Название: Germany´s next Topmutti
Автор: Anja Lerz
Издательство: Автор
Жанр: Секс и семейная психология
isbn: 9783865068750
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Bei anderen Freunden von uns arbeitet die Frau in Vollzeit und der Mann zeitweise als Freiberufler von zu Hause – neben der Kinderbetreuung. Der Sohn genießt nachmittags die kleinen Fußballtrainings im Garten mit seinem Papa, und allen vieren läge der Gedanke ziemlich fern, dass Mama es irgendwie besser gemacht hätte, wenn sie statt Papa die Kinderbetreuung übernommen hätte.
Eine dritte Familie musste in der dreijährigen Elternzeit, für die sich unsere Freundin entschieden hatte, ihre gesamten Ersparnisse aufbrauchen, weil das Einkommen des Mannes, trotz bescheidenen Lebensstils, nicht reichte. Die Frau musste – und wollte auch gern! – in ihre alte Firma zurück. Am liebsten halbtags, um ihre Kinder mittags aus dem Kindergarten abholen zu können. Der Chef stellte sich quer, wollte sich zunächst gar nicht auf eine Teilzeitanstellung einlassen und stimmte erst durch die Androhung eines Gerichtsverfahrens einer 30-Stunden-Woche zu. Was teils an persönlicher Unflexibilität, teils auch an den speziellen Anforderungen dieses Arbeitsplatzes liegt, in jedem Fall aber meiner Meinung nach ein Thema ist, in dem sich noch viel bewegen darf. So lange in vielen Familien gar nicht beide in Vollzeit arbeiten und ihre Kinder bis abends betreuen lassen wollen, es häufig und in vielen Branchen aber unmöglich ist, Teilzeitstellen zu finden, so lange gibt es eben keine Wahlfreiheit für Familien. Ganz zu Hause zu bleiben oder voll zu arbeiten sind für viele nicht die Alternativen, die sie sich wünschen und von denen sie den Eindruck haben, dass sie allen Familienmitgliedern guttun. Jetzt arbeitet unsere Freundin mal bis mittags, mal bis nachmittags, die Kinder sind in der Nachmittagsbetreuung.
Allein aus unserem engeren Freundeskreis sind das drei Familien mit drei verschiedenen Modellen. Manches ist selbst gewählt, anderes bestimmten Gegebenheiten geschuldet. Jede Familie musste diskutieren, ausprobieren, ihren Weg finden – und lebt nächstes Jahr vielleicht schon wieder anders. Alles hat seine schönen Seiten, alles hat seine Schwierigkeiten.
Ich finde es sehr legitim und lobenswert, auch drei, fünf oder zwölf Jahre lang für Kinder auf bezahlte Arbeit zu verzichten, wenn es finanziell drin ist. Egal, ob als Mama oder Papa. Auch unabhängig von der Aufmerksamkeit, vom offenen Ohr, für die Kinder finde ich es schön, wenn Zeit da ist: für Ehrenamt und Engagement, für kranke Nachbarn und Gespräche unter Freunden und Bekannten, die alle auch ein Netz weben in unserem Land, das sich im durchgetakteten Arbeitsstress sonst gar nicht aufrechterhalten lässt. Mir tut es oft leid, und ich bin erstaunt, wie sehr Hausfrauen oder gar Hausmänner das Gefühl haben, sich rechtfertigen zu müssen, wenn sie sich für dieses Modell entschieden haben.
Allerdings muss ich gestehen, dass ich kürzlich verblüfft war, als Bekannte ein Kind erwarteten und ich den Eindruck hatte, sie waren gar nicht auf den Gedanken gekommen, es könnte auch andere Rollenaufteilungen geben. Kind kommt, also ist Mama in den nächsten Jahr(zehnt)en dafür hauptverantwortlich – so klang ihre selbstverständliche Gleichung. Das schien für beide so wenig anders denkbar zu sein, dass ich mich kurz fragen musste, wie all die Debatten an ihnen vorübergehen konnten. Die bewusste Entscheidung, dass einer der Partner für Haus und Familie und der andere für das Einkommen verantwortlich ist, erspart ja in der Tat viele lästige Diskussionen. Je klarer die Aufgabenverteilung, desto weniger Excel-Tabellen, hektische Anrufe und notwendige Absprachen im Alltag. Noch besser, wenn einer der Partner sich in der Hausarbeit und Kindererziehung wohl und ausgefüllt fühlt. Aber sich vorher gar nicht erst Gedanken zu machen kann auch zu Frust führen, fürchte ich. Wenn frau (denn die ist es in der Regel ja immer noch) sich gar nicht konkret vorgestellt und dafür entschieden hat, ihre Vormittage – zumindest anfangs – überwiegend mit Bauklötzchen und Babybrei zu verbringen, während ihr Mann in spannenden Projekten steckt, sich persönlich weiterentwickelt und womöglich um die Welt jettet, kann das zur schmerzhaften Landung in der Wirklichkeit führen und zu dem Gefühl, ungewollt in diese Rolle gedrängt worden zu sein.
Wie immer der Familienalltag aussieht, ich bin überzeugt, dass Gott seinen Weg mit jeder Familie geht. Wir sind frei, zu überlegen und zu fragen, wie wir als Familie mit Gott leben wollen und können und sollen. Wie Gott uns individuell gestrickt hat. Welche Aufgaben er uns vor die Füße legt.
„Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid mutig und stark“, schreibt Paulus an die Korinther (16,13), und ich finde das ziemlich passend, auch für alle unsere Fragen nach einem guten Familienmodell hier und heute. Ich will wachsam bleiben und ehrlich. Will mir nichts vormachen. Und dafür will ich mir immer wieder einmal Fragen stellen:
- Tut unser Modell wirklich unseren Kindern gut? Kommen sie an irgendeiner Stelle zu kurz? Habe ich die beste Beziehung zu meinen Kindern, die in meiner Hand liegt?
- Tut unser Modell uns als Eltern gut?
- Steht unser Einkommen zu sehr im Mittelpunkt? Wäre es möglich und wäre es dran, unsere Arbeitszeiten zu verkürzen?
- Denken wir kreativ genug? Gäbe es noch ganz andere Alternativen und Ideen zu dem, wie wir heute leben? Wünschen wir uns eigentlich noch etwas ganz anderes? Können wir etwas ändern, oder müssen wir gut gelaunt das Beste daraus machen?
- Sind wir mutig genug, andere Wege zu gehen als unser Bekanntenkreis? Oder auch anders, als unsere inneren Idealbilder, irgendwelche Vorstellungen aus Gemeinde oder Gesellschaft uns vorgeben wollen?
Mutig und stark müssen wir für alle Überlegungen, wie wir Familie heute leben wollen, vielleicht sein. Aber ich finde, Paulus klingt zuversichtlich, dass wir das schaffen. Und vielleicht beflügelt uns dabei auch die Freude darüber, dass wir heute die Freiheit haben, alle Möglichkeiten zu denken, manches auszuprobieren, unsere Begabungen zu leben – und anderen Familien zu gönnen, ganz anders zu leben.
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