Название: Kapitän in zwei Welten
Автор: Hans-Hermann Diestel
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежная деловая литература
isbn: 9783960085966
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Im Falle von Kapitän Smith ist das nicht ganz einfach, da er den Untergang seines Schiffes nicht überlebte. Es wird immer wieder geschrieben, dass die Führung auf dem Schiff zusammengebrochen sei, dass der Kapitän sich nicht an der Rettung der Passagiere beteiligte, dass er möglicherweise unter Schock stand usw. (siehe: Müller-Cyran, Schiff & Hafen, Oktober 2014).
Die RMS TITANIC verlässt am 10. April 1912 Southampton, Foto F.G.O. Stuart (1843 – 1923), gemeinfrei
Stützen möchte ich mich vor allem auf die Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss des US-Senats (SUBCOMMITTEE OF THE COMMITTEE ON COMMERCE, UNITED STATES SENATE: „TITANIC“ DISASTER, New York 1912). Folgende Fakten, zum Teil in beeideten Aussagen zusammengetragen, sind deshalb für die Beurteilung der Aktivitäten des Kapitäns besonders wichtig:
14. April
23.41: Zusammenstoß mit Eisberg, Kapitän kam sofort nach der Kollision auf die Brücke und fragte den Ersten Offizier nach der Ursache. Er gab die Anweisung, die Schotten zu schließen, was der EO aber schon veranlasst hatte. Der Kapitän legte den Maschinentelegraphen für einige Minuten auf „Voraus Halbe“ und befahl dann dem Vierten Offizier Boxhall, „eine schnelle Inspektion des Schiffes“ vorzunehmen. In Minutenschnelle war der zurück. Er hatte keine Schäden entdeckt. Danach befahl der Kapitän Boxhall, einen Zimmermann zu suchen, der Tanks und Räume peilen sollte. Auf der Treppe traf Boxhall schon einen Zimmermann, der Schäden melden wollte. Danach ließ der Kapitän Thomas Andrews, den Erbauer des Schiffes, rufen.
23.55: Der private Funkverkehr wurde unterbrochen.
15. April
00.00: Thomas Andrews inspizierte (nach G.J. Cooper in „Titanic
Captain“) zusammen mit Smith Bereiche des Schiffes.
00.05: Kapitän gab folgende Anweisungen:
- Rettungsboote klarmachen
- Passagiere vorbereiten
- Zuweisung der Passagiere zu den Booten vornehmen (sie waren vorher nicht einem speziellen Boot zugewiesen worden)
- weitere Offiziere wecken
00.15: Kapitän wies Funker an, Notruf zu senden (Phillips sendete zuerst CQD, dann auf Hinweis von Bride SOS). Smith hielt sich meistens auf der Brücke auf.
00.45: Erste Rakete abgefeuert und erstes Rettungsboot zu Wasser (Besatzung erledigte ihre Aufgaben ruhig und diszipliniert?) 01.40: letzte Rakete abgefeuert
02.05:
- Kapitän zum letzten Mal im Funkraum. Er stellte den Funkern frei, sich zu retten. Dann ging er auf das Bootsdeck, um mit Besatzungsmitgliedern zu sprechen.
- letztes Boot zu Wasser 02.20: Die TITANIC sank.
Senator William Alden Smith, der Leiter der Untersuchungskommission, kam zu dem Schluss, dass die Befehlskette beim Verlassen des Schiffes weitgehend zusammengebrochen sei und dass die Schiffsleitung gelähmt war. Diese Auffassung ist aufgrund des beim Fieren der Boote herrschenden Chaos verständlich. Trotzdem halte ich sie nicht für gerechtfertigt. Kapitän Smith hatte offensichtlich eine klare Strategie. Er wollte unter allen Umständen eine Panik verhindern, die, da nur für die Hälfte der sich an Bord befindenden Menschen Plätze in den Booten vorhanden waren, katastrophale Auswirkungen auf die Evakuierung des Schiffes haben musste. Dass sein Plan nicht aufging, hatte mehrere Gründe (Passagiere nicht auf die Boote aufgeteilt, zu wenig Seeleute für das Handhaben der Boote, Besatzung neu und nicht auf diese Aufgabe vorbereitet usw.). Wenn die Aktivitäten von Kapitän Smith zum Beispiel mit denen des Kapitäns der COSTA CONCORDIA oder auch mit denen des DSR-Kapitäns der BÖHLEN verglichen werden, dann hat Smith wichtige Entscheidungen zur Rettung der sich an Bord befindenden Menschen getroffen. Nachdem ihm Andrews mitgeteilt hatte, dass das Schiff verloren war, gab er sofort die notwendigen Anweisungen. Ob eine ungeschminkte Information der Besatzung und der Passagiere über die Lage des Schiffes mehr Menschen das Leben gerettet hätte, wage ich nicht zu beurteilen. Die Offiziere dürften ohnehin keine Illusionen über die Lage des Schiffes gehabt haben.
Wie stellt sich, im Vergleich mit dem Kapitän der TITANIC, die Situation für den Kapitän der COSTA CONCORDIA dar? Folgender zeitlicher Ablauf ergibt sich aus dem Untersuchungsbericht des italienischen Ministeriums für Infrastruktur und Verkehr:
13. Januar 2012
- Um 21. 45. 05 Ortszeit lief die COSTA CONCORDIA bei günstigen hydrometeorologischen Bedingungen auf einen Felsen der Insel Giglio.
- Kapitän Schettino leitete die Untersuchung des Schiffes auf mögliche Schäden – nach 16 Minuten wurde der Kapitän über den Ernst der Lage des Schiffes unterrichtet.
- Der Kapitän informierte nicht die Rettungsbehörden (Küstenwache usw.). Diese wurden von einer Person, die von Land aus anrief, informiert. Obwohl die Behörden Kontakt mit dem Schiff aufnahmen, informierte er sie erst um 22. 26. 02 Ortszeit. Erst auf Forderung der Behörden in Livorno setzte er um 22.38 einen Notruf ab.
- Erst um 22. 54. 10 befahl Schettino, das Schiff zu verlassen, ohne dass das Signal für den Generalalarm ausgelöst wurde. Das hätte bei der Lage der COSTA CONCORDIA sehr viel Sinn gemacht. Viele Passagiere sagten aus, dass sie die mittels Sprache gegebene Anweisung nicht gehört hatten. Es gab auch keine direkten Anweisungen an die Offiziere auf den Bootsstationen! Die Geliebte des Kapitäns Domnica Cemortan verließ die Brücke, zog sich in der Kammer des Kapitäns wärmere Kleidung an und brachte Schettino eine blaue Jacke ohne Rangabzeichen. Seine Uniformjacke brachte sie in seine Kammer. Er war dadurch als Kapitän nicht erkennbar (Aussage Cemortan vor Gericht).
- Um 22.50 und 23.10 Uhr wurden die ersten Boote zu Wasser gelassen.
- Um 23.20 wurde die Brücke von der Besatzung, einschließlich Kapitän, verlassen.
- Um 24.00 Uhr erreichte die Schlagseite 40°.
14. Januar 2012
- Um 00.34 Uhr sprach der Kapitän mit den Behörden in Livorno und teilte ihnen mit, dass er im Rettungsboot sei. Das Gericht hörte ein aufgenommenes Telefongespräch, in dem der Beamte der Küstenwache Gregorio De Falco ihm wiederholt befahl, auf sein Schiff zurückzugehen. Schettino behauptete in dem Gespräch, dass nur noch 10 Personen an Bord wären. In Wirklichkeit befanden sich noch etwa 300 Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord (Aussage De Falco vor Gericht).
- Um 06.17 Uhr wurde die erste Phase der Rettung der Passagiere und Seeleute beendet.
COSTA CONCORDIA vor Giglio, Foto Wikimedia/Rvongher
Francesco Schettino befand sich dadurch, dass СКАЧАТЬ