Wer die Lüge kennt. Beate Vera
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Название: Wer die Lüge kennt

Автор: Beate Vera

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783955522520

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СКАЧАТЬ und sah ihn gekonnt schüchtern an. »Nein, ich bin das erste Mal hier. Ich habe mich ganz furchtbar mit meinem Freund gestritten. Ich denke, es ist aus. Ich wollte nur weg. Ich dachte, ich geh was trinken, um runterzukommen, und dann ruf ich meine beste Freundin an. Doch als ich hier ankam, fiel mir ein, dass sie übers Wochenende bei ihren Eltern in Schwerin ist. Jetzt bin ich ziemlich aufgeschmissen und weiß gar nicht, wohin.« Sie legte ihre Hand auf seine, er errötete leicht. Gott, diese Armleuchter waren doch alle gleich blöde! Die Masche funktionierte jedes gottverdammte Mal. »Aber sorry, das interessiert dich alles gar nicht. Entschuldige, ich bin gerade nur ein bisschen durch den Wind.«

      »Nee, lass mal, ist schon okay. Kann ich verstehen. Willst du noch einen?« Er zeigte auf ihr Glas.

      Schön trinken musste sie sich den Knaben nicht. Er sah ganz gut aus, fand sie, ein bisschen spack vielleicht, aber sauber, und ordentliche Klamotten trug er auch. Doch einem geschenkten Gaul schaute man sowieso nicht ins Maul.

      »Ja, gerne. Aber ich hab lange nichts mehr getrunken, also muss ich mich ein bisschen vorsehen.«

      »Warst du krank?«

      »Nein … also … Ich hatte da so eine Frauensache, und ich musste operiert werden. Darum ging es auch in dem Streit mit meinem Freund.« Er schüttelte mitfühlend den Kopf, und sie lächelte ihn wieder traurig an. »Ich tu’s schon wieder, dir meinen ganzen Kram erzählen, sorry. Es ist nur … Du siehst echt nett aus.« Dabei schenkte sie ihm einen gewinnenden Augenaufschlag, den der beste Walt-Disney-Zeichner nicht besser hinbekommen hätte.

      Max legte seine Hand auf ihren Arm und antwortete genau das, was Jeanny hören wollte. »Das ist total okay. Wenn du möchtest … also, wenn du nicht weißt, wo du heute Nacht schlafen sollst, kannst du gerne mit zu mir kommen. Ich wohne nicht weit von hier. Und ich hab ein megabequemes Sofa, auf dem ich dann schlafen kann. Nicht, dass du das missverstehst …«

      Sie unterbrach ihn. »Tu ich nicht. Das ist nett von dir, Max. Lass uns doch einfach noch ein bisschen hierbleiben und quatschen, und dann überleg ich’s mir. Ich könnte uns ja was kochen. Ich glaub, ich kann echt nirgendwo anders hin.«

      Max, ihr neuer Beschützer, strahlte sie an.

      Männer sind so berechenbar, dachte Jeanny voller Verachtung, als sie ihren nächsten Cuba Libre zur Hälfte leerte.

       6

      Auch um sich zu sammeln, hatte Glander zuerst eine Runde mit Talisker gedreht, bevor er Merve bei Sevgi abgeholt hatte. Gemeinsam waren sie den Stolberger Ring entlang zu den Hartmanns geschlendert. Deren Haus sah man an, dass beide viel beschäftigt waren, obwohl sie nur in Teilzeit arbeiteten.

      Schon zu Beginn ihrer Beziehung hatten sich Sabine und Thomas Hartmann gegen Kinder entschieden. Ihrer beider Einkommen reichte aus, um die Raten für das Haus abzuzahlen und die Lebenshaltungskosten zu decken, und am Monatsende blieb sogar noch etwas für das Sparkonto übrig. Ihre Ansprüche waren nicht besonders hoch, sie legten weder Wert auf Statussymbole, noch gingen sie teuren Hobbys nach. Den Großteil ihrer Freizeit betätigten sie sich ohnehin ehrenamtlich. Auch deshalb hatten sie nur wenige Freunde. Nicht viele Menschen ertrugen es, immerzu über traurige Schicksale reden zu müssen und sich die Kritik am Sozialstaat und an der Bequemlichkeit vieler Leute anzuhören. Sabine und Thomas Hartmann war das einerlei. Sie hatten dieselbe soziale Einstellung und denselben Groll gegen die Politik der letzten dreißig Jahre, die dazu geführt hatte, dass jeder nur noch auf seinen eigenen Vorteil bedacht war.

      Sabine Hartmann hatte Merve und Glander eingelassen und war nun damit beschäftigt, den wild kläffenden und herumspringenden Bismut zu beruhigen. Talisker betrachtete den anderen Rüden einen Moment lang indigniert und setzte dann dessen Treiben mit einem kurzen, aber umso lauteren Bellen ein Ende.

      Sabine lachte. »Kann ich mir Talisker nicht doch mal ausleihen? Er ist der Einzige, auf den Bismut hört. Es wird leider gar nicht besser mit dem Schlawiner.«

      Glander behielt die Antwort für sich. Die Hartmanns waren absolut betriebsblind, wenn es um ihren Hund ging. Lea hatte ihnen schon oft den regelmäßigen Besuch einer Hundeschule oder auch private Stunden mit einer erfahrenen Hundetrainerin ans Herz gelegt, doch sie hatten stets Zeitmangel als Ausrede vorgeschoben. Bismuts schlechtes Benehmen hatte sich folglich weiter verfestigt. Von Talisker einmal zurechtgewiesen, benahm er sich jedoch einwandfrei, sodass man beinahe glaubte, einen anderen Hund vor sich zu haben.

      Sabine Hartmann bat Glander und Merve ins Wohnzimmer, in dem sich Thomas Hartmann vom Sofa erhob und mit ausgestreckter Hand auf sie zukam. Sabine war so groß wie Glander, und Merve sah gegen den bärigen Hartmann zierlich und zerbrechlich wie ein Kind aus. »Frau Celik, richtig?«, fragte Hartmann, als er Merves Hand schüttelte. »Wie schön, dass es so zeitnah geklappt hat. Kann ich Ihnen etwas anbieten – einen Kaffee oder einen Tee?«

      »Sagen Sie doch Merve, Herr Hartmann. Das macht es einfacher. Ich nehme gerne ein Wasser, wenn es keine Mühe macht.«

      »Dann nennen Sie uns aber bitte Thomas und Sabine. Sabine, bist du so lieb und holst etwas zu trinken?«

      Glander entging der verkniffene Zug um Sabines Mund nicht, als sie das Wohnzimmer wieder verließ, um Getränke zu holen. Thomas Hartmann bat die beiden, auf der üppigen Sitzlandschaft Platz zu nehmen, die gut ein Viertel des Wohnzimmers einnahm. Glander fiel auf, dass sich kein Fernseher im Zimmer befand. Dafür waren die Wände dem Sofa gegenüber bis zur Decke mit Bücherregalen ausgekleidet. Das Blumenfenster zierten Kakteen in verschiedenen Größen und Formen.

      Hartmann bemerkte Glanders Blick und grinste. »Sabine und ich haben so viel um die Ohren, dass hier außer Kakteen keine Pflanzen überleben. Unser Garten ist eher eine Wiese, und die Sträucher, die wir dort gepflanzt haben, werden nur vom Regen gewässert. Damit keiner meckert, wie ungepflegt der Vorgarten aussieht, haben wir ihn pflastern lassen. Es gibt ja immer werte Nachbarn, die nichts Wichtigeres zu tun haben, als sich über die Art und Weise zu mokieren, wie andere leben.« Er schüttelte den Kopf. Es lag keine Spur von Humor in seinen Worten. »Ich frage mich in letzter Zeit immer öfter, ob die Menschen hier in der Gegend eigentlich wissen, wie gut es ihnen geht. Mein Eindruck ist leider, dass viele voller Neid nach Seehof oder Sigridshorst schauen, wo eine Familie nach der anderen ein großes Townhouse bauen lässt. Der Mensch scheint nie zufrieden mit dem, was er hat, weil er nicht erkennt, wie viel er eigentlich besitzt.«

      Sabine Hartmann stellte die Getränke auf den Couchtisch und atmete seufzend aus. »Ach Thomas, musst du schon wieder damit anfangen? Lass doch die Leute denken, was sie wollen. Wenn sie sich ein größeres Haus wünschen, ist das doch in Ordnung. Jeder hat Wünsche, Träume und Hoffnungen.« Sie goss Mineralwasser in vier Gläser und setzte sich an den Rand des Sofas. Ihre Lippen formten sich zu einem schmalen Strich.

      Thomas Hartmann winkte ab. »Ja, meinetwegen soll jeder nach seiner Façon unglücklich sein! Aber dann sollen sie wenigstens aufhören, auf denen herumzutrampeln, die so viel schlechter dran sind als sie selbst.«

      Glander beschloss, dieser sozialpolitischen Debatte einen Riegel vorzuschieben. Er hatte weder Zeit dafür noch Interesse daran. So bat er den Nachbarn um eine möglichst detaillierte Beschreibung der beiden Toten und der Situation, in der sie sich befunden hatten. Eifrig schilderte der selbst berufene Sozialarbeiter, was er wusste.

      »Ungefähr im November tauchte hier eine kleine Gruppe von obdachlosen Frauen auf und richtete sich in der leeren Lagerhalle ein, von der ich dir erzählt habe. Ihre Anführerin heißt Mileva und ist Albanierin oder Serbin, genau weiß ich das nicht. Sie hat bislang jeden Versuch meinerseits, ihr und den anderen Frauen zu helfen, schroff abgewiesen. Ich nehme an, sie hat irgendwelche СКАЧАТЬ