Название: Sein letzter Zug
Автор: Eckart zur Nieden
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783865068224
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»Weiß nicht. Ich glaube nicht. Es war einfach … wahrscheinlich war ich auch schuld.«
»Hattest du eine andere?«
»Nein. Ich habe mich wohl nicht so richtig um die Familie gekümmert und dafür eingesetzt. Aber sie war auch zu … Nein, ich will es nicht auf sie schieben.«
»Eine sehr edle Einstellung, wo sie nun nicht da ist, um sich zu verteidigen. Kinder?«
»Mein Sohn ist jetzt elf. Er ist bei ihr.«
»Seht ihr euch?«
»Nein.«
»Dann hast du dich nicht darum bemüht, ihn sehen zu dürfen?«
Kaltenbacher schüttelte den Kopf.
»Warum nicht?«
»Ja – warum nicht? Weißt du, ich wäre wohl gern so ein Typ wie du. Abgesehen natürlich von deiner verbrecherischen Tätigkeit, die finde ich schlecht. Aber sonst – du gehst auf die Dinge zu, du packst ohne Scheu heiße Eisen an, wenn ich dich richtig einschätze. Ich kann das nicht. Vielleicht war ich meiner Frau auch darum nicht männlich genug. Jedenfalls war das aber auch ein Grund, weshalb ich meine Arbeit verloren habe. Mein Chef meinte, für die Stellung, die ich hatte, würde es mir an Initiative fehlen. Er hat meiner Meinung nach insgesamt Unrecht, denn da spielt auch Mobbing eine Rolle. Aber es ist wohl auch etwas Wahres dran. Versteh mich recht, gekämpft habe ich schon. Für meine Begriffe auch heftig. Aber absolut gesehen, war es wohl nicht genug. Für mich ist es ein großer Schritt, dass ich Schluss machen will.«
»Es ist sicher ein Schritt in die falsche Richtung.«
»Mag sein. Aber einen anderen Schritt weiß ich nicht.«
Darauf hatte Karl Aumann keine Antwort.
»So, nun weißt du es. Wenigstens das Wichtigste. Und? Fühle ich mich erleichtert, dass ich es dir erzählt habe? Nein!«
»Hm. Und die Kündigung deiner Wohnung war der unmittelbare Anlass, dass du nun die Sache beenden willst? Ich meine, dein Leben?«
Jens nickte.
»Wie heißt denn dein Vermieter?«
»Larsen. Der hat hier in dem Viertel mehrere Häuser. Warum fragst du?«
»Larsen? Oh, dann ist das wohl der, dem das Geschäft hier unten gehört?«
»Was für ein Geschäft?«
»Inneneinrichtungen. Hier unter uns, in diesem Haus.«
»Hieß das nicht … äh …«
»Ja, es heißt anders. Irgendetwas mit Heim- oder Wohn- oder so. Aber es steht dabei: Inhaber Larsen. Mit Vornamen, aber den habe ich vergessen.«
»Na ja, ist ja auch egal.«
»Nein, das ist nicht egal! Mensch, Jens! Wenn du mit mir da runtergehst und wir beklauen ihn ordentlich, dann hast du dich wenigstens gerächt. Ist das nichts? Würde dir das nicht eine gewisse Befriedigung verschaffen?«
»Ich weiß nicht …«
»Mann, wenn du schon sagst, dass du gern so aktiv wärst wie ich, dann sei es doch auch! Steck doch nicht immer nur ein! Du hast schon genug eingesteckt! Tu was! Du brauchst es ja noch nicht einmal alleine zu tun, ich bin doch dabei!«
Jens reagierte nicht.
Karl stand auf. »Komm!« Er packte den anderen am Arm und zog ihn hoch. Der wehrte sich auch nicht.
Sie gingen zu dem offenen Fenster. Karl stieg als Erster hinein. Dann reichte er Jens die Hand, um ihm zu helfen. Der verschmähte die Hilfe und stieg allein über die Fensterbank.
Sie fanden sich in einem schlichten Büro wieder. Licht wollte Karl sicherheitshalber nicht machen. Aber als sie ins Treppenhaus kamen, brannte da eine schwache Notbeleuchtung.
Jens musterte den anderen. Der war jünger als er. Als sie unter einer der spärlichen Lichtquellen hindurchkamen, blickte er erstaunt dem Mann, der sich Karl Aumann nannte, ins Gesicht. Hatte er ihn schon einmal gesehen? Wohl kaum. Wo könnte das gewesen sein? Aber irgendetwas an ihm kam ihm bekannt vor.
Hatte er nicht das Gefühl, er sähe in sein eigenes Spiegelbild in jungen Jahren? Besonders das spitze Kinn!
»Ich muss dir etwas gestehen«, sagte Karl Aumann auf der Treppe zwischen dem dritten und dem zweiten Stock, »ich habe dich belogen.«
»Du hast was?«
»Reg dich nicht auf! Das Geschäft hat keinen Eigentümer namens Larsen, soweit ich weiß.
Ich hab das nur gesagt, damit du mitkommst.«
»Ein Einbrecher und ein Lügner! Worauf habe ich mich da eingelassen!«
»Immer noch besser, als aus zwanzig Metern Höhe auf die Straße zu springen!«
Kaltenbacher sagte nichts. In irgendeinem Winkel seines Denkens regte sich die Ahnung, dass der andere vielleicht Recht haben könnte.
Karl blieb, als sie im Erdgeschoss angekommen waren, vor einer Tür stehen, die im Gegensatz zu allen anderen Türen hier aus Metall zu sein schien. Er untersuchte das Schloss und den Rahmen genau.
»Scheiße! Das hier ist das Juweliergeschäft. Ich hatte gehofft, es wäre nur von außen gesichert, die Eingangstür und die Schaufenster. Und von innen käme ich rein.« Er klopfte an die Tür, um durch den Klang die Stärke einzuschätzen.
»Das hat keinen Zweck! Wahrscheinlich gibt es drinnen auch Bewegungsmelder!«, sagte Jens, und kam sich dabei schon wie ein Profieinbrecher vor. »Komm, wir steigen wieder nach oben!«
»Warte! Das da ist sicher die Tür zu dem Geschäft mit Inneneinrichtungen. Das nicht dem Larsen gehört. Da finden wir sicher auch was Wertvolles.«
Sie standen beide vor der verschlossenen Tür und sahen sich an.
»Pass auf!«, sagte Karl Aumann. »Ich trete die Tür ein und sehe mich schnell um. Sollte ich irgendwo einen Bewegungsmelder sehen, egal ob er hörbar Alarm gibt, oder nur für uns unbemerkt auf der Polizeiwache oder bei einem Sicherheitsdienst, dann rennen wir die Treppe wieder rauf. Bis jemand kommt, haben wir genug Zeit, abzuhauen. Wenn ich nichts finde, gibt es keine Anlage. Das halte ich auch für wahrscheinlicher.«
Er trat einen Schritt zurück, hielt sich an seinem Partner fest, um sicher auf einem Bein zu stehen, und trat gegen die Tür. Es geschah zunächst nichts. Aber er versuchte es weiter, und beim vierten Tritt flog die Tür auf.
Beide blickten sich in dem schwachen Licht, das durch die Schaufenster von der Straße herein fiel, nach Überwachungsanlagen um. Sie fanden nichts dergleichen.
Karl zog sein Hemd aus und knotete daraus eine Art Sack. Er ging langsam an den Regalen entlang und steckte Gegenstände ein, die ihm wertvoll erschienen und die nicht zu sperrig waren: Einige Vasen, zwei kleine Originalgemälde, einen kleinen orientalischen Wandteppich aus Seide, СКАЧАТЬ