Das schöne Fräulein Li. Peter Brock
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Название: Das schöne Fräulein Li

Автор: Peter Brock

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783955520069

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СКАЧАТЬ sich ruhig um! Hier arbeiten ehrliche kleine Leute. Einer von ihnen musste heute gehen. Für immer.»

      «Ja, das tut mir leid! Deshalb bin ich hier. Wir werden den Mörder finden!», entgegnet Kappe.

      «Das hoffe ich. Wir suchen auch.»

      «Wer ist wir?», fragt Kappe.

      Wong spricht auf einmal in Chinesisch weiter.

      Tam übersetzt, dass er sich nicht so gut in der deutschen Sprache ausdrücken könne.

      Wong redet und redet, er wird laut und leise, seine Stimme wird schrill und tief, mehrmals fasst er Tam am Arm.

      Selbst wenn Kappe ganz nüchtern wäre, so einem Redeschwall könnte er auch auf Deutsch nicht folgen.

      Kurz hält Wong inne, dreht sich zur Seite, spuckt auf den Boden, dann fährt er in unverminderter Geschwindigkeit und Lautstärke fort.

      Kappe hat Gelegenheit, den Chinesen zu mustern. Obwohl er gepflegter ist als die anderen, die er in der Gaststätte sah, erscheint Wong grobschlächtig, nicht nur wegen der weit außen liegenden Backenknochen und der flachgedrückten Nase, auch wegen seiner brutal wirkenden Art zu sprechen. Wie eine knurrende Bulldogge bellt er die Worte seinem Gegenüber ins Gesicht. Kein Sympath. Mit lautem Husten und erneutem Auf-den-Boden-Spucken versiegt seine Rede. Er schaut Kappe an, als erwarte er eine Antwort. Dann lacht er, so wie die anderen Chinesen auch. Nicht tief, wie es zu seinem massigen Körper passen würde, nein, hoch, schrill und laut.

      «Der Herr lacht, weil er dachte, Sie würden verstehen und könnten antworten. Aber ich muss ja übersetzen», erklärt Tam. «Der Herr sagt, dass er sehr traurig über den Tod von Herrn Keung ist und auch wütend auf die Täter. Aber er hat keinen Verdacht und auch keine Ahnung, wer es getan haben könnte. Herr Keung sei ein guter Händler gewesen, er habe keine Feinde gehabt, keinen Ärger, er stammte aus demselben Heimatort wie er, aus Wenzhou.» Etwas leiser fügt Tam hinzu: «Das ist nur etwa einhundert Kilometer entfernt von Qingtian, woher Herr Li, sein Konkurrent stammt.»

      Als Wong den Namen Li hört, stimmt er einen kurzen lauten Schimpfakkord an.

      Tam aber fährt ungeachtet dessen mit seiner Übersetzung fort:«Herr Keung habe hier im zweiten Stock gelebt, und der Herr werde nun den Angehörigen Geld für die Trauerfeier schicken. Aber mehr kann er nicht sagen.»

      Kappe will wissen, ob Keung bei Wong angestellt gewesen war und ob man die Unterkunft des Toten sehen könne.

      Nach erneutem Hin- und Zurückübersetzen erklärt Tam, dass Herr Keung, wie die anderen Händler auch, selbständig gewesen sei. Aber er habe von Wong die Waren bezogen, teilweise auch auf Kredit. Dafür durfte er nur Wong-Waren verkaufen und auch nur in dem Revier, das ihm Wong vorgab.

      Kappe merkt, dass Tam nun Dinge erklärt, die Wong gar nicht gesagt hat.

      Nervös drückt Wong mehrmals einen Steinstempel in bröckelige rote Farbe, bevor er damit irgendwelche Papiere markiert. Dann drückt er ihn wieder in das bröckelige Rot.

      Der Jade-Stein, der als Stempel dient, und die arterienblutrote Masse, die von Wong immer wieder mit dem Stein traktiert wird, lässt Kappe an den Toten denken, an dessen Anhänger, der ihm mehrmals ins blutige Brustbein getreten worden war. «Der Herr weiß nicht mehr. Aber wir können uns das Zimmer des Toten ansehen», sagt Tam schließlich.

      Als sie gehen wollen, dreht sich Kappe nochmals um und bittet Tam zu fragen, ob der schicke Flitzer im Hof Herrn Wong gehöre.

      «Der Herr sagt ja, das ist sein Auto, ein deutsches Auto, ein gutes Auto. Er ist stolz auf diese Technik», übersetzt Tam.

      «Nicht billig!», meint Kappe.

      «Billig ist nicht gut! Teuer ist deutsch und gut! Wir arbeiten gut und viel und hart und verdienen Geld für gutes Auto», sagt nun wieder Wong, ohne dass Tam übersetzen muss. «Wenn Sie wollen, ich zeige Ihnen.»

      «Nein danke! Sehr liebenswürdig!» Kaum hat Kappe das gesagt, ärgert er sich. Einmal in so einen Wagen zu schauen wäre ja noch keine Bestechlichkeit gewesen.

      Im Gänseschritt marschieren Tam und Kappe hinter dem hellgrün gekleideten Diener in den zweiten Stock des linken Seitenflügels, vorbei an immer noch emsig stapelnden und auspackenden Chinesen.

      Keung wohnte gemeinsam mit drei anderen Chinesen in zwei Zimmern, jedes etwas größer als Kappes Küche. Die Bewohner teilen sich mit den zwei gegenüberliegenden Zimmern eine Kochecke und ein Klo eine halbe Treppe tiefer. Von den Mitbewohnern sind nur zwei da, die kaum Deutsch sprechen.

      «Gute Ware!» und «Billiger Preis!». Mit diesen Worten begrüßen sie Kappe. Allzu sehr scheinen sie nicht um Keung zu trauern. Erst als Tam erklärt, es gehe nicht ums Kaufen und Feilschen, und er nach Keung fragt, sagen sie, jeder hätte sein Revier gehabt. Keung sei seit Jahren im Kreuzberger Wrangelkiez unterwegs gewesen. Sie verkaufen in Wedding am Sparrplatz und in Moabit.

      «Sie sagen, sie hätten sich nur mal zum Mahjong oder zum Essen getroffen und nicht viel gesprochen. Herr Keung sei ein liebenswerter Mensch gewesen. Er habe auch nicht geschnarcht.»

      Ein nachvollziehbares Mordmotiv ist also auszuschließen, denkt sich Kappe. Mehr aus Routine als aus Wissbegierde lässt er Tam fragen, wo die beiden anderen Mitbewohner zur Tatzeit am gestrigen Abend gewesen seien.

      «Beide sagen, sie seien hier gewesen», übersetzt Tam, «zu Hause! Hätten gekocht mit den Bewohnern von gegenüber. Diese könnten das bestätigen.»

      Kappe verzichtet darauf. Ein solches Alibi ist es nicht einmal wert, verifiziert zu werden. Er hat genug. Genug gehört und genug gesehen in den heruntergekommenen Kammern, wo es für die Kleider nur Truhen gibt und wozwischen den großen Kollektionskoffern, dem Bett und den drei Stühlen kaum noch Platz auf dem Boden ist. Aber selbst dieser Platz wird genutzt: als Ablage für verschmutzte Wäsche, für halbvolle Teetassen und volle Aschenbecher. Es riecht ein bisschen nach Gewürzen wie in der Eckkneipe. Allerdings vermischt sich hier dieser Geruch mit körperlichen Ausdünstungen ungewaschener Männer. Kappe will weg. Schleunigst.

      Vor der Tür verabschiedet er sich von Tam. Er sagt ihm, er möge morgen Vormittag aufs Polizeipräsidium kommen, damit man einen Vertrag fürs Dolmetschen machen könne, und er möge seine Papiere mitbringen.

      Auf dem Weg zum Schlesischen Bahnhof sieht Kappe, wie junge Chinesen mit deutschen Mädchen flachsen, ein älterer Deutscher mit drei jungen Chinesinnen plaudert und ein deutsch-chinesisches Paar Arm in Arm flaniert, als seien das hier die Linden.

      Watteweichwarm. So fühlt er sich. Das Federbett, das seine Klara vor der Hochzeit noch günstig im Kaufhaus Rudolph Hertzog erstanden hatte, liegt leicht über Kappes nacktem behaartem Oberkörper.

      War doch recht spät geworden gestern Abend. Auf dem Heimweg hätte er besser nicht noch mal einkehren und noch ein Bier trinken sollen. Klara hatte schon geschlafen, und er hat sich nicht mehr komplett ausgezogen.

      Nun schmiegt er seinen Kopf in den Zufluchtsraum aller Männer, die nicht denken, nicht reden und am liebsten im Boden versinken wollen: zwischen die Unterseite des Kinns der geliebten Frau – oder wenigstens derjenigen, mit der man das Bett teilt – und dem Beginn der Brustebene oberhalb des Busens. Wer Glück hat, und Kappe kann in dieser Beziehung nicht klagen, spürt mit seinem unrasierten Kinn noch die oberen Ausläufer warmer, weicher weiblicher Rundungen.

      Bei Klara gibt es СКАЧАТЬ