freiwillig herausgerückten Dollars das Weite suchen würde.

      Unsicher schauten wir wieder zu ihm hinüber, doch die Entscheidung, umzukehren, war fühlbar. Charlie streckte ihren Arm kurz etwas vor meinem Körper aus, was einer angedeuteten Barriere gleichkam.

      In unveränderter Haltung stand der Typ da. Fast regungslos sah er uns entgegen. Er wirkte nicht besonders kräftig. Ob er wagen würde, es mit uns zweien gleichzeitig aufzunehmen? Vielleicht war er aber auch total harmlos und nur irgendein Nerd, der schon kalte Schweißausbrüche bekam, wenn weibliche Wesen seinen Weg mit weniger als fünf Schritten Abstand zu kreuzen drohten, versuchte ich, mich zu beruhigen. Möglicherweise würde er aber auch, was einem Albtraum gleichkäme, ein Messer aus der Tasche ziehen. Der Gedanke löste kurzfristig Panik in mir aus und die Turbulenzen in meinem Kopf nahmen zu. Niemand sonst war zu sehen. Es würde uns also im schlimmsten Fall niemand helfen, selbst wenn wir laut schrien. Zu allem Überfluss musste ich jetzt an den vorhin erwähnten Psycho aus dem Film denken und mir wurde heiß und kalt zugleich.

      Ein vernünftiger Impuls riet mir zur Flucht. Warum etwas riskieren? Ohne ihn aus den Augen zu lassen, drehte ich meinen Oberkörper, um den Rückzug anzutreten, als ein Windstoß durch die Unterführung fegte und ein paar Blätter aufwirbeln ließ. Eigenartig war nur, dass es sich nicht wirklich wie Wind anfühlte, sondern eher wie die verwirbelte Luft, wenn jemand sehr schnell und dicht an einem vorbeiläuft. Auch ein blumiger Geruch war plötzlich um mich herum. Irritiert sah ich zu Charlie, doch ihr war offenbar nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Sie behielt weiterhin den mysteriösen Mann im Auge.

      Der wandte schlagartig den Blick von uns ab und starrte auf die gegenüberliegende Wand. Er schien uns gar nicht mehr wahrzunehmen. Irgendetwas anderes fesselte jetzt seine ganze Aufmerksamkeit. Ich spähte angestrengt in die Richtung, in die er sah, konnte aber nichts erkennen. Er hob die Hände an die Schläfen und jammerte leise vor sich hin. Dann senkte er den Kopf und verbarg sein Gesicht ganz unter der Kapuze.

      Der ist einfach nur durchgeknallt, dachte ich und warf Charlie einen fragenden Blick zu. Sie presste die Lippen zusammen, zog die Mundwinkel nach unten und zuckte fast unmerklich mit den Schultern.

      Nun ließ der Mann die Arme sinken und sie baumelten kraftlos neben seinem Körper. Ein dumpfes Gemurmel drang herüber. Auf einmal kam jedoch Spannung in seinen Körper. Mit einem Ruck richtete er sich auf und rannte davon. Es war alles sehr merkwürdig.

      Charlie nahm ihren Arm herunter und raunte: »Wow.«

      »Was war das denn gerade?«, zischte ich, meinen aufgestauten Druck entladend. Das Adrenalin schoss immer noch durch meine Adern.

      Charlies Gesichtszüge entkrampften und sie atmete erleichtert einmal sehr tief durch, um die Luft mit einem langen Pffffhh wieder auszustoßen. Dann hakte sie sich, zu meiner oder vielleicht auch zu ihrer Verstärkung, da war ich mir jetzt nicht ganz sicher, bei mir unter.

      »Alles halb so wild. Das ist eben New York. War nur ein Spinner, glaub mir, davon laufen hier reichlich rum«, meinte sie, die Sache etwas herunterspielend, als wollte sie ihrer vermeintlichen Aufgabe als meine Beschützerin schnell wieder gerecht werden. Ich fragte mich, ob sie sich im Ernstfall wie eine Löwin vor mich geworfen hätte. Zugetraut hätte ich es ihr. Sie war vielleicht nicht die Mutigste, aber ihre Loyalität war grenzenlos.

      Sie kehrte so schnell zur Normalität zurück, dass ich den Verdacht hatte, sie rechnete es ihrem Auftrag hinzu, meinen Aufenthalt hier durch nichts trüben zu lassen. Sie hatte Erfolg. Meine Muskeln entspannten sich.

      »Ja, und ab heute zwei Spinner mehr«, lachte ich erleichtert und erwiderte den Druck ihres Armes.

      Wir machten kichernd auf der Stelle kehrt und marschierten eilig aus dem Gang heraus in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Sicher ist sicher, war die Devise.

      »Also, stürzen wir uns ins Nachtleben«, verkündete Charlie den nächsten Programmpunkt.

      Ich sah mich noch zweimal verstohlen um, weil ich das unerklärliche Gefühl hatte, dass wir verfolgt wurden. Aber es war nur Einbildung, denn niemand war zu sehen. Werd bloß nicht schon am ersten Abend paranoid, ermahnte ich mich selbst.

      »Was ist?«, fragte Charlie, wieder die Souveränität in Person. »Ist jemand hinter uns her?« Sie bewegte ihre Arme und Hände in Wellenbewegungen vor ihrem Gesicht, sah mich dabei beschwörend an und machte: »Huuuh.«

      »Sehr witzig«, tat ich beleidigt, aber ich drehte mich tatsächlich ein drittes Mal um, als Charlie wegsah.

      Der nächste Morgen präsentierte sich, als ich die Vorhänge beiseiteschob, leider grau. Es nieselte leicht. Doch Charlie war bestens gelaunt. Summend hörte ich sie aus der Dusche kommen, dann brummte der Fön eine gefühlte Ewigkeit. Ich hatte begonnen, ein paar Kleidungsstücke auf die Plastikbügel im Kleiderschrank zu hängen. Ein verzweifelter Versuch der Schadensbegrenzung. СКАЧАТЬ