100.000 km zwischen Anchorage, Neufundland, dem Pazifik und New Mexico - Teil 1. Erhard Heckmann
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СКАЧАТЬ und Umfängen bis zu 12 Meter. Es sind Riesen und Zeitzeugen, die Respekt einflößen und uns kleinen Menschenseelen in der Stille dieses wunderschönen Waldes sogar das Gefühl geben, von ihnen beschützt zu sein.

      Fünfzehn Kilometer weiter zu Port Alberni im Alberni-Tal beginnt die Pacific Rim Region. Der Ort selbst ist eine Stadt der Sägewerke, ziemlich langgezogen und durch das Alberni Inlet, dem längsten Fjord auf Vancouver Island, mit dem Ozean verbunden. Der geschäftige Hafen ist jedoch nicht nur Ausgangspunkt zu einigen der besten Fischgründe dieser Welt, sondern lockt auch Touristen auf einen Frachter, der die kleinen Orte in der langen Bucht und dem Barkley Sound ansteuert. Nicht gerade komfortabel, aber bei gutem Wetter eine sehr interessante Tagestour. Früher lebte die fast 20.000 Einwohner fassende Stadt mit Tiefseehafen, Casino, Airport, Shopping Mall und Farmers Markt (samstags) nur von Holz und Bergwerken, doch inzwischen dirigiert auch der Tourismus den Rhythmus, den ganz besonders die „Fisher“ bestimmen, weil in diesen Gewässern auch alle fünf Arten der Pazifk-Lachse schwimmen.

      Neunzig Kilometer weiter, wo unsere westwärts ziehende „4“ bei Long Beach nach Norden abknickt um in Tofino ihren letzten Meter zu vollenden, drehen wir nach Süden, um einen Abstecher nach Ucluelet am Barcley Sound zu machen. Das einstige Holz- und Fischerdörfchen am Ende der Straße feierte an diesem Sonntag zufällig sein Lachs-Festival, und bei einem solchen steht immer auch ein „Fish-Derby“ im Mittelpunkt. Daraus folgt zunächst, dass jeder mögliche Parkmeter entlang der Straße kreuz und quer mit Pick-ups zugestopft ist, und dass die Durchsagen von Siegernamen, Maßen und Gewichten im Gejohle, Klatschen und der kreischenden Lautsprechermusik völlig untergehen, obwohl man diejenigen, die sich dort um den Moderator drängen wahrscheinlich an zehn Händen locker abzählen könnte. Touristisch fühlt sich hier wohl nur der Angler wohl, zumal der Wild Pacific-Trail hier noch auf seine Vollendung wartet. Bekannt ist Ucluelet allerdings schon jetzt für die Wanderung der Grauwale, die im Frühjahr und Herbst mit bis zu 20.000 dieser Giganten die Küstengewässer durchpflügen, wenn sie auf ihrer jährlichen Reise zwischen den Gebärgründen in Mexiko und den Gewässern am Polarkreis ihren Standort wechseln. Für uns waren diese grauen Riesen 2010 ebenfalls ein wichtiger Grund um Tofino, und dort „Jamie’s“ anzusteuern, denn in Sachen „Wale Watching“ haben beide, die Gegend und die Firma, einen sehr guten Namen, während das Fish-Derby uns so wenig beeindruckt wie der Rummelplatz.

      Gegen 19 Uhr rollen wir daher schon auf einen Campingplatz, dessen naturbelassener langer Strand mit viel Treibholz hier die Regel ist. Ein Schönheitsfleck: Wegen der Nähe zu Tofino sind die Standplätze so knapp bemessen, dass man besser schon vorher zu einem anderen abbiegt. Insgesamt war die heutige Fahrt aber sehr schön, das Verkehrsaufkommen ab Port Alberni, wo die Straße zu kurven beginnt, für kanadische Verhältnisse jedoch ungewohnt. Der Grund: Die Küstenstadt ist für die Insulaner ein anziehender Ferienort, und die „4“ die einzige Straße, die zu ihm führt. Aber wer hier unterwegs ist – richtig eng, kurvig und bergig wird es erst auf den letzten dreißig Kilometern – der hat auch Zeit dafür.

      An Tofinos Küste brechen sich nicht nur die Wellen aus Japan, der Ort ist auch bekannt für Walbeobachtungen und gilt als der beste Ausgangspunkt für Touren in den Pacifik Rim Park. Bären gibt es hier auch, aber nur die Schwarzen, und die sind wegen der Krabben auch am Strand zu finden. Uns interessieren sie hier nur am Rande, während die Wale unser Hauptargument waren, um überhaupt nach hier zu kommen. „Jamies Whaling Station“ war dagegen nur eine logische Entscheidung, denn sie gilt an dieser Küste als der Pionier und ist seit Jahrzehnten auch ab Ucluelet im Geschäft. Zodiaks oder das Zwanzigmeterboot „Leviathan II“? Wir zogen die große Version vor, denn wie negativ sich feuchtes Wetter und morgendliche Nebel auf die empfindlichen Videokameras auswirken können, das hatten wir auch schon erfahren. Letztlich spielte aber diese Überlegung auch keine Rolle, denn die Tour war, wie es der Volksmund formuliert, „vollkommen für die Katz“. Anfangs zäher Nebel, danach weder Graunoch Buckelwale dort, wo das Schiff nach ihnen suchte, und am Ende eine Herde Robben, die mit erstaunlichem Tempo die Felsen ansteuerte, auf denen weitere Exemplare ihrer Art fett und faul den Tag zu betrachten schienen. Ob zutraf, dass sich die gigantischen Meeressäuger in diesem Jahr nicht so ganz genau an ihre Hauptwanderzeit hielten, oder ob das Schiff ganz einfach nur zur falschen Zeit am falsche Ort war, spielte dann auch keine Rolle mehr. Fazit: 228 $ für drei Stunden frische Seeluft, allerdings für zwei Personen.

      Tofino selbst liegt am oberen Ende des Pacifc Rim National Parks, den 1.000 Jahre alte Regenwälder, menschenleere Naturstrände und raue See prägen. Südlich des Barkley Sounds beginnt (oder endet) bei Bamfield der 77 Kilometer lange West Coast Trail, der durch diese Regenwald-Wildnis führt und bis zu seinem südlichen Ende zu Port Renfrew den Wanderer auf eine harte Probe stellt. Dass die Sonne oft Stunden braucht, um die Nebelschwaden zu vertreiben, nehmen die Menschen eher gelassen. Hier lebt jeder wie er will, doch respektiert er dabei seine Nachbarn und akzeptiert auch neuere Abenteurer wie die internationale Szene der Surfer, die am legendären Long Beach Strand auf die richtige Welle wartet. Das muss wohl auch so sein, denn Tofinos Einwohner sind ja auch der Meinung, dass sie in der Welthauptstadt der guten Laune leben. Nachdenklicher stimmt mich allerdings, was mir der Indianer Joh Martin sagt, der kunstvolle Gegenstände schnitzt und auch den alten Bootsbau noch beherrscht: „Wenn du ein Kanu bauen kannst, dann bist du frei, denn dann kannst du auch den großen Reichtum nutzen, den die Natur dir bietet.“

      Nach „Fisch und Chips“, einer ordentlichen Portion Heilbut für je 12 $, verlassen wir gegen Nachmittag das Touristenörtchen und machen uns auf den „Heimweg“, denn in zwei Tagen soll uns die vorgebuchte Fähre von Victoria hinüber nach Port Angeles im amerikanischen Bundesstaat Washington bringen. Eile bestand zwar nicht, aber wie gut es ist, zeitliche Reserven zu haben, das sollte sich schon am gleichen Abend auf dem sehr schönen Campingplatz im Little Quallicum Falls Provincial Park zeigen. Dort hatte ich gegen 18 Uhr unsere Selbstregistrierung erledigt, den Obulus in die eiserne Box eingeworfen und war zum Fahrzeug zurückgegangen wo wir beschlossen, vor dem Grillen noch einen Rundgang zu unternehmen. Der Rest ist schnell erzählt. Die Tür fiel ins Schloss, das Auto war zu, der Schlüssel drinnen und wir draußen. Was ich nie tue, war passiert: Beim Notieren der Kilometer hatte ich den Schlüssel vor mir auf den Sitz gelegt und beim Aussteigen die Türsicherung nach unten gedrückt. Glück im Pech: Die Parkrancherin Carmen fuhr an diesem Abend eine Kontrollrunde und rief über Funktelefon aus einem der Küstenorte einen „Lock-Smith“, der eine Stunde später eintraf, innerhalb von Sekunden die Tür öffnete und mit siebzig Dollar einen mehr als fairen Preis verlangte. Das Unglaubliche aber kam zu Schluss: Carmen kam nochmals wieder und brachte mir meine 20 $ Übernachtungsgebühr mit der Bemerkung zurück: „Dieser Tag ist für Dich schon teuer genug.“ Glück hatten wir auch am nächsten Tag in Victoria: Das Grand Royal Pacific Hotel löste unser Übernachtungsproblem für 18 $ mit einem Standplatz beim Partnerhotel „Royal Scotts“, und am nächsten Morgen bekam Sabine als Geburtstagskind auf der Black Ball Fähre MV Coho, die bis zu 1.000 Passagiere und 115 Autos nach Port Angeles mitnehmen kann, ein Freiticket. Bei der hilfsbereiten Rancherin haben wir uns zum folgenden Weihnachtsfest entsprechend bedankt, und wie jene Reise weiterging, erzählt ein späteres Kapitel, denn hier machen wir wieder den Sprung zurück in das Jahr 2000, als sich mein Busnachbar John zu Campbell River verabschiedet und mir seine Visitenkarte mit den Worten reicht „wenn Du wiederkommst und Zeit hast …“ Dann tippt er sich mit dem rechten Zeigefinger an die Hutkrempe, wirft seine Tasche über die linke Schulter und schlürft zu seinem geparkten roten Pick-up. Er wohnt in Gold River und hat auf der „28“ noch 90 Kilometer vor sich. Diese Fahrt führt ihn auch durch den nördlichen Teil des Strathcona Provinzparks, in dessen Grenzen sechs der sieben höchsten Inselberge, alpine Seen, Wildblumenwiesen, Wasserfälle und schöne Wanderwege zu finden sind.

      Wir wechseln in Campbell River, wo Autofähren die nahem Ziele Quadra, und das für seine sanften Seen und rauen Schluchten bekannte Cordes Island offerieren, nur den Bus. Bei Sayward beginnt die eigentliche Nordinsel, und als das Ortsschild Woss vorbeihuscht sind wir im Nimpkish Valley von einsamen Waldregionen mit uralten Zedern und Fichten umgeben und von der Küste sehr weit entfernt. In diesem Berggebiet brummt der Bus auf und ab bevor es für ihn an der Ostseite des Nimpkish Lakes wieder leichter wird und kurz später ein Abzweig СКАЧАТЬ