Tatort Genfer See. Anna Maria Sigmund
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tatort Genfer See - Anna Maria Sigmund страница 8

Название: Tatort Genfer See

Автор: Anna Maria Sigmund

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783990405666

isbn:

СКАЧАТЬ alt=""/>

      Ein Ausflug ganz nach dem Geschmack Elisabeths: die Fahrt mit der Zahnradbahn von Territet hinauf zur Bergstation am Rochers de Naye.

      In Ouchy legte das Schiff für 25 Minuten an. Die beiden Damen ließen sich im Schatten auf einer Bank nieder und aßen Obst zur Erfrischung.

      Elisabeth ließ ihre Hofdame regelmäßig an den Kaiser in Schönbrunn berichten, der auf das Schreiben Irma Sztárays vom 4. September antworten wird: »… sehr erfreut hat mich die bessere Stimmung, die Deinen Brief durchweht und Deine Zufriedenheit mit dem Wetter, der Luft und Deiner Wohnung samt Terrasse, welche einen wunderbaren Ausblick auf Berg und See gewähren muß. Daß Du dennoch eine Art Heimweh nach unserer lieben Villa Hermes gefühlt hast, hat mich gerührt …«

      Der Bitte Elisabeths, sie doch in Caux zu besuchen, konnte Kaiser Franz Joseph nicht nachkommen. Bedauernd schrieb er ihr am 9. September: »… wäre glücklich, wenn ich Deinem Wunsch gemäß, einige Zeit mit Dir alles in Ruhe genießen könnte und Dich nach so langer Trennung wiedersehen könnte, allein daran kann ich leider nicht denken … schwierige innenpolitische Lage und Jubiläumsfeste, Kircheneinweihungen und Besichtigung der Ausstellung in Anspruch genommen.«

      Für den 9. September gedachte die Kaiserin eine Einladung in der Nähe von Genf anzunehmen. Das 1860 von Adolphe Carl und Caroline Julie de Rothschild am Ufer des Genfer Sees erbaute Schloss Pregny beherbergte die enormen Kunstschätze des Sammler-Ehepaars, darunter eine Kollektion wertvoller Edelsteine und Kristallobjekte. Der herrliche Park mit Volieren und Glashäusern voll exotischer Gewächse und Orchideen galt in Botanikerkreisen als Sensation. Als erklärte Naturliebhaberin ließ sich Elisabeth diese Attraktion bei ihren Reisen an die Riviera und den Genfer See nie entgehen. Im Laufe der Zeit hatte sie sich mit Baronin Julie angefreundet. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass die Rothschilds Elisabeths Schwester Marie, mit der die Kaiserin nach einem heftigen Streit gebrochen hatte, großzügige finanzielle Hilfe gewährten und mit ihr Kontakt pflegten. Die Bekanntschaft stammte aus der Zeit, als Marie und ihr Gatte, der Bourbone Franz II., noch als letzte Herrscher des Königreichs beider Sizilien in Neapel residierten, während Adolph Carl von Rothschild dort die Filiale des Bankhauses Rothschild leitete. Die gemeinsame Flucht zur Zeit des Risorgimento, der Einigung Italiens, im Jahr 1860 sollte ein verbindendes Band für die Zukunft darstellen.

      Marie hatte persönlich am Kampf gegen die italienischen Nationalisten teilgenommen. Nach ihrer Vertreibung aus Italien führte die »Heldin von Gaeta« ein wildes, von Skandalen und Affären geprägtes, sehr kostspieliges Leben, das die Rothschilds finanzierten. Sie bekam ein uneheliches Kind, schwamm nackt im Meer und rauchte Zigarillos in der Öffentlichkeit. Das bereits angespannte Verhältnis der beiden Schwestern verschlechterte sich, als Marie böswillige Gerüchte über eine angebliche Liebesaffäre der Kaiserin mit Captain Bay Middleton, ihrem englischen Vorreiter, ausstreute. 1898 waren die beiden schon seit Jahren verfeindet, ihre Kontakte beschränkten sich auf ein Minimum. Sich für Marie zu engagieren, wäre für Elisabeth nie infrage gekommen. Daher war es undenkbar, dass sie – wie oft in der Literatur erwähnt – den Rothschilds in Pregny nur als Dank für die ihrer Schwester gewährten Darlehen eine Höflichkeitsvisite abstattete.

      Letztes Ausflugsziel am 9. September: das Château Pregny in der Nähe von Genf, erbaut 1860 für Elisabeths Freunde Adolphe Carl und Caroline Julie de Rothschild.

      Die kaiserlichen Pläne zu einer Fahrt in die unmittelbare Nachbarschaft von Genf, verbunden mit einem Besuch dieser Stadt, stießen wider Erwarten auf Ablehnung bei Elisabeths Haushofmeister Generalmajor Berzeviczy, der ansonsten willig ihre ausgefallensten Reisepläne unterstützte und organisierte. Der Grund dafür lag beim Informationsbüro des k. u. k. Ministeriums des Äußeren in Wien, der Zentrale des Geheimdienstes, das ihn stets über die große, höchst gefährliche radikale Szene in Genf auf dem Laufenden hielt. 1869 hatten 30 anarchistenfreundliche Westschweizer Sektionen der Internationale in Genf getagt und 1873 gab es einen Kongress der Anarchisten, der neu gegründeten »Antiautoritären Internationale«, mit Delegationen aus ganz Europa. Berzeviczy meinte daher: »Überall hin, nur nicht nach Genf. Ich hege für Ihre Majestät größte Befürchtungen.« Elisabeth reagierte belustigt: »Der stets besorgte Berzeviczy. Er fürchtet um mein Leben. Was könnte mir denn in Genf zustoßen?« Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss. Der Sekretär Kromar sollte mitfahren, aber im Hintergrund bleiben und nicht in Erscheinung treten. »Ich weiß jedoch nicht, was es mir nützen könnte, wenn er, während ich spazieren gehe, im Hotel ruht«, gab Elisabeth zu bedenken. In einem Punkt zeigte sie sich jedoch unnachgiebig. Sie würde, wie immer, den Raddampfer »Genève« benützen. Die angebotene Privatjacht der Rothschilds käme nicht infrage, denn es sei ihr peinlich, dass die Schiffsbesatzung kein Trinkgeld annehmen dürfe.

      Schließlich reservierte man für eine Nacht im Beau-Rivage, dem elegantesten Hotel von Genf, und am Morgen des 9. September verließ die Kaiserin per Schiff Territet. Ihre Begleitung bestand, wie vereinbart, aus Dr. Kromar und Irma Sztáray. Für das Gepäck und persönliche Dienste waren ein Lakai und drei Zofen zuständig. Das wunderschöne Wetter am Genfer See versetzte die Herrscherin, wie Gräfin Sztáray erfreut feststellte, in beste Stimmung, sie schien das Leben zu genießen. Auf dem Deck unterhielt sie sich mit den anderen Passagieren. Freundlich beruhigte sie ein brüllendes Kind, indem es ihm Obst schenkte. Um 12 Uhr meldete die Schiffsglocke die Ankunft in Genf, wo bereits eine Kutsche für die Weiterfahrt bereit stand.

      In Pregny empfing Baronin de Rothschild ihre Gäste beim Eingang ihres prächtigen Schlosses, auf dem eine Standarte mit dem Habsburgerwappen wehte, die man jedoch nach einem diskreten Hinweis auf das Inkognito der Kaiserin sofort einholte. Die in Frankfurt am Main geborene Caroline Julie de Rothschild, Gattin von Adolph Carl de Rothschild, hatte 1850 im Alter von 20 Jahren ihren Cousin geheiratet. Sie lebte in Paris, liebte aber vor allem Pregny, dessen Erbauung und Ausgestaltung sie maßgeblich bestimmt hatte. 1898 war sie eine Dame fortgeschrittenen Alters, klein, untersetzt, von temperamentvoller Heiterkeit, eine begeisterte Fotografin und Gärtnerin. Nach der Begrüßung bat die Baronin in den riesigen Speisesaal, wo für drei Personen gedeckt war. Das hinter einem Vorhang verborgene Orchester spielte flotte italienische Weisen, während eine livrierte Dienerschar den Damen auf Altwiener Porzellan ein üppiges Dejeuner servierte.

      Laut Menükarte bestand das Dejeuner de sa Majesté l’Impératrice aus mehreren Gängen, darunter Filets de boeuf jardinière und Mousse de volaille sowie der Lieblingsspeise der Kaiserin, Crème glacée à la hongroise.

      Elisabeth blühte auf. Die ungezwungene Atmosphäre sowie die entspannte Heiterkeit der Hausfrau versetzten sie in derart gute Stimmung, dass sie mit einem Glas Champagner auf das Wohl von Julie de Rothschild trank. Schon lange hätte sie die Kaiserin nicht in derart heiterer, fast euphorischer Stimmung erlebt wie an diesem Nachmittag des 9. September 1898, sollte sich Gräfin Sztáray später erinnern.

      Beim anschließenden Rundgang durch das Haus besichtigte man die wertvollen antiken Möbeln, die flämischen Gobelins und die riesige Sammlung chinesischen Porzellans. Dann ging es in den musterhaft gepflegten Park mit seinen mächtigen alten Bäumen, exotischen Sträuchern und Blumenbeeten. Die Farbenpracht in den nach Ländern und Klimazonen gegliederten Glashäusern voll botanischer Raritäten war überwältigend. Die Pracht der weißen Orchideen bewogen die Monarchin zu einem Ausruf, der im Rückblick als Vorahnung gewertet wurde: »Ach, ich wünschte, dass meine Seele durch eine kleine Öffnung in meinem Herzen in den Himmel entgleiten könnte!«

      Elisabeths Freundin Caroline Julie de Rothschild (1830–1907) war die älteste Tochter des Wiener Bankiers Anselm Salomon von Rothschild. 1850 heiratete sie ihren Cousin Adolphe Carl.

      Nach СКАЧАТЬ