Название: Ungelöste Rätsel
Автор: Reinhard Habeck
Издательство: Автор
Жанр: История
isbn: 9783990403921
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Pyramide von Kukulkan, Mexiko
Pyramide Koh Ker, Kambodscha Unten: Pyramide von Oberneustift, Österreich
Das berühmteste Monument ist zugleich das ungewöhnlichste und älteste: die Pyramide von Hellenikon. Ihre Mauern aus Kalkstein ragen noch heute drei Meter hoch auf. Aus dem 55 Grad Neigungswinkel der noch vorhandenen Seitenflächen lässt sich ermitteln, dass das Baudenkmal grob acht Meter hoch gewesen sein muss.
Die Ruine erinnert verblüffend an einen anderen ungewöhnlichen Pyramidenbau, dem ebenfalls die spitze „Krone“ – das Pyramidion – inzwischen abhanden gekommen ist. Der Kultbau befindet sich wiederum in einer für steinerne „Spitzkuchen“ untypischen Landschaft, nämlich in Südfrankreich, nur wenige Kilometer nördlich der Hafenstadt Nizza.
Die Pyramide von Falicon
Pyramiden in Frankreich? Da fällt einem zuerst die Glaspyramide im Innenhof des Louvre in Paris ein. Sie ist fast 22 Meter hoch und wurde Mitte der 1980er-Jahre errichtet. Weltberühmtheit wurde das Kunstwerk mit dem Kinothriller „The Da Vinci Code – Sakrileg“ aus dem Jahre 2006. In der Verfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Dan Brown markiert die Pyramide genau jene Stelle, wo sich laut Drehbuch tief unter der Erde die Gruft Maria Magdalenas verbirgt.
In der Hügellandschaft nahe der südfranzösischen Gemeinde Falicon versteckt sich ein Pyramidenrätsel.
Fantasy, gewiss. Wie aber verhält es sich mit jenem sonderbaren Pyramidenbau nahe Nizza, der von irgendjemand irgendwann bewusst über unterirdischen Hohlräumen errichtet wurde? Die Fachliteratur kennt das Denkmal unter der Bezeichnung „Pyramide von Falicon“. Ein recht großzügig gefasster Begriff … Wer das Dorf Falicon anpeilt, wird ernüchtert feststellen, dass man sich zwei Kilometer östlich vom tatsächlichen Standort entfernt befindet. Erstmals hatte ich als Jugendlicher bei Robert Charroux (1909 – 1978) über die französische Pyramide gelesen. In seinem Buch „Meister der Welt“ vermerkt der französische Schriftsteller: „100 Meter vom Gipfel entfernt erhebt sich die Pyramide. Sie ist aus Quadersteinen errichtet, die mit Zement verbunden sind. Die Qualität des Zements ist besser als jene des römischen. Die Kanten der Pyramide sind ungleich, da sie auf einem steilen Abhang liegt. Sie erhebt sich über einer großen Höhle, die sich gleich einem riesigen, abgrundtiefen Rachen mit einem Durchmesser von 2 bis 3 Metern öffnet.“
Der in den Stein aufgebrochene Eingang an der südostseitigen Front soll ursprünglich mit einem Eisentor versiegelt gewesen sein. Es heißt, dass bis 1921 ein hakenkreuzartiges Swastika-Symbol über dem Giebel sichtbar war, das zerstört oder geraubt wurde. Ältere Erzählungen wissen außerdem von einer „unlesbaren“ antiken Inschrift, die seit 1901 fehlt. Wer war der Baukünstler?
Die Ratapignata-Grotte
Die Lage der Pforte erlaubt einen besonderen Lichteffekt. An Sommertagen beleuchten Sonnenstrahlen zwischen zehn und zwölf Uhr eine mächtige Kalzitsäule, die das Gewölbe des unterirdischen Saales trägt. Sie zeigt mit etwas Fantasie das Porträt eines Mannes im Profil. Das Betreten der Höhle Ratapignata, wörtlich „Fledermaus-Grotte“, ist nicht ungefährlich. Die Pforte wurde vom Pyramidenerbauer so angelegt, dass ungebetene Besucher sofort mehrere Meter senkrecht hinunter in den Grottenschlund stürzen. Hier kommt man nur mit Strickleiter, Höhlen- und Bergsteigerausrüstung weiter.
Pforte in die Grotte Ratapignata
Das Innere gleicht einer Kathedrale aus Stalagmiten und Stalaktiten, die in bizarren Formationen vom Boden und der Decke wachsen. Sie dienen heute ausschließlich Schwärmen von Fledermäusen als Behausung. Das war nicht immer so. Eine Art Tabernakelstein, schachtartige Vertiefungen und sieben Stufen, die gezielt von Menschenhand aus dem Fels herausgehauen wurden, geben Zeugnis davon. Der tempelartige Raum ist 22 Meter lang und misst an der breitesten Stelle etwa 15 Meter. Durch schmale Öffnungen gelangt man zu kleineren Hohlräumen, die eine Etage tiefer liegen. Zahlreiche Felsspalten, teils verschüttet, teils zu eng für Erkundungen, nähren die Gerüchteküche, wonach es noch etliche bisher unerforschte Geheimgänge geben soll, die bis an die Riviera führen. Die lokale Bevölkerung weiß von einer Volkssage, wonach einst eine Katze in die Höhle geworfen wurde, die schließlich über die Kanalisation im Hafen von Nizza wieder ans Tageslicht kam. Ein Ammenmärchen? Indes vielleicht mit wahrem Kern?
Die Unterwelt der Pyramide von Falicon führt 17 Meter in die Tiefe.
Tollkühne Spekulationen
Domenico Rossetti: Pyramiden-Entdecker oder Bauherr im Auftrag der Freimaurer?
Über das Alter und den Zweck des Bauwerkes wurden viele kühne Thesen verbreitet. Fantasten glaubten, es handle sich um das Grab eines ägyptischen Pharaos, der in Südfrankreich im Exil lebte. Andere erklärten, römische Legionäre wären die Bauherren gewesen und hätten im Inneren der Grotte einen Tempel zur Einweihung und Anbetung des Sonnenheros Mithras errichtet. Im Mittelalter soll die Stätte Leprakranken und Eremiten als Zufluchtsort gedient haben. Erzählt wird, der heilig gesprochene Ordensgründer Étienne de Muret alias Stephan von Thiers (um 1044 – 1124) hätte in der Höhle als Einsiedler gelebt. Da im 12. Jahrhundert angeblich Tempelritter in Falicon gewohnt haben sollen, wurde auch darüber spekuliert, die Felsgrotte beherberge geheime Verstecke mit einem Schatz des Ordens. Bis heute hält sich das Gerücht, im Untergrund seien Einweihungsriten für Geheimbünde und esoterische Mysterienkulte zelebriert worden.
Nichts von alldem lässt sich stichhaltig belegen. Und doch ist die Bestimmung der Stätte bis heute ungeklärt. Als historisch gesichert gilt, dass der italienische Literat, Anwalt und Forscher Domenico Rossetti (1772 – 1816) – nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter Graf Domenico Rossetti de Scander – bei seinem Aufenthalt in Nizza die Stätte entdeckt und erforscht hat. Das war anno 1803. Die Begeisterung darüber hat der Gelehrte im Gedicht „La Grotta di Monte Calvo“ zu Papier gebracht und 1811 in Turin veröffentlicht. Darin enthalten ist eine Grafik, die Rossetti mit der Pyramide (damals noch unversehrt mit Spitze) zeigt. In dieser Zeit wurde der Fundort in regionalen Reiseführern aufgelistet. Historische Dokumente belegen, dass Einheimische damals interessierten Besuchern Leitern vermietet hätten, damit diese ins Innere der Grotte Ratapignata steigen konnten. Frühere schriftliche Aufzeichnungen sind nicht bekannt. Für die meisten Archäologen steht daher fest: Das Denkmal kann nicht viel älter sein und wurde vermutlich in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts errichtet. Anders die Höhle selbst: Sie ist uralt und könnte bereits Menschen der Vorzeit als Unterschlupf gedient haben.
Manche Forscher unterstellen, Rossetti sei selbst der Architekt der Pyramide gewesen. Der Italiener war Logenbruder der Freimaurer, studierte Hebräisch und Griechisch und könnte – so wird spekuliert – mit dem für den Männerbund bedeutsamen Pyramidensymbol den Höhleneingang markiert haben.
Verzögerte Wertschätzung
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