Die Rache des Inquisitors. Alexander Hartung
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Название: Die Rache des Inquisitors

Автор: Alexander Hartung

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783865066893

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СКАЧАТЬ geschlagen war, nahm mein Bündel und suchte mir den nächsten Ort, an dem mein Schwert gebraucht wurde. Ich weiß nicht, wie viele Leben ich genommen habe. Es machte mir nichts aus, denn das ganze Land war dem Krieg verfallen, und der Tod war stets nur eine Armlänge entfernt. So zog ich umher, bis unser Hauptmann mich und meine Kameraden zur Seite nahm und zur Bewachung eines Priesters abstellte.

      Ich war ein guter Soldat und gehorchte allen Befehlen. Zu dieser Zeit hatte ich noch nicht viel über die Inquisition gehört. Ich hielt sie lediglich für eine eigene Bruderschaft unter den zahllosen Orden der Kirche, nicht stärker oder gefährlicher als die anderen auch.«

      Markus griff nach seiner Tasse und trank einen Schluck Tee. Seine Hand zitterte, als er das Gefäß aufnahm und sich an der Wärme erfreute. »Es war ein Dorf wie dieses. Die Menschen waren Bauern, arbeitsam und ehrlich. Der Priester führte uns zu einem Haus, etwas abseits der Dorfstraße, vor dem eine kleine Menschenmenge wartete. Sie sahen elend aus. Ihre Kleider waren zerrissen. Die Frauen hatten zerzaustes Haar und schmutzige Gesichter. Sie versuchten, ihre weinenden Kinder zu beruhigen, die ihre Angst mit aller Kraft herausschrien.

      ›Treibt sie ins Haus und vernagelt die Türen‹, befahl uns der Priester,

      Natürlich befolgte ich diesen Befehl. Es kam oft vor, dass Familien unter Hausarrest gestellt wurden, wenn sie sich eines Vergehens schuldig gemacht hatten. Damals war ich noch blind«, sprach Markus weiter und schüttelte den Kopf. »Ich sah nicht, dass die Frauen missbraucht worden waren, dass die Männer unter den Schmerzen überstandener Folter kaum laufen konnten und ihre Kinder in Todesangst zitterten. Und so trieben wir sie in das Haus hinein. Die Männer flehten uns um Gnade an, die Frauen weinten und baten uns, wenigstens die Kinder zu verschonen.

      Noch immer verstand ich nicht, also führte ich weiter meine Befehle aus und verschloss die Türen. Kaum war die Arbeit erledigt, sah ich den Priester, mit einer großen Lampe in seinen Händen. Ich blickte in seine Augen, und die Freude darin ließ mich verstehen, was ich getan hatte.

      Er warf die Lampe mit einem Lächeln auf das Dach. In diesem Moment schien alles um mich herum stillzustehen. Ich sah, wie das Feuer das Dach erfasste und sich die Flammen ausbreiteten. Ich hörte die flehenden Schreie der Eingeschlossenen wie aus weiter Ferne und spürte die Wärme auf meinem Gesicht, aber ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich stand vor dem Haus, hörte die Menschen in den brüllenden Flammen sterben und begriff, dass ich an ihrem Tod die Schuld trug.«

      Klara sah Tränen in Markus’ Augen schimmern. Nach einem Moment straffte der Mann seine kräftigen Schultern und erzählte weiter. »Seit diesem Tag sollte ich nie mehr eine Nacht durchschlafen. In jener Nacht schlief ich gar nicht, bis zum Morgen wälzte ich mich auf meinem Lager und flehte Gott um Vergebung für meine Sünden an, doch die Last wurde nicht leichter. Am nächsten Tag stürzte ich mich in die Schlacht, mit dem festen Vorhaben, nicht lebend daraus zurückzukehren.

      Selbst drei Treffer einer Axt hielten mich nicht. Blutüberströmt rannte ich weiter, hoffend, dass der Feind endlich Erbarmen zeigen und mir einen schnellen Tod gewähren würde. Ein Pfeil traf mich in den Rücken und ließ mich in gnädige Bewusstlosigkeit sinken.

      Ich erwachte drei Tage später im Krankenlager und verstand, dass Gott mir noch immer nicht vergeben hatte.«

      Markus leerte die Tasse und stellte sie auf den Tisch. »Es dauerte Wochen, bis ich wieder laufen konnte, also gab ich meine Arbeit als Soldat auf und kehrte hierher zurück. Während ich mit deinem Vater dieses Haus baute, gab mir deine Mutter die Kraft, mich dem Leben wieder zu stellen. Die Erinnerungen suchten mich noch immer heim, aber sie waren nicht mehr so stark.«

      Markus blickte Klara in die Augen. »Sei vorsichtig und wachsam, Klara, wenn wir morgen zur Versammlung gehen. Vertraue auf dein Herz und deinen Verstand. Lass dich nicht von falschen Anschuldigungen blenden.« Dann lächelte Markus und vertrieb damit die Trauer aus seinem Gesicht. »Es wird Zeit, sich schlafen zu legen.«

      Klara räumte die Tassen zur Seite, während ihr Onkel noch ein Scheit Holz in den Kamin legte. Tausend Fragen bewegten sie, doch sah sie die Müdigkeit in Markus’ Augen. Aufgewühlt ging sie zu Bett.

      Doch sie fand keinen Schlaf. Ihr Onkel war ein verschlossener Mann, der nicht gerne von seiner Vergangenheit sprach. Klara hatte ihn auch nie dazu gedrängt. Sie wusste, dass er früher einmal Soldat gewesen war. Nach seiner Verletzung war er nach Reheim zurückgekehrt und hatte im Haus ihrer Mutter und ihres Vaters gelebt. Sie konnte sich kaum an eine Zeit ohne Markus erinnern. Klara hatte ihren Onkel als großzügigen und ruhigen Menschen kennengelernt. Umso erstaunter war sie, dass er getötet haben sollte. Diese Vorstellung passte nicht zu dem Bild, das sie von ihm hatte.

      Klara wälzte sich in ihrem Bett. Am liebsten wäre sie zu Agnes gelaufen, um mit ihr über Markus’ Beichte zu reden. Die Weisheit der alten Frau fehlte ihr in dieser Nacht. Sobald die Versammlung vorbei war, würde sie zu ihr gehen. Sie zog die Decke über ihre Schultern, schloss die Augen und versuchte, zur Ruhe zu kommen.

      Auf den ersten Blick war es eine Nacht wie jede andere. Die Läden der Häuser waren zugezogen, die Tiere von der Weide geholt und die Felder verlassen. Die Gerste war ausgesät, und der bevorstehende Herbst färbte bereits die ersten Bäume rot. Der Wind ließ die Blätter rascheln, und die Straßen des Dorfes waren leer. Doch hinter den verschlossenen Türen herrschte Angst.

      Ruhelos wälzten sich die Bürger in ihren Betten. Sie fürchteten sich vor dem, was kommen würde und was sie nicht verhindern konnten. Es war wie das Warten auf einen nahenden Sturm. Man sah schon von Weitem, wie er den Himmel vereinnahmte, spürte, wie die Luft abkühlte und der Wind zunahm. Man konnte sich nur in Sicherheit bringen und warten, bis alles vorbei war.

      Doch dieser Sturm war anders. Er konnte jeden erfassen, und es gab keinen Schutz vor ihm. Kein Dach bewahrte einen vor dem prasselnden Regen, und keine Mauer konnte den Wind abhalten. Die Menschen waren gefangen in ihrer Hilflosigkeit, dazu verdammt, abzuwarten, während andere über ihr Leben entschieden. Selbst der Klügste unter ihnen konnte sie aus dieser Lage nicht herausreden und selbst der Stärkste den Feind nicht niederknüppeln.

      So warteten die Bürger von Reheim darauf, dass die Nacht verging. Ihre Gedanken kreisten um die Schrecken, die man ihnen antun würde, um die Fehler, derer sie sich schuldig gemacht hatten, und die Sünden, welche sie begangen hatten. Sie lagen in ihren Betten und flehten zum Herrn um Vergebung. Ihre Versprechungen wurden mit jeder Stunde größer. Sie beteten, dass das Auge der Inquisition sie nicht beachten und dieser Albtraum ein Ende nehmen würde.

      Es war eine Nacht, in der jeder Bürger von Reheim insgeheim Verrat beging. An den Freunden, die er für seine Unversehrtheit opfern würde, und an den Nachbarn, deren Blut er vergießen würde, nur um nicht selbst in die Fänge der Inquisition zu geraten. Es dauerte nur wenige dunkle Stunden, bis die Bewohner von Reheim ihre Gemeinschaft aufgaben.

      Pater Baselius hatte sich zum kleinen Gefängnis des Dorfes bringen lassen. Die Zellen rochen vermodert. Er hörte Ratten umherhuschen. Seine Schritte hallten laut. Als ihm die Tür geöffnet wurde, quietschten die Angeln. Dann drehte er sich zu Thomas um, der ihn hierher geführt hatte.

      »Ich gehe davon aus, dass diese Räume hergerichtet werden. Die Zellen müssen sicher sein. Alle Schlüssel müssen uns übergeben werden. Einzig unsere Soldaten dürfen das Gebäude bewachen. Niemand darf sich ohne unsere ausdrückliche Erlaubnis dem Gefängnis nähern. Es ist jedem verboten, mit den Gefangenen zu reden.«

      »Sehr wohl«, sagte Thomas und führte Baselius weiter.

      Der ältere Mann ging langsam. Der Boden war uneben und glitschig von der Feuchtigkeit, die sich in langen Jahren hier gesammelt hatte. Eine Tür knarrte, und Thomas sagte: »Wir sind da.«

      Pater СКАЧАТЬ