Zwei Freunde. Liselotte Welskopf-Henrich
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zwei Freunde - Liselotte Welskopf-Henrich страница 57

Название: Zwei Freunde

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783957840127

isbn:

СКАЧАТЬ

      »Wer ist denn noch vom Glück heimgesucht worden?«

      »Unser Chef ist Ministerialdirigent geworden und Casparius Regierungsrat.«

      »Das freut mich.«

      »Heute findet die Feier im Kollegenkreise statt. Ich lade Sie hiermit, auch im Namen des Kollegen Casparius, gebührend dazu ein. Wir treffen uns alle um sechs Uhr abends in der Weinstube.«

      »Wer kommt denn?«

      »Orient und Okzident; alles vom Assessor bis zum Ober, und natürlich Fräulein Hüsch. Der müssen Sie übrigens auch gratulieren. Sie ist eine Gehaltsgruppe höher gerutscht.«

      »Ausgezeichnet. Dann kann ich ja meine Tätigkeit als Kreditinstitut ohne Skrupel etwas einschränken.«

      »Grevenhagen und Nischan sind eingeladen. Vielleicht lassen sie sich mal blicken, aber das wird kurz und schmerzlos vorübergehen. Nischan ist sitzengeblieben, er spuckt natürlich Gift und Galle. Grevenhagen ist ihm jetzt endgültig übergeordnet, wie sich das der Abstufung der Intelligenz entsprechend gehört. Übrigens, wissen Sie schon das Neueste? Es wird ein drittes Referat geschaffen. Ein Ministerialrat Thugut kommt in unsere Abteilung herüber, älterer Herr, er ist ungefährlich. Boschhofer muß doch eine Mehrzahl von Untertanen haben. Nur so als Punkt über der Pyramidenspitze Grevenhagen zu schweben steht ihm schlecht. Es wird also künftig drei Referate geben, zwei davon unter Grevenhagenscher Dirigentschaft, mit Nischan als Zwischeninstanz im Orient, und ein drittes selbständiges mit Thugut, und über allem thront Boschhofer.«

      Als Korts das Zimmer verlassen hatte, fing Wichmann an, 25 Buchstaben auf ein Blatt Papier zu malen. In Reihenfolge mußte er gratulieren? GrevenhagenHüschCasparius. Er hatte schon als Junge immer den weniger schmackhaften Teil der Speisen zuerst gegessen. Also auf zu Grevenhagen! Für seine eigene Karriere hatte der Mann ja gesorgt.

      Fräulein du Prel war auf die Gratulationscour heute schon eingestellt. Die Maschine war gedeckt, die Züge des Mädchens aber schienen offener und heiterer als sonst. Grevenhagen stand neben seinem Schreibtisch und nahm kurz und förmlich die Glückwünsche entgegen, die durch die einander ablösenden Glieder in der Kette der Gratulanten ebenfalls kurz und förmlich vorgebracht wurden. Wichmann war sehr bald in seinem Zimmer zurück und beschloß, Fräulein Hüsch aufzusuchen. Casparius, der Freund, hätte ja an diesem Tag auch zu ihm kommen können.

      Die Bibliothekarin war allein und freute sich über Wichmanns Aufmerksamkeit.

      »Ja, wissen Sie … endlich! Es war auch Zeit. Ich hab’ schon nicht mehr gewußt, wie ich aus den langfristigen, mittelfristigen, kurzfristigen Krediten noch hinausschauen soll. Fünfzig Reichsmark mehr im Monat ist auch nicht viel, aber doch wenigstens das Dringendste. Stellen Sie sich übrigens vor, Grevenhagen hatte mich doch wirklich nicht vorgeschlagen, sondern die Sache kaltschnäuzig auf Boschhofer geschoben. ›Die Bibliothek Abteilungssache‹, hat er geschrieben. Was soll man dazu sagen?«

      »Was sagen Sie selbst dazu?«

      »Ich? Hab’ meine Meinung schon vom Herzen. Ihm glatt ins Gesicht gesagt. Das ist immer das beste.«

      »Und sich mit ihm verkracht?«

      »Aber wieso denn? Das ist gar nicht möglich. Er ist wie Glas, an dem alle Tropfen ablaufen. Eine ganz dämliche Bemerkung über Dienstpflichten und Dienstauffassung hat er allerdings gemacht.«

      »Ihr Urteil über Grevenhagen und Boschhofer hat sich immerhin etwas geändert.«

      »Nicht von fern. Grevenhagen tanzt doch besser als Boschhofer und überhaupt – nein, da kennen Sie mich schlecht. Ich hab’ doch noch Geschmack. Sehen Sie, es gibt einen kitschigen Spruch: ›Gemeine Naturen zahlen mit dem, was sie tun, edle mit dem, was sie sind‹– und wenn nun Grevenhagen zehnmal nichts täte, er ist doch ein Mensch, der was vorstellt. Finden Sie nicht auch?«

      »Typisch weibliches Urteil. Sie lassen sich ruhig schlecht behandeln, wenn nur Ihre Kavaliersideale in irgendeiner Richtung befriedigt werden. Ist mir sehr interessant.«

      »Ein Glück, daß wir Frauen für das männliche Geschlecht immer interessant bleiben. Der Baier hat mir übrigens geschrieben.«

      »Der Baier? Unser Baier?«

      »Jawohl, unser Baier. Da staunen Sie auch, nicht? Ich glaube, ich habe den Brief da« – Fräulein Hüsch suchte in ihrer Tasche und zwischen Akten und Illustrierten –, »nee, schad’, ich hab’ ihn doch zu Hause gelassen – also den müßten Sie lesen! Der ist nun wieder mir interessant!«

      »Eine Liebeserklärung?«

      »Die sonderbarste, die ich je bekommen habe! Er fühlt sein Seelenleben durch meine Gegenwart gefährdet. Meine Knie sind Sodom und meine Augen Gomorrha! Es sei ihm unerträglich, er müßte sich wegmelden, und im übrigen soll ich mich vor dem Pöschko in acht nehmen. Der sammle Material gegen mich. Mir ja schnurzegal.«

      »Rührend.«

      »Nicht? Ich hab’ den armen Baier auf sein Geständnis hin gestern halb wahnsinnig gemacht. Er hat sich gewunden wie ein Wurm. Seine Augen sind an langen Stielen herausgewachsen, dann ist er ruckartig verschwunden. Zum Piepen! Ja, die Liebe! So einfach ist’s damit nicht. Viel schwieriger als mit den Beförderungen. Finden Sie nicht auch?«

      »Aus Mangel an Erfahrung verlasse ich mich auf Ihr Urteil. Ist es das höchste Gefühl für eine Frau, einen Mann verrückt zu machen?«

      »Na, umgekehrt vielleicht nicht? Wenn man sie untereinander hörenkönnte. Die Herren der Schöpfung – wenn die von uns niederen weiblichen Kreaturen erzählen und wie sie uns Armen die Köpfe verdreht hätten, ohne auch nur den Finger zu rühren! Oder wie raffiniert wir seien und wie sie doch so gar nicht auf uns hereinfallen – na! Ich muß ja lachen!«

      »So ungefähr stellen Sie sich unsere Klubgespräche vor?«

      »Im Klub machen sie’s ein bißchen versteckter, wenn sie uns durch den Kakao ziehen, dafür um so boshafter. Glücklicherweise ändert das an den Tatsachen sehr wenig, und sie möchten uns eben doch gern küssen. – Ich hätte übrigens jetzt heiraten können.«

      »Wieder einmal?«

      »›Wieder einmal‹ ist liebenswürdig. Sie glauben also, daß ich schon Anträge hinter mir habe? Stimmt sogar. Aber diesmal ist es der erste Heiratsantrag, den ich als Berufstätige erhalten habe. Wenn ich ihn annehme, bin ich den ganzen Krempel hier los. Der Bewerber ist ein guter Mann, Geld hat er auch. Aber er ist langweilig. Nein, ich kann nicht mit ihm leben, ich kann’s einfach nicht. Wenn ich nur an die Familie denke! Sich womöglich noch die Kleider selber nähen vor lauter Solidität und Kinder kriegen und sonnabends die Schwiegermutter zum Kornkaffee? Also das ist nichts für mich. Ich hab’ ihm endgültig abgesagt.«

      »Warten Sie lieber, bis Korts Generaldirektor wird.«

      »Korts ist ja kleiner als ich, und tanzen kann er auch nicht. Wie soll ich ihn denn küssen? Stellen Sie sich das doch vor! Höchstens wie so ein Siegesengel, der ihm mit den Lippen von oben herunter auf die Stirn haucht. Das ist weniger mein Fall. Kennen Sie Schildhauf näher?«

      »Etwas aus dem Klub.«

      »Können Sie den Mund halten?«

      »Ich vermute es fast.«

      »Also СКАЧАТЬ