Spinner. Schelme. Scharlatane. Gerhard Dienes
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Название: Spinner. Schelme. Scharlatane

Автор: Gerhard Dienes

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783990404386

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СКАЧАТЬ Juden aus und messen der Licht-Symbolik besondere Bedeutung zu. Einem Bericht des französischen Pamphletisten Luchet de la Roche du Maine zufolge sollen die Mitglieder des Ordens einem Orakel namens „Gablidone“ gefolgt sein – trifft dies zu, muss auch Thun bei den Asiatischen Brüdern eine Rolle gespielt haben!

      AERONAUTISCHES ZWISCHENSPIEL

      Noch jahrelang bemüht sich Thun vergeblich um Anerkennung für seine Erfahrungen, die er in der Gablidone-Brüderschaft gemacht hat. Auch der ersehnte neue „Rechner“, der den Namen „Masson“ tragen soll, erscheint nicht und so entdeckt er schließlich ein neues Steckenpferd: die Aeronautik. Die Luftschifffahrt ist die technische Sensation jener Tage, für den wachen Geist des Grafen die richtige Herausforderung. Gemeinsam mit einem Baron Lütgendorf geht er nach Augsburg, im August und September 1786 wollen sie hier mit einer großen Montgolfière zu einer Luftreise aufsteigen. Glaubt man Wilhelm Ludwig Weckhrlin, der in seiner Zeitschrift Das graue Ungeheuer (8. Band) über die große „Mystification zu Augsburg“ berichtet, so hat der Graf mit seinem Gefährten nicht die beste Wahl getroffen – Lütgendorf, der aus Franken stammt, gilt als Abenteurer, der ihm, wie Brabbée vermutet, „den Beutel tüchtig fegen will“. Zur Illustration seines Urteils erzählt Weckhrlin noch eine Episode vom Wiener Aufenthalt Lütgendorfs: Wie Christus auf dem Meere wollte dieser offenbar über die Donau gehen, sei dabei aber fast ertrunken, die Wiener mussten ihn aus dem Wasser ziehen.

       Berichtet in seiner Zeitschrift „Das graue Ungeheuer“ aus Augsburg: Wilhelm Ludwig Weckhrlin.

      Der Aufstieg der Montgolfière ist ursprünglich für den 25. August 1786 geplant, wird aber von Regen verhindert, dann zeigen sich plötzlich mysteriöse Löcher in der Ballonhaut – Gerüchte werden laut, dass Lütgendorf die Schäden aus Angst vor der Luftreise selbst bewerkstelligt habe. Der Aufstieg muss zum Leidwesen des ungeduldigen Publikums jedenfalls neuerlich verschoben weden. Weckhrlin schildert seinen Lesern die Lage in Augsburg:

      „4. September. Morgen soll ein neuer Versuch gemacht werden. Graf Thun, der berühmte Wissenschafts-Enthusiast, der den Künstler in Schutz genommen, besteht darauf. Dieser Herr ist einer der fleissigsten Grossen unserer Nation, leidenschaftlicher Priester im Tempel der Musen, und für sein Lieblingsfach, Physik und Mathematik, Professor. Er ist’s, der die Physiognomik, eine Theorie, die uns einst Ehre machen wird, wenn sie, so wie alle andern, dem Spott genugsam gezollt hat, in Schutz nahm, und sich dadurch ein Denkmal in den Fragmenten Lavater’s erwarb. Nächstdem ein edler und liebenswürdiger Charakter voll Licht und Güte. Und dieser Charakter ist kein Gemeingut der heutigen Epoche in Oesterreich. Graf Thun philosophirte und studirte schon in Theresianischen, d. i. in Zeiten, wo der (sic!) Genie nicht in der Mode war. Ein Verdienst mehr!“ – Mit dem Aufstieg scheint es aber auch am 5. September nicht geklappt zu haben, denn Weckhrlin nennt Lütgendorf später einen „Betrüger der niedrigsten Klasse“, der mit Fleiß dem Burgunder zuspricht, während die Augsburger noch immer auf das Ballonspektakel warten – das geplante aeronautische Abenteuer wird zum Fiasko.

      Lütgendorfs und Thuns Wege trennen sich in der Folge, der Sommer des Jahres 1787 sieht den Grafen in Karlsbad, wo er die hier versammelte haute volée mit neuen Ideen unterhält. In einem „Schreiben aus Karlsbad“ vom 6. Juli 1787 berichten die österreichischen Provinzial-Nachrichten: „Vorige Woche wurde auf einem Balle von dem in Erfindung und schönen Geschmack berühmten Herrn Grafen von Thun ein ganzes Schachspiel von Masken vorgestellt und so, wie man sagt, auch wirklich von zwei Kavalieren gespielt; sie waren beide im Nebenzimmer und riefen bloß die Nummern der Statisten aus, die, so oft eine gehoben wurde, von zween Masken abgeführt ward.“ Gleich darauf gibt Thun wieder den Mann der Wissenschaft, und zwar den „Professor der Physik“. Angeblich hat er eine Maschine entwickelt, die jene „Luft“ auffängt, die aus dem Karlsbader Sprudelwasser entweicht. Das Experiment findet in Gegenwart mehrerer Ärzte statt, Ziel ist es herauszufinden, wie viel das Karlsbader Mineralwasser „verlieren muss, wenn es in die entfernten Häuser getragen wird“. (Zitiert nachProvinzial-Nachrichten, 8. August 1787)

      DER WUNDERHEILER

      Bereits während der Abenteuer mit den Homunculi des Grafen Kueffstein hatte sich Thun unter dem Eindruck der Lehre Franz Anton Mesmers vom „Animalischen Magnetismus“ mit der Heilkraft von Magneten beschäftigt und selbst auch Heilmagneten eingesetzt. Durch Zufall gewinnt er im Herbst 1787 jedoch eine völlig neue Erkenntnis: Er benötigt gar keinen Heilmagneten, denn die heilende Kraft wohnt in seinen Händen und mit dieser Kraft kann er wahre Wunder bewirken.

      Über diesen „Zufall“ wird er 1794 in der Juliausgabe der Berlinischen Monatsschrift Folgendes erzählen: „Ein Buch, welches ich meinem Buchbinder zum Einbinden schickte, ward mir von demselben so lange vorenthalten, dass ich endlich verdrossen ward, und selbst zu ihm ging, um ihn zur Rede zu stellen. Während er nun wegen einer Lähmung seines Armes sich entschuldigen wollte, legte ich von ungefähr meine rechte Hand auf den kranken Theil. Augenblicklich hatte der Mann eine veränderliche Empfindung, und indem er fortfuhr zu sprechen, fühlte er sich endlich von seinen Beschwerden so erleichtert, dass er verwunderungsvoll ausrief: ‚Herr Graf, was haben Sie in Ihrer Hand?‘ – Ich stutzte. Aber der gute Mann betheuerte mir höchlich, dass seine Empfindung nichts weniger als Täuschung sei. Er, seine Frau und ich erstaunten, dass er sich seines Armes, den er wegen eines krampfhaften Schmerzes schon seit einigen Monaten nicht gebraucht hatte, itzt ohne Beschwerden bedienen konnte. Sie können leicht denken, dass ich seit der Zeit auf die Wirkungen meiner Hand aufmerksam ward. Ich versuchte es mit ihr seitdem an verschiedenen anderen Kranken der Art; ich sah dieselbe Wirkung erfolgen. Kaum war in Wien von einigen Zirkeln davon gesprochen, so hatte ich einen solchen Zulauf, dass ich oft meine Patienten durch Militär in Ordnung halten musste, so sehr drängte sich alles zu mir, um meiner Hilfe theilhaftig zu werden. Ich konnte wohl in Wien allein an 30.000 Kranke (sic!) zählen, denen, wenn auch nicht immer mit dem besten Erfolge, ich meine Hilfe angedeihen liess.“

      Auch wenn Thun mit der Zahl seiner Patienten hier übertreiben mag – der Zulauf zum „neuen Messias aller Gichtbrüchigen und Lendenlahmen“ ist groß, dem Grafen muss man zugute halten, dass er für seine „Behandlung“ kein Honorar verlangt, auch das wohl ein Grund für viele Kranke, es auch bei ihm zu versuchen. 1793 verlässt er Wien und geht zunächst nach Karlsbad, im Frühjahr 1794 taucht er zur Ostermesse in Leipzig auf und sorgt hier gleich für Aufsehen: Er lässt verkünden, „dass er, vermöge einer in seiner rechten Hand wirkenden Materie, die Kraft besitze, gewisse rheumatische Schmerzen, gichtische Lähmungen und podagrische Stockungen vermittelst blosser Berührung zu heben. Dass dies keine grundlose Behauptung sei, wolle er durch seinen Stand und seinen Reichthum, der ihn vor der Beschuldigung eines jeden daraus zu ziehenden Gewinnstes hinlänglich sichere, und durch die Menge auffallender Kuren, welche er in Wien und an verschiedenen anderen Orten verrichtet habe, erhärten.“ Sein „einziger Beweggrund“ für die Reise nach Leipzig „wäre, die hiesige Fakultät aufzufordern, die in seiner Hand sich äussernde Materie und die dadurch entstehenden Wirkungen sorgfältiger zu untersuchen, als dies bisher geschehen sei“. (Zitiert nach Brabbée, Der Thaumaturg.) Die letztere Bemerkung stößt jedoch vor Ort auf Kritik: Der Schriftsteller Saul Ascher, der von der Berlinischen Monatsschrift nach Leipzig geschickt wird, um über Thun zu berichten, weiß um die Vergangenheit des Grafen und kennt auch die Gablidone-Affäre. Ascher stellt Thun daher als Schwärmer dar, der einer Selbsttäuschung zum Opfer falle oder einfach schon wieder betrogen werde. Weiters stellt Ascher die nicht unberechtigte Frage, warum Thun nicht bereits die Professoren der Wiener Universität in seiner Sache um eine Expertise gebeten habe. Aschers Resümee: „Ein Mann, der eine so entzündbare Einbildungskraft besitzt (…) kann schwerlich, bei all seiner Ehrlichkeit, für unbefangen genug gehalten werden, um Glauben zu verdienen, wenn er itzt mit einem Wunder auftritt.“ (Zitiert nach Cerman, Aufklärung oder Illuminismus.)

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