Название: Das süße Gift des Geldes
Автор: Bhavya Heubisch
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783862223756
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„Verzähl doch keinen Schmarrn.“
„Geh doch hin und schau’s dir selber an.“ Der Krüppelige rülpste und lehnte sich beleidigt an die Wand.
„Ich werd das ‚Goldene Licht‘ im Aug behalten. Und weh, du hast gelogen! Weiß sonst noch jemand was?“
Ein Verbuckelter, der zahnlos das Brät aus einer Wursthaut zuzelte: „Könnt sein, dass es auch beim Kramer was zum Holen gibt. Lauter neue Möbel habens hingeschafft.“
Hannes stopfte das Tuch in die Hosentasche. „Haltets die Augen offen, sonst bring ich euch nix mehr.“
Hannes ging durchs Tal und weiter bis zur Isar, wo er fast täglich mit den Beutelschneidern übte. So was wie neulich durfte ihm nicht mehr passieren. Auf dem Marienplatz war ihm ein gut gekleideter Herr aufgefallen, aus dessen Manteltasche ein Lederbeutel herausschaute. Er nix wie hin. Als er die Finger fast schon am Beutel hatte, war er mit dem Daumen am Stoff hängengeblieben. Den Schlag, den ihm der Herr ins Gesicht versetzt hatte, spürte er heute noch. Doch die Ohrfeige war nicht das Schlimmste gewesen, sondern der empörte Ruf: „Ein Dieb! Haltet den Dieb!“ Und das ausgerechnet vor der Hauptwache. Nur mit knapper Mühe konnte er in die Weinstraße flüchten.
Doch seit er mit den Dieben probte, die zum Üben Glöckerl an eine alte Hose banden und diese an einen Ast hängten, war ihm so ein Missgeschick nicht mehr passiert.
Hannes spuckte in die Hände: „Und? Hat’s schon einer geschafft?“
Ein Haderlump schwenkte seine leere Bierflasche. „Bis jetzt noch nicht.“
„Dann lassts mich mal.“ Hannes rieb seine Finger, spreizte sie, beugte sie. Stellte sich vor die Hose, die sanft im Wind schaukelte.
„Wenn die so wackelt, dann schaffst es nie.“ Gespannt beobachteten ihn die Diebe, hielten die Luft an, um auch das leiseste Glöckerl zu hören.
Geschickt fingerte Hannes in die Hosentasche, zog zwischen Zeige- und Mittelfinger den Kreuzer hervor. Warf ihn johlend in die Luft. „Das macht mir keiner nach.“
„Dafür bin ich schneller als wie du, wenn’s ums Weglaufen geht. Aber jetzt gib her.“ Mit geübtem Griff nahm ihm der Haderlump den Kreuzer wieder ab.
„So haben wir nicht gewettet!“ Hannes schlug ihm das Geldstück aus der Hand, fing es in der Luft auf und schloss die Finger fest um seinen Gewinn.
Ein Bettler kam mit erhobener Faust auf Hannes zu. „Uns was wegnehmen willst? Wo du einer von uns bist? Das trau dich!“
Hannes wich einen Schritt zurück. „Du kannst mich mal.“ Rasch ließ er den Kreuzer in seiner Hosentasche verschwinden. „Jetzt geh ich auf ein Bier. Dafür kommt mir das Geld grad recht.“
„Du Sauhund!“ Der Bettler holte aus zum Schlag, Hannes duckte sich weg und machte sich, ohne auf das Geschrei der heruntergerissenen Gesellen zu achten, davon.
„Gustl, schieb eine Halbe rüber.“
Gustl, der im Erdgeschoss eines Herbergshauses einen Gassenausschank betrieb, von dem aus er die ganze Straße überblicken konnte, schob das Bierseidel über den Tresen. „Kannst auch zahlen?“
„Für ein Bier reicht’s.“
Der Gustl schlug nach der Schmeißfliege, die über den Tresen brummte. „Ich weiß nicht mehr, wie’s weitergehen soll. Jetzt wohnt auch noch die Großmutter mitsamt ihrer Schwindsucht bei uns. Mit einem Vorhang haben wir ihr ein Zimmereck abgeteilt. Kannst dich kaum noch rühren in der Kammer. Schlafen kannst auch nicht mehr. Mit der ihrer Husterei die ganze Nacht.“
„Wenigstens hast ein Dach überm Kopf.“
„Aber was für eins. Beim letzten Unwetter ist uns die Kammer vollgelaufen. Jetzt ist der Schwamm in alle Wänd. Schaus dir doch an.“ Er deutete auf die windschiefen, aneinandergebazten Häuser. Die Regentraufen schepperten im Wind, in den Fenstern schlackerten zerrissene Planen. Ein kleines Mädel bog um die Ecke.
„Hannerl!“, rief der Gustl wütend. „Sofort kommst her! Schau dich bloß an. Von oben bis unten bist voller Dreck.“ Er gab dem Mädel eine Ohrfeige, dass es nur so schallte.
„Ich kann doch nix dafür. Ausgerutscht beim Fangermandl bin ich.“ Schluchzend wischte sich das Hannerl den Rotz von der Nase. Presste ein Holzscheit mit aufgemalten Augen an sich.
Ihre vier Brüder kamen daher gerannt, blieben stocksteif stehen und hielten Abstand zum Vater. Sogar die Hunde, die im Unrat scharrten, verdrückten sich.
Der Gustl war außer sich. „Überall nix wie Dreck. Wie sollst da deine Kinder anständig großziehn? So schön hab ich mir’s ausgemalt, wie ich das Zimmer hab kaufen können. Mit dem Spekulantengeschmeiß, das alles verkommen lasst, hat doch keiner gerechnet. Der da gehört auch zu denen.“
Aus einer knarzenden Tür war der Kramer getreten und fluchte, als sein Schuh im Schlamm stecken blieb. „Gell, da schaust“, feixte der Gustl. „Machst dir deine schönen Schuh dreckig bei uns. Hab dich schon rumplärren hören oben bei der Elsbeth, weil sie das Geld für den Mietzins noch nicht hat. Halsabschneider, elendiger.“
„Red nicht so unverschämt daher.“ Drohend schwang Kramer seinen Stock. „Ein dreckiges Häuslergesocks seids, ein dreckiges. Und wennst mir noch einmal so unverschämt kommst, jag ich dir die Gendarmen auf den Hals.“ Schimpfend machte er sich davon.
Hannes sah die Geldkatze unter dem Wams und schlich dem Kramer nach.
Kramer, die Hand fest auf den Beutel gepresst, eilte die Straßen entlang, ging durchs Isartor und bog ein zum Lueg ins Land. Bückte sich vor seinem frisch verputzten Haus, stocherte den Schlüssel ins Schloss und verschwand.
Hannes huschte durch das Holztürl neben dem Haus in den verwilderten Garten. Kämpfte sich durchs Brombeergestrüpp, kletterte auf den Holzstoß an der Wand und spitzte durch das Fenster im oberen Stock. Hörte den Kramer streiten mit seiner Frau. Ein Holzscheit verrutschte, der Stoß krachte zusammen, Hannes donnerte ins Gestrüpp.
Schon flog das Fenster auf. „Wer da?“, schrie der Kramer.
Tief duckte sich Hannes zwischen die dornigen Zweige. Rührte sich nicht, bis das Fenster zuging. Dann stahl er sich hinaus auf die Straße und pfiff leise vor sich hin. Den Kramer würde er im Auge behalten. Und zum „Goldenen Licht“ würde er irgendwann auch noch gehen. Schauen, ob der Krüppelige nicht bloß gelogen hatte.
Hundsviecher
Adele ging mit einem Weidenkorb unterm Arm durch die Herzogspitalstraße. Schon lange hatte sie sich vorgenommen, der wundertätigen Madonna in der Spitalkirche eine Kerze zu opfern. Und um Hilfe wollte sie die Madonna bitten. Dass ihre Geldgeschäfte so gut weiterliefen wie bisher. Plötzlich spürte sie einen heftigen Stoß, schrie auf, stolperte, blieb mit dem Schuh am Randstein hängen und fiel der Länge nach hin. Ihre Hände schrammten über den Boden, ihr Ellbogen krachte aufs Pflaster.
Benommen hob sie den Kopf und schaute ungläubig auf den Vicenti, der neben ihr auf der Straße lag. Blickte auf das verbeulte Hochrad, das gegen die Hauswand gedonnert war. „Was um alles in der Welt …“
„Um СКАЧАТЬ