Ein Arzt als Patient. Wolfgang Wild
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Название: Ein Arzt als Patient

Автор: Wolfgang Wild

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

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isbn: 9783957440846

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СКАЧАТЬ die übrigen Sportfreunde und bald begann das Spiel. Nach etwa zehn Minuten fühlte ich einen blitzartigen Schmerz im linken Bein. Zunächst dachte ich an eine Muskelzerrung und ging ins Tor. Aber auch dort konnte ich nur kurze Zeit bleiben. Der Schmerz nahm zu, und der vom Spiel warme Schweiß wurde von kaltem abgelöst. Ich verabschiedete mich nur mit einer Handbewegung und verließ die Halle. Keiner der Mitspieler wusste zu diesem Zeitpunkt, warum ich so plötzlich verschwand. Auch ich ahnte nicht, dass es ein Abschied für immer sein sollte.

      Die Heimfahrt war abenteuerlich. Ich legte das schmerzende Bein auf das Armaturenbrett, weil ich annahm, dass eine Hochlagerung Linderung bringen könnte. Natürlich war das nur meine Hoffnung als „Patient“, denn der Arzt in mir sagte: „Bei einem Verschluss der Beinschlagader (Embolie) ist es egal, wie man das Bein lagert.“

      Trotzdem versucht man als Arzt, den Gedanken, eine Embolie erlitten zu haben, zu verdrängen. Natürlich gelang mir das nicht, und der Schmerz nahm weiter zu.

      Zu Hause angekommen, fragte mich meine Frau: „Warum kommst Du denn schon zurück?“

      „Ich habe eine Embolie“, sagte ich, als würde es sich nur um eine Bagatelle handeln. Kurzes Schweigen ihrerseits, dann sagte sie: „Damit scherzt man nicht!“

      Doch nach Scherzen war mir nicht zumute; sie entnahm es meinem schmerzverzerrten Gesicht. Als ehemalige Operationsschwester erkannte sie auch sofort die Gefahr, nahm das Telefon und erkundigte sich, wer gerade in der Klinik, in der sie einmal tätig gewesen und noch immer gut bekannt war, gefäßchirurgischen Dienst hatte.

      Nun sollte ich an diesem Abend auch mal Glück haben: Der Chefarzt der Gefäßchirurgie war selbst am Apparat, und eine halbe Stunde später waren wir bei ihm.

      Viele Jahre hatte ich im Krankenhaus gearbeitet und den größten Teil meines Lebens alles unter Kontrolle gehabt. Aber heute war es anders. Mein Schicksal lag nun zum ersten Mal in den Händen anderer. Mir war klar, was schief gehen konnte, ich kannte alle Probleme13, aber ich hatte keine Wahl.

      Mit zunehmenden Schmerzen im linken Bein trafen meine Frau und ich auf der Gefäßstation ein, um kurze Zeit darauf vom Chefarzt dieser Abteilung untersucht zu werden. Mit dem Ergebnis, dass bei einer der drei Schlagadern, die den Unterschenkel und den Fuß mit Blut versorgen, kein Puls tastbar war. Der Arzt sagte: „Hier ist etwas runtergerutscht.“ Das war die harmloseste Umschreibung einer Embolie, eines Gefäßverschlusses, die mir je zu Ohren kam.

      Das, was ich wusste, aber nicht wahrhaben wollte, war nun Realität, und trotz der freundlichen Formulierung der Diagnose war mir klar, dass nur eine Notoperation das Bein erhalten konnte.

      Jetzt ging alles schnell: Zunächst musste ich zu einer Ultraschalluntersuchung. Inzwischen waren drei Stunden vergangen und die Schmerzen unerträglich geworden; ich brauchte schon während der Sonografie eine Schmerzspritze.

      Im Ultraschall wurde die Ursache der Embolie deutlich sichtbar. Es war ein Aneurysma, eine Ausbuchtung der Hauptschlagader im Kniegelenkbereich. Diese Gefäßveränderung steckte voller Blutgerinnsel. Eines davon war während meiner Aufwärmübungen, besonders durch die Kniebeugen, gelockert worden und hatte sich gelöst. Dabei war es in die größte der drei Schlagadern des Unterschenkels „runtergerutscht“. Da das Lumen – also der innere Durchmesser der Gefäße – zur Peripherie hin immer kleiner wird, blieb dieser Blutpfropf schließlich im Bereich des Knöchels stecken. Damit war das Gefäß verschlossen.

      Nun humpelte ich noch bis in einen Vorraum des Operationstraktes, wo ich notfallmäßig auf die Operation vorbereitet wurde. Dazu gehörten auch die vor jeder Narkose und Operation notwendigen Aufklärungsgespräche, die ich in meiner Lage als lästig und überflüssig empfand. In solch einer Situation hofft man auf schnelle Hilfe, und man stimmt allem zu.

      Da man mir keine Vollnarkose sondern eine sogenannte „Rückenstichnarkose“ verpasst hatte, bekam ich mit, wie man mich in den Operationssaal fuhr. Zum ersten Mal in meinem Leben stand ich nicht am Operationstisch, sondern lag selbst auf einem solchen.

      Im Saal war es relativ dunkel, trotzdem erkannte ich meine Frau und meinen Sohn. Sie durften anwesend sein, weil sie beruflich bedingt wissen, wie man sich in einem Operationssaal zu verhalten hat. Aber auch für sie war es eine neue Erfahrung, dass hier ein nächster Angehöriger operiert wird.

      Am Anfang wurde ich vom Narkosepersonal, ein Arzt und eine Schwester, unterhalten und abgelenkt. Später bekam ich einen Kopfhörer. Nun konnte ich nicht mehr die Gespräche der Operateure verfolgen, sondern hörte klassische Musik. Schließlich wurde ich doch noch voll betäubt, als sich, wie ich vermutete, eine Klemme von der eröffneten Schlagader löste, und ich mein Blut fontänenartig gegen die über mir befindliche Operationslampe spritzten sah.

      Es war schon in den frühen Morgenstunden des Nikolaustages, als ich allmählich, beim Rücktransport aus dem Operationssaal, erwachte. Während des Abtastens des operierten Beines mit dem rechten Fuß hatte ich den Eindruck, dass das kranke Bein schon in einer Holzkiste lag – so gefühllos, hart, kalt und hölzern fühlte es sich an. Nun dachte ich, die Operation sei misslungen, und ich könne an zukünftigen Nikolaustagen nur noch einen Schuh „raus stellen“. Natürlich weiß ich, dass ein Bein, welches fünf Stunden lang nicht durchblutet wird, in keinem anderen Zustand sein kann, aber – noch von der Narkose benommen – überwogen die Überlebensreflexe, und so klingelte ich nach einem Arzt.

      Es kam der Operateur selbst zu mir, der sich wohl gerade mal in seinem Nachtdienst hingelegt hatte. Natürlich tat es mir im Nachhinein Leid, ihn bemüht zu haben.

      Mit unterdrücktem Unverständnis und mäßiger Freundlichkeit bewies mir der Chefarzt mit einem Gerät, welches den Pulsschlag hörbar macht (Echo-, Ultraschall), dass alles regelrecht verlaufen war. Nun war ich beruhigt, obgleich mir klar war, dass es lange dauern konnte, bis sich Bewegung und Gefühl wieder normalisiert haben würden. Es konnten jedoch auch Restschäden verbleiben.

      Über einen Katheter im Rücken bekam ich Schmerzmittel. So waren mir ein paar Stunden Schlaf vergönnt.

      Als ich am Morgen erwachte, schätzte ich meine Lage13 und die Chance, das Bein behalten zu können, neu ein. Ständig überprüfte ich es, aber noch gab es keine Veränderung. Das operierte Bein lag weiterhin wie ein nicht zu mir gehöriger Gegenstand in meinem Bett.

      Bei Tageslicht konnte ich nun mein Zimmer betrachten. Es war ein Einzelzimmer, sehr klein und nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Ein Bett mit Nachttisch, ein Tisch mit zwei Stühlen, keine Gardinen und kein Fernsehgerät. Mir war klar – ich lag im Sterbezimmer! Gefragt habe ich natürlich nicht danach, aber ich war mir dessen sicher.

      Während meiner Kliniktätigkeit war ich oft als Konsiliarius in eine andere Klinik gerufen worden, um mit dem Stationsarzt in einem solchen Stübchen über die weitere Verfahrensweise mit einem todkranken Patienten zu beraten. Damals war es auch, da ich infolge einer Leberpunktion selbst als Patient zwei Tage auf dieser Station verbringen musste. In der Absicht, mir etwas Gutes zu tun, wollte man mich genau in dieses Zimmer legen, was ich aber abgelehnt und einen Aufenthalt in einem Mehrbettzimmer bevorzugt hatte.

      Im Jahr 1997 fiel der sechste Dezember auf einen Sonnabend. Somit begann das Sammeln meiner Erfahrungen als Patient in einer Klinik an einem Wochenende. Das merkte man an allen Prozeduren, obwohl ich noch keinen Vergleich zu einem Wochentag hatte.

      Bei Frischoperierten allerdings, wie ich nun einer war, kam natürlich der diensthabende Arzt mit einer Schwester auch am Sonnabend zur Visite.

      „Guten Morgen, Herr Kollege, wie geht es Ihnen?“

      „Wenn СКАЧАТЬ