Hannibal Mayer - Der Zug der Elefanten. Fabian Vogt
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Название: Hannibal Mayer - Der Zug der Elefanten

Автор: Fabian Vogt

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

Серия:

isbn: 9783865064479

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СКАЧАТЬ Krise, die sich immer mehr als handfeste Midlife-Crisis entpuppte, nicht herausgekommen war. Dass sich eine kurze neue Beziehung zu einem echten Desaster entwickelte, weil die Frau mich nur benutzte, um ihrem zunehmend desinteressierten Ehemann eins auszuwischen. Und dass ich im Augenblick von kleinen Aufträgen und unbefriedi genden Schreibjobs lebte.

      »Sag mir einfach, wann du kommst. Ich hole dich dann am Flughafen in Johannesburg ab. Am besten nimmst du einen Direktflug von Frankfurt. Dieses nächtliche Rumgehänge in Dubai ist ziemlich nervig. Pass auf, ich gebe dir mal die Nummer, unter der ich hier zu erreichen bin.«

      Ich war so perplex, dass ich wortlos mitschrieb.

      »Du wirst sicher ein paar Tage brauchen, bis du alles organisiert hast. Ich finde es übrigens echt klasse, dass du dabei bist. Tschüss. Ach, bring doch bitte ein paar Frankfurter Würstchen mit. So etwas kriegt man hier so schlecht. Bye.«

      Er legte auf. Und ich stand ratlos im Schlafanzug im Flur. Das war doch nicht möglich: Hannibal hatte nicht einen Moment damit gerechnet, dass ich Nein sagen würde. Für ihn war klar, dass mir nichts Besseres passieren konnte, als mit ihm quer durch Afrika zu reiten. Auf dem Rücken eines Elefanten. Ich ahnte damals noch nicht, wie recht er hatte.

      In dieser Nacht entschied ich, dass ich meine Zusage davon abhängig machen würde, ob es mir am nächsten Tag gelang, einen Chefredakteur zu finden, in dessen Auftrag ich die Reise antreten konnte. Manchmal entwickle ich solche abergläubischen Rituale: Falls die Ampel grün ist, wenn ich hinkomme, wird es ein guter Tag. Wenn das Telefon in den nächsten zehn Minuten klingelt, dann kriege ich diesen oder jenen Job.Wenn die Frau am Nachbartisch mich vor dem Ende meines Biers anlächelt, spreche ich sie an. Und diesmal sollte eben ein Kontakt zu einem Magazin entscheiden.

      Ich weiß, dass das albern ist und dass man sich als Erwachsener vor wichtigen Entscheidungen nicht derart kindisch drücken sollte. Aber vielleicht sind solche kleinen Verabredungen ja auch eine Möglichkeit für irgendwelche höheren Mächte, uns ein Zeichen zu geben.

      25. Juli 2005

      Als ich am nächsten Tag Peter-Matthias Gaede, den Chefre dakteur von GEO, anrief, hatte ich ihn sofort selbst an der Strippe, weil seine Sekretärin krank war. Das fing also schon richtig gut an. Ich erzählte PeM (wie er bei Journalisten heißt) kurz von Hannibal Mayer, von dessen ungewöhnlichen Plänen und von der Idee, eine Reihe von flankierenden Reportagen zu schreiben, die die Leserinnen und Leser quasi auf die Tour mitnehmen würden. Ich versuchte dabei, das Projekt möglichst nüchtern und sachlich zu schildern.

      Seine Reaktion war fantastisch, ja, die Stimme überschlug sich fast an meinem Ohr. »Stark, lieber Herr Vogt, ganz starke Idee. Afrika aus der Elefantenperspektive.Wir machen da eine tolle Serie draus. Ein bisschen was über die Länder und ganz viel Abenteuer. Schreiben Sie eine Safari-Story mit viel Human Touch. Ich brauche das Menschliche.Wie erleben die afrikanischen Völker die Elefantenkarawane? Wie fühlt sich der Hintern nach zehn Stunden Elefantenritt an? Und was bewegt diesen durchgeknallten Typen Hannibal? Sind Sie noch dran, mein Lieber? Gut. Also, die Sache läuft. Aber ich will das in Deutschland exklusiv. Sie schreiben nur für uns.

      In Ordnung? Klären Sie das mit diesem Kerl ab. Und sagen Sie ihm, dass wir die Geschichte dafür ganz groß rausbringen.«

      Ich gab ein halbwegs zustimmendes Geräusch von mir, weil ich überhaupt keine Ahnung hatte, wen Hannibal noch zu seinem grandiosen Abenteuer eingeladen hatte. Aber einen Tag später lag ein Vertrag in meinem Briefkasten - mit einem Flugschein nach Südafrika. Einem One-Way-Ticket. Damals konnte ich noch nicht ahnen, dass GEO mir als Erstes in den Rücken fallen würde. Aber dazu später.

      9. August 2005

      Ich landete am frühen Morgen auf dem Johannesburg International Airport. Müde und zugleich aufgedreht. Ich wollte die vielen Eindrücke des Landes in mich einsaugen, aber über der Stadt lag ein dünner Wolkenschleier, der schon aus der Luft die Industrieregion Gauteng wie ein Zauberland hatte aussehen lassen. Und natürlich hatte ich in all der Aufregung beim Packen nicht realisiert, dass in Südafrika im August tiefster Winter herrscht. Ich war viel zu dünn angezogen und fror schon am Gepäckband.

      Dennoch verspürte ich, während ich auf meine Koffer wartete, wieder einmal den Kitzel, der sich immer meldet, wenn ich ein unbekanntes Land betrete. Die Freude über das Fremde. Die Lust auf neue Erfahrungen: Die Werbung an den Wänden war anders als in Deutschland. Die Reisenden trugen bunte Kleidung mit wilden, afrikanischen Mustern. Die Musik aus den Lautsprechern erzählte andere Geschichten als in Europa. Und an den Wänden prangten großformatige Bilder der »Big Five«, der fünf für Südafrika so charakteristischen Tiergattungen: Löwe, Büffel, Leopard, Nashorn - und natürlich: Elefant. Meine Blicke saugten sich an dem riesigen Schädel geradezu fest. Mit solchen Giganten würde ich mich auf den Weg machen. Unfassbar.

      Dann kamen der rote Samsonite und mein Rucksack.

      Hinter den Zollschaltern stand Hannibal. Er winkte mir mit einem breiten Grinsen zu und lief mir entgegen. »Fabian.« An seiner Seite ein fast zwei Meter großer Schwarzer, der mich sofort lachend in den Arm nahm.

      »Fabian.Willkommen in Südafrika.Wie schön, Hannibals Freund kennenzulernen.«4

      Freund?

      »Bongani?«

      »Ja. Ich bin Bongani.Tshwane hat mir schon viel von dir erzählt. Ich freue mich, dass du mit dabei bist.«

      Hannibal nahm mir die Koffer ab. »Lass uns erst einmal ins Hotel fahren. Da kannst du dich ein bisschen frisch machen - und dann berichten wir dir bei einem guten Frühstück, was wir schon alles erlebt haben.«

      Ich lief neben den beiden her und überlegte, welche Fragen ich stellen musste. Es gab so unendlich viel zu klären. Ich wusste zum Beispiel immer noch nicht genau, welche Rolle ich bei dieser Tour spielen sollte.Wie groß war das Team für die Öffentlichkeitsar beit? Würde ich mit Satelliten-Telefon arbeiten? Welche PR-Kontakte bestanden schon? Doch ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. Denn auf dem Dach des bewachten Parkplatzes, genau über dem Wagen von Hannibal, standen zwei Reiher auf der Wellblech-Überdachung. So, als warteten sie auf uns.

      Zwei Stunden später saßen wir in der mit rotem Samt ausgekleideten Lounge des Diplomat Guesthouse in der Arcadia Street in Pretoria - mit Blick auf eine malerische Straße, die mit Jacaranda-Bäumen gesäumt war. Und dann erzählte mir Bongani erst einmal sein Leben. Entspannt, mitreißend und unfassbar aufwühlend.

      Kurz nachdem Hannibal den Krügerpark verlassen hatte, musste auch die Familie des Schwarzen gehen. Bonganis Vater wurde damals verdächtigt, im Auftrag des African National Congress (ANC) gegen die weiße Apartheidsregierung zu konspirieren. Man konnte ihm zwar nichts nachweisen, deportierte aber die ganze Familie in das Homeland Lebowa, in dem schon damals mehr als eine Million Angehörige der Volksgruppe Pedi lebten.

      Der perfide Plan der Weißen, die schwarze Bevölkerung in abgegrenzte Reservate abzuschieben, sie dadurch nach und nach zu zersplittern und im Staat Südafrika zu Fremden zu erklären, schien aufzugehen. Plötzlich waren die Schwarzen Ausländer in ihrem eigenen Land und wurden juristisch auch so behandelt. Insgesamt 3,5 Millionen Schwarze siedelte die Regierung zwischen 1960 und 1985 um, bis schließlich mehr als zwei Drittel der ursprünglichen Bevölkerung in »Bantustan« wohnten - wie die weißen Südafrikaner die Homelands gehässig nannten. Diese Ghettos sollten die Rassentrennung auch territorial besiegeln, obwohl sie ökonomisch und militärisch vollständig von Südafrika abhängig blieben.

      Bonganis Familie lebte einige Jahre in Lebowakgomo, СКАЧАТЬ