Zwei gegen Ragnarøk. Hans-Jürgen Hennig
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Название: Zwei gegen Ragnarøk

Автор: Hans-Jürgen Hennig

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783961456390

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      Dann wandte er sich Saida zu, die in eine Decke gerollt, immer noch auf dem Stroh lag.

      Mit Saida auf seinen Armen, lief Djarfur ziellos umher. Ihm war nicht bewusst, wonach er suchte. Er wusste nur, dass er seine Last nicht loslassen wollte, aber er wusste auch, dass er die Liebe seines Lebens hier, in dieser Ödnis, zurücklassen musste.

      Schließlich fand er eine Mulde, die mit hohem Gras umwachsen war. Sie war gerade so groß, dass er Saida hier der Ewigkeit übergeben konnte. Djarfur legte sie sanft ins Gras und kniete neben ihr nieder.

      Ein letztes Mal streichelte er Saidas Gesicht, berührte mit seinen Lippen, ganz zart, ihren Mund und den Talisman, den sie um ihren Hals trug.

      Es war genau der gleiche, der auch an Einurds silberner Kette hing. Mühsam unterdrückte er die aufsteigende, Bitterkeit und zwang sich, Steine zu sammeln, aus denen er den Umriss eines Bootes nachbaute und mit denen er schließlich Saida bedeckte. Als er dabei war, die letzten Steine auf ihren Körper zu legen, übermannte ihn doch noch einmal seine Trauer und er fiel auf die Knie. Zornig schwang er seine Fäuste in den Himmel und rief: „Götter, ihr habt sie mir zu früh genommen, aber ich bitte euch, gebt ihr einen guten Platz, gebt ihr Frieden, sonst werdet ihr mich kennen lernen!“

      Später saßen sie wieder zu dritt in der Hütte, am Feuer. Die Männer hingen schweigend ihren Gedanken nach und Einurds Augen wanderten forschend, abwechselnd, von einem Mann zum anderen. Irgendwann hob Djarfur sein Kopf und machte ein nachdenkliches Gesicht.

      „Leif, sag mal, wie lange sind wir schon hier auf dieser verfluchten Insel? Wir haben doch lange geschlafen und jetzt habe ich meine geliebte Saida begraben. Fällt dir nicht etwas Merkwürdiges hier auf?“

      Leif überlegte, schaute sich um, dann blieb sein Blick an der Tür hängen und er stand auf. Mit den Worten: „Ich ahne, was du meinst“, öffnete er die Tür, zeigte mit einer Hand nach draußen zum Himmel. „Meinst du das? Ich sehe immer das gleiche Licht und keine Sonne. Es wird weder dunkler noch heller.“

      Djarfur nickte. „Genau das meine ich. Was ist das für eine Insel? So etwas gibt es doch gar nicht, oder wir sind …“

      Leif unterbrach ihn mit nur einem Wort: „Hel.“

      Djarfur schaute ihn aus seinem Auge scharf an und sah wie Leif vor Angst zu schlottern begann. Einurd schaute nun ihrerseits auch ängstlich auf ihren Vater. Auch sie kannte aus seinen Erzählungen Hel, das Reich des Todes. Djarfur nahm Einurd schnell in die Arme und drückte sie.

      „Meine kleine Taube, hab keine Angst. So lange ich lebe und Leif lebt, so lange sind wir nicht im Reich der Toten, und so war ich Djarfur bin, ich werde uns nach Hause bringen.“

      „Pst, seid mal still, hört mal!“, rief Leif plötzlich, „ich glaube, ich habe einen Raben krächzen gehört.“

      Einurd und Djarfur schauten auf und lauschten – Stille.

      „Djarfur, ich schwöre dir, ich habe einen Raben gehört, wirklich“, dann senkte Leif den Kopf und schaute wieder teilnahmslos in das Feuer.

      Djarfur dachte: „Ob ihn der Traum so zugesetzt hat? Er hört hier einen Raben, aber die fliegen doch nie so weit von der Küster entfernt.“ Dann stutzte er, hielt er den Kopf etwas schräg und lauschte auch. Als er plötzlich auch einen Raben krächzen hörte, durchfuhr es ihn wie ein unverhoffter Stoß in die Rippen. Er sprang auf und lief zur Tür hinaus, einmal um die Hütte herum und dann eine größere Runde, bis hinunter an das Meer; aber kein Rabe war mehr zu sehen. Djarfur war sich jedoch ganz sicher, dass er den Raben auch gehört hatte.

      Er schüttelte den Kopf und ging langsam zurück zur Hütte. „Wir sind nicht zufällig hier gelandet“, ging es ihm durch den Kopf „und auch die Nornen mit ihrer Weissagung in der Nacht sind kein Zufall. Irgendwer oder irgendwas versuchte hier unser Schicksal zu lenken.“

      Er grübelte weiter: „Wenn es die Nornen nun wirklich gibt, dann habe ich auch einen realen Raben krächzen gehört, aber wer kann einen Raben so weit über die See fliegen lassen?“

      Djarfur schüttelte wieder den Kopf.

      „Odin? … Nein, welches Interesse sollte Odin an uns schon haben?“

      Er hatte die Hütte wieder erreicht und öffnete die Tür. Grade wollte er seinen Fuß hineinsetzen, da hörte er wieder einen Vogelruf. Sein Kopf flog herum und sein Auge suchte den Himmel ab.

      Djarfur erblickte eine riesige Möwe, die langsam einen Kreis über der Hütte zog.

      Er rief in die Hütte: „Leif, komm raus, packt alles zusammen, wir müssen fahren. Hörst du? Da ruft eine Möwe!“

      Leif und Einurd standen augenblicklich neben ihm und suchten mit ihren Augen den Vogel.

      „Ja, du hast Recht, aber das ist keine gewöhnliche Möwe“, flüsterte Leif. „Sieh nur wie groß sie ist. Das ist der Eissturmvogel. Meinst du, das wäre ein Zeichen?“

      „Ja, davon bin ich überzeugt, so wie hier auf dieser verfluchten Insel alles Zeichen waren, eines nach dem anderen, selbst der Rabe, den ich nach dir auch gehört habe. Lass uns sofort packen und verschwinden.“

      So schnell sie konnten, luden sie ihr Gepäck in das Boot und stießen endlich erleichtert vom Ufer an.

      Wieder schauten sich Leif und Djarfur irritiert an, als ein kräftiger Wind in das Segel fuhr und das Boot rasch an Fahrt gewann. Bis zu diesem Moment hatte Flaute geherrscht, kein Lüftchen war zu spüren gewesen und nun plötzlich ein guter Wind zum Segeln.

      Die Richtung war den Männern noch nicht klar und Djarfur sprach aus, was sie beide dachten: „Nur raus aus diesem Dämmernebel, dann werden wir schon sehen.“

      Sie waren eine kurze Strecke mit dem Wind gesegelt, da lichtete sich der Nebel, nein er verschwand einfach, in einem Augenblick.

      Leif deutete nach hinten und Djarfur drehte sich um. Er glaubte seinem Auge nicht zu trauen, aber hinter ihnen hatte sich der Nebel restlos aufgelöst und die plötzlich klare Sicht zeigte ihm, dass mit dem Nebel auch die Insel, verschwunden war.

      „Es gibt sie also doch, diese Nebelinsel aus den Erzählungen der Alten“, ging es ihm durch den Kopf. Und da waren die Worte der Nornen plötzlich wieder in seinen Gedanken und Ragnarök, das Sterben der Götter!

      „Ob uns das jemals einer glauben wird?“, rief er Leif zu.

      Der Wind kam günstig und Leif hatte, mit Hilfe der Sonne, ihren Kurs neu bestimmt. Beide Männer wechselten sich jetzt ständig an den Rudern ab, so dass ihr Boot zügig Fahrt machte.

      Nur kleine, weiße Federwölkchen bedeckten noch den Himmel und die Sicht war klar. Die Sonne hatte noch nicht ihren Zenit erreicht und so wussten sie, dass sie noch heute den heimatlichen Fjord erreichen würden. Diese Erkenntnis spornte ihre Kräfte beim Rudern noch mehr an und das Boot fuhr mit höchster Geschwindigkeit dem Ziel entgegen.

      Einurd jauchzte sogar manchmal auf, wenn sie von einer Welle besonders hochgehoben wurden und anschließend das Boot mit lautem Krachen zurück auf das Wasser fiel.

      „Sie hat den Tod noch nicht richtig begriffen, oder eine besondere Gabe, mit ihm umzugehen“, dachte Djarfur.

      Jetzt vernahm er mit dem Wind einen leichten Geruch СКАЧАТЬ