Au revoir, Tegel. Bettina Kerwien
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Название: Au revoir, Tegel

Автор: Bettina Kerwien

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783955520434

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СКАЧАТЬ um für seine Frau das Parfüm zu kaufen, Charlie von Revlon. Kappe mag den leichten Jasminduft. Er stellt sich vor, dass so Frauen riechen, die zu ihrem Glück keine Männer brauchen.

      Die Schlange vor der Kasse ist lang. Der Mann vor ihm mit seiner militärischen Haltung und dem kurzgeschorenen weißblonden Haar sieht aus, wie Kappe sich einen Offizier der Volksarmee in Zivil vorstellt. Er schiebt einen randvollen Einkaufswagen. Alkohol, Zigaretten, Feinstrumpfhosen. Kappe hält etwas Abstand. Er sollte wieder eine Zeitung abonnieren. Auf dem Präsidium liegt ja immer nur der Berliner Blitz aus. Der Ostler an sich sei ein Bösewicht, will die konservative Boulevardpresse ihre Leser glauben machen. Das war schon bei Adenauer so, und das bleibt auch so. Ein klares Feindbild gibt noch dem tristesten Tag Struktur.

      Ganz vorne in der Kassenschlange steht ein kleiner Junge in aufgetragenen kurzen Hosen. Das Kind hievt eine einzelne Konservendose mit Ananasscheiben neben der Registrierkasse auf den Tresen. Es ist eine prächtige Dose. Der Junge hat nur Augen dafür. Acht Scheiben Ananas, natursüß, mit Fruchtmark, handverlesen. Die Fruchtscheiben auf dem Etikett strahlen mit dem Gesicht des Kleinen um die Wette.

      Die Kassiererin nennt den Preis. Der Junge zählt sein Westgeld. Ein Markstück, viele Groschen, das meiste Pfennige. Dann hört Kappe in der schäbigen Hosentasche nur noch das dumpfe Geräusch von DDR-Aluminium. Es fehlen zwanzig Westpfennige.

      «Reicht nicht», sagt die Kassiererin. Es klingt barsch, und sie meint es barsch.

      Ein vorwurfsvolles Scharren und Atmen geht durch die Schlange der Wartenden.

      Die Kassiererin schiebt das Westgeld von sich weg. «Zurückstellen!», kommandiert sie.

      Das Kind wird blass. Kappe greift nach seinem Portemonnaie.

      Der Offizier tritt nach vorne. «Haben Sie kein Herz, Genossin?» Er lächelt, legt dem Jungen die Hand auf die Schulter und stellt die Ananas-Dose in seinen eigenen Einkaufswagen. Dann gibt er der Kassiererin einen der dunkelblauesten, neuesten 10-D-Mark-Scheine, die Kappe je gesehen hat.

      Die Kassiererin hält den Schein gegen das Licht. Er ist am Rand verkohlt. Sie steckt den Zehner kommentarlos in die Geldschublade und knallt sie zu. Der Offizier zögert. Seine Geldbörse hat er noch in der Hand. Er öffnet den Mund, als wolle er die Kassiererin etwas fragen. Aber die blafft ihn an: «Weitergehen! Der Nächste!» Er gehorcht.

      Peter Kappe tritt vor und zahlt das Parfüm mit einem Hunderter. Als er das Wechselgeld ins Portemonnaie steckt, sieht er, dass die Kassiererin ihm den angekohlten Zehner gegeben hat. Er will sich beschweren, doch da spürt er, dass er beobachtet wird. Der Offizier steht hinter einem Stapel Dujardin-Kisten und fixiert ihn. Es ist kein unauffälliger Blick, und er liegt wie eine schwere Hand auf Kappes Schulter. Unwillkürlich denkt Kappe: Flugzeugabsturz – Feuer – verkohltes Geld fällt vom Himmel. Er steckt sein Portemonnaie in die Hosentasche. Und macht ein Gesicht, als könne er kein Wässerchen trüben.

      Als er mit feuchten Händen in seinen Opel Rekord steigt, fühlt er sich, als hätte er etwas im Laden gestohlen und wäre dabei erwischt worden. Eine unsichtbare Berührung kitzelt ihn zwischen den Schulterblättern. Wird er beobachtet? Die Nacht ist dunkel und regenschwer. Während der Transitfahrt schaut Kappe immer wieder in den Rückspiegel, aber es folgt ihm niemand.

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