Totensteige. Christine Lehmann
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Название: Totensteige

Автор: Christine Lehmann

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783867549264

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СКАЧАТЬ hörte ihn schlucken. Er versuchte meine Frage einzuordnen. Nerz’sche Neckerei oder Gefahr im Verzug? »Störe ich?«

      »Nein. Aber vor fünf Minuten hättest du mich noch beim Experiment gestört, und es wäre vermutlich misslungen.«

      »Ah.« Er entschied sich für seine eigene Richtung: »Ich hatte bis eben zu tun. Dann hast du es noch nicht in den Nachrichten gehört?«

      »Was denn?«

      »Es hat einen Anschlag auf einen Gefangenentransport gegeben. Juri Katzenjacob saß im Wagen.«

      »Ach was!«

      »Es sieht nach einem Befreiungsversuch aus. Heftig. Ein Polizeibeamter wurde lebensgefährlich verletzt, einer der Angreifer ist tot. Dem ersten Augenschein nach kam er durch die vorzeitige Explosion eines Sprengsatzes ums Leben. Laut Pass stammt er aus Rumänien. Zwei, womöglich auch drei weitere sind flüchtig. Für den genauen Tathergang wird man die Auswertung der Überwachungskameras abwarten müssen.«

      »Krass!« Ich sortierte mich. »Wann war das?«

      »Kurz nach halb elf. Katzenjacob sollte zu einem Haftprüfungstermin gebracht werden. Sie haben den Transporter direkt an der Einfahrt angegriffen, vor dem Tor. Du weißt, wo das ist? Cannstatter Straße, hinter der Tankstelle.«

      Natürlich wusste ich das. Es war genau hinter der Staatsanwaltschaft.

      »Ich habe die Knallerei gehört.«

      »Aber warum heute?«, fragte ich. »Was ist heute anders als letzte Woche oder vor zwei Wochen?« Damit konnten meine drei Kontaktaufnahmen nichts zu tun haben, denn eine bewaffnete Befreiung musste vorbereitet werden.

      »Letzte Woche war kein Haftprüfungstermin«, antwortete ­Richard.

      Das war eine gute Erklärung. »Also eine undichte Stelle bei der Polizei oder in der Justizverwaltung?«

      »Von einem Haftprüfungstermin kann jeder wissen, der es wissen will. Die Presse wusste es. Der Anwalt hat es mitgeteilt. Am Freitag hat sich einer vom Stuttgarter Anzeiger bei uns erkundigt, wann genau der Termin ist. Seit einer Stunde versuche ich, ihn aufzutreiben. Zur Arbeit ist er nicht erschienen, er hat sich nicht krankgemeldet, und bei den Streiks der Redakteure gegen Lohnkürzungen ist er auch nicht dabei.«

      »Eine Schweinerei ist das. Die wollen doch wirklich die Löhne senken, um fünfundzwanzig Prozent für Neueinsteiger.«

      »Ja, Lisa. Aber weswegen ich dich anrufe … Er geht auch nicht ans Handy. Roland Hoffmann heißt er.«

      »Kenne ich nicht. Vielleicht einer der neuen Freien.«

      Ich hörte Richard enttäuscht ausatmen. »Hätte ja sein können.«

      »Ich bin nur noch ganz selten in der Redaktion, weißt du doch. Wo wohnt der Kerl denn?«

      »Die Polizei ist schon unterwegs zu ihm.« In so was war die Polizei gut. Auch im Aufspüren von Verbindungen in den osteuropäischen Raum. »Ich hatte nur gehofft, dass du Hoffmann …« Richard stockte bei der unverhofften Sinnhaftigkeit, »zufällig kennst und mir was über ihn sagen kannst.«

      Mumpitz, dachte ich, das ist nicht der Grund seines Anrufs. Richard wandte sich sonst auch nicht an mich, wenn es um seinen Job und meine Kollegen ging. »Glaubt ihr denn, er hat was damit zu tun?«

      »Wir glauben momentan gar nichts, Lisa. Aber es wäre mir sehr lieb, wenn du in dieser Sache äußerste Zurückhaltung walten ließest. Was machst du auf Kalteneck? Hatten wir nicht gesagt, dass es dort nichts …«

      »Sorry«, unterbrach ich ihn. »Ich muss Schluss machen.« Es war nicht mal gelogen, denn soeben trat Dr. Derya Barzani vor die Tür auf die Terrasse. »Ich melde mich nachher.«

      14

      Fast stolperte sie über Cipión, der sie freundlich begrüßte. Sie mochte keine Hunde, das sah ich ihr an. Ein wenig steifbeinig umrundete sie den Schlappohrunhold. Cipión hingegen mochte Menschen, die keine Hunde mochten, weil sie ihm nicht in die Augen schauten. Das fand er höflich und nett.

      »Ihr Wert liegt bei 3,5«, eröffnete mir die Frau Doktor.

      »Kann ich damit noch Auto fahren?«

      Sie lachte knapp. »PK-Experimente sind reine Statistik. Viele PK-Experimente hat man wegwerfen müssen, nachdem Statistiker sie nachgeprüft hatten. Es geht hier um äußerst geringe Abweichungen von der Normalverteilung und den kleinen Schwankungen, die das System selbst produziert. Sie verstehen?«

      Ich nickte, während es in meinem Hinterkopf grübelte. Wer konnte ein Interesse daran haben, Juri Katzenjacob aus der U- Haft freizubekommen? Hatte er denn Kontakte nach Rumänien? Gab es gar Familienmitglieder, die er gesucht hatte oder die ihn gesucht hatten?

      Fragte ich mich damals auf der schattigen Terrasse der Wasserburg Kalteneck aber auch schon, ob Juri womöglich der eine war, der es konnte, der Parapsychopath, der Psychokinetiker, der Channeler, der Übersinnige, der Psi-Agent? Nein. Ich dachte es nicht. Mit keinem noch so versteckten Neuronenhäufchen, das sich später melden und sagen konnte: Ich hab’s geahnt, ich hatte die ganze Zeit so ein blödes Gefühl, hättste mal auf mich gehört!

      Vielmehr starrte ich auf das oberste Blatt in Barzanis goldgeschmückter Hand, auf dem eine Zickzacklinie aufstieg wie die Kurve des DAX kurz vor der Tagesschau, und versuchte mich zu konzentrieren. Immerhin ging es um meine künftige Lebenstauglichkeit.

      »Wir arbeiten mit dem kritischen Bruch«, dozierte die Dame mit dem Rosenmund, »um zu entscheiden, ob der Grad der Abweichung von der Zufallserwartung signifikant größer ist als die üblichen Zufallsschwankungen. Den KB erhält man, indem man die beobachtete Abweichung durch die Standardabweichung teilt.«

      »Geschenkt. Ich vertraue dem Kritischen Bruch. Habe ich den Teufelsapparat nun beeinflusst oder nicht?«

      »Nein.«

      »Ach so?« Ich war enttäuscht und erleichtert.

      »Aber Sie haben eine signifikante Abweichung von der Normalverteilung erzeugt. Und zwar eine außerordentlich hohe.«

      Mein innerer Umbau zum Gespenst nahm Gestalt an. »Ich bin an sich schon eine signifikante Abweichung von der Norm.«

      »Schauen Sie«, sagte sie, meine verzweifelten Sprüche tapfer missachtend, und trat an mich heran. »Diese Linie bewegt sich weit über der x-Achse, die für die Normalverteilung steht. Das sind Sie. Bei 7000 Versuchen hatten Sie 342 Treffer.«

      Das kam mir dann doch nicht so viel vor.

      »Ja, es sind immer nur sehr kleine Effekte, die wir im Labor beobachten. Aber Sie haben es geschafft. Und dass die Kurve dann abfällt, ist normal.«

      »Es ist ja auch anstrengend. Man ermüdet irgendwann.«

      »Daran liegt es nicht.«

      »Sondern?«

      »Es liegt daran, dass Sie den Zufallsgenerator nicht wirklich beeinflusst haben.«

      »Sie sind entzückend. Ich liebe Sie!«

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