Название: Ein Hauch von Bergamotte
Автор: Monika Hoesch
Издательство: Автор
Жанр: Любовное фэнтези
isbn: 9783957448835
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Luna wünschte ihnen gedanklich alles Gute. Ob sie im Frühjahr alle wieder hierher zurückkehren würden? Viele Tiere würden die körperliche Strapaze nicht überleben und einige würden Beute für überlegenere Gegner werden. Der Gedanke, dass das Frühjahr ihnen zugleich neues Leben schenken würde und vertraute Gefilde sie erneut willkommen heißen würden, gefiel ihr deutlich besser.
Das Gefühl der Verbundenheit wurde immer stärker. Mehr denn je fühlte sie sich als Teil dieser Natur. Sie lernte von ihr. Die Natur begleitete sie in ihrem Wirken, sie gab ihrem Dasein Lebendigkeit und lehrte sie Leben. Sie wurde akzeptiert. Das zu fühlen tat unendlich gut. Sie sah dem Schwarm fast ein wenig traurig hinterher und empfand in der darauf folgenden Stille einen wehmütigen Verlust.
Ob die Wildgänse ihren Sinn des Lebens kannten?
Eines stand fest. Sie folgten ihrem ureigenen Instinkt – so, wie Luna es gerade tat.
Bereits jetzt vermisste sie Robin. Besonders die Sicherheit, die ihr Wohlbehagen bereitete, wenn er seinen starken Arm um sie legte oder liebevoll über ihr rotes Haar strich. Selbst Smokey, der Kater der Nachbarn fehlte ihr. Sie vermisste das Gefühl, wenn er um ihre Beine schlich und sein Drängen und Maunzen, das rigoros ein Streicheln einforderte, sobald sie das Haus verließ oder heim kam.
Alleinsein schmerzt, wenn man allein sein muss.
Somit begann sie mit sich selbst zu reden. Sie sprach sich Mut zu und plante, sich konsequent delegierend, ihre weitere Expedition. Ein intimes Zwiegespräch mit sich und seinen Gefühlen.
Luna holte ein Notizbuch aus ihrer Tasche und schrieb ihre Gedanken auf, beginnend mit den Worten: ‚Robin, ich wünschte du wärst hier!‘
Nachdem sie ihr Gefühlsleben niedergeschrieben hatte, nahm sie aus ihren Sachen einen Skizzenblock heraus. Sie zeichnete auf der ersten Seite des Blockes in der unteren rechten Ecke den Zug der Wildgänse. Ihr erstes Abenteuer! Sie schnitt die Seite auf Postkartengröße zu, fasste ihr Erlebnis auf der Seitenrückseite in Worte und adressierte die improvisierte Karte an Robin. Sobald sich eine Gelegenheit ergab, würde sie ihre Grüße an ihn auf die Reise bringen.
Entgegengesetzt dem Zug der Wildgänse, war der Norden als erstes Ziel geplant. Der Wind spielte mit. Jetzt wo die Temperaturen noch angenehm waren, musste sie den nördlichen Regionen den Vorrang geben. Es würde sehr schnell kühler werden und die Nächte konnten sehr lang sein in der kalten Jahreszeit. Sie nahm sich vor, den Tag solange zu nutzen, wie die Bedingungen es zuließen, um möglichst weit voran zu kommen.
Luna machte sich den Wind zum Freund. Letztendlich war er es, der über Erfolg oder Scheitern entschied und er war es auch, der befehlend das Tempo der Reise diktierte.
Der Tag neigte sich dem Ende. Ebenso die kommenden Tage, die auffallend rasch vergingen. Sie liebte die Morgenröte. Diesen lieblichen warmen Gruß der frühen Stunden, wie auch den Nebel über den Feldern, der den beginnenden Tag in ein mystisches Licht tauchte.
Aber auch die Sonnenuntergänge, die kurz vor dem Einschlafen beständig ihre gerade schlummernde Melancholie weckten. Es war besonders schön unter freiem Himmel zu schlafen. Der Nachthimmel schickte sein unermessliches Sternenmeer. Die Sterne hüllten sie ein wie ein schützender Dom. Eingebettet in Decke und Schlafsack lag sie warm vermummt da und träumte sich an vertraute Orte und in die umschließenden Arme geliebter Menschen.
III
John
„Das Glück ist näher als du glaubst!“
Es war deutlich Musik zu hören. Sanfte Töne hüllten die Luft in Wohlklang. Die Saiten der Gitarre klangen warm, angenehm – zum Mitsummen einladend. Luna sah ihn auf dem Bordstein sitzen. Den Kopf zum Korpus der Gitarre geneigt, die Augen geschlossen. In sich gekehrt spürte er merklich seine Musik. Er zupfte die Saiten fast zärtlich. So, als hätte er Angst sie zu verletzen. Man sah, es erfüllte ihn mit Glück sie zu berühren, ihr poetische Klänge zu entlocken – seiner geschätzten Gitarre.
Sie ging näher und blieb vor dem Musiker stehen. Luna setzte sich zu ihm auf den Boden und hörte still zu. Nur ganz kurz blickte er auf und sah ihr in die Augen, um sie im nachfolgenden Augenblick wieder zu schließen.
Luna tat es ihm gleich. Sie schloss ihre Augen und hörte ihm zu. Gedankenversunken lauschte sie seinem Gesang und nahm ihn andächtig in sich auf. Leise sang er sein Lied, das von Liebe und Frieden erzählte. Seine Aussage war, dass man sich vorstellen solle, keinen Besitz zu haben, dass es keine Ländergrenzen gäbe, keine Religionen, keinen Grund für Habgier und keinen Hunger in der Welt. Davon, dass die Menschen ihn vielleicht für einen Träumer hielten, aber dass er nicht der Einzige wäre und er hoffe, dass man sich ihm anschließt, damit eines Tages die ganze Welt mit all ihren Menschen eins sein würde.
Sein dunkles Haar ging ihm bis zur Schulter. Hinter seiner Nickelbrille verbargen sich traurige Augen. In der Winzigkeit jenes Augenblicks war es Luna sofort aufgefallen, wie herzbewegend sein Ausdruck war. Seine traurigen Augen waren es, die sich in ihren Geist brannten.
Sein Bart wirkte wie ein zum Schutz getragenes Gewand. Es war merkwürdig, dass kein anderer Mensch in der Nähe war. Niemand beachtete ihn. Niemand hörte ihm zu. Es war, als wäre Luna die Einzige, die ihn hier sah und hörte. Wären die wunderbaren Klänge nicht gewesen – wer weiß, vielleicht hätte auch sie ihn nicht bemerkt.
Die Musik hatte sie zusammengeführt. Einer Fügung gleich, lockte seine Melodie, lotsten harmonische Klänge sie in seine Richtung und nun sang er dieses Lied, das Luna sehr nachdenklich machte, scheinbar nur für sie. Sie hörte das Lied einmal, zweimal, dreimal. Er wiederholte es immer wieder. Als könne er nur dieses eine Lied spielen. Luna wartete das diesmalige Ende vom Lied ab und sprach ihn beherzt an.
„Hallo! Ich heiße Luna. Dein Lied ist sehr schön!“
Er hob den Kopf, öffnete die Augen und schaute sie mit seinem melancholischen Blick an. „Hey, Luna. Ich bin John. Ich freue mich sehr, dass es dir gefällt. Das bedeutet mir unglaublich viel!“
Sie nickte freundlich und wies auf seine Gitarre. „Ich hörte deine Musik und konnte gar nicht anders. Ich musste zu dir kommen. Sie klingt so ehrlich und berührend. Ich finde nicht, dass du ein Träumer bist. Ich wünsche mir auch eine Welt, die eines Tages eins sein wird, dass die Menschen füreinander da sind, sich gegenseitig respektieren und das Wesentliche hüten, wie Seelenfriede und Herzenswärme. Denkst du, dass das der Sinn des Lebens ist?“
Johns nachdenklicher Gesichtsausdruck veränderte sich. Er lächelte sie fast liebevoll an und seine Augen verloren jegliche Traurigkeit. Ja! Seine Augen lächelten mit ihm. „Als ich 5 Jahre alt war, sagte mir meine Mutter, dass das Glücklichsein das Wichtigste im Leben ist. Als ich zur Schule ging, fragten sie mich, was ich sein wolle, wenn ich erwachsen bin. Ich schrieb glücklich hin. Sie sagten mir, dass ich die Aufgabe nicht verstanden habe, und ich sagte ihnen, dass sie das Leben nicht verstanden hätten.“∗
Luna hörte ihm aufmerksam zu. Seine Worte erinnerten sie an ihre Mutter und an die wunderbaren Dinge, die sie stets gesagt hatte und an die Zeit in der sie sich ihre Liebe noch zeigen konnten. Sie spürte in ihrer Erinnerung ihre schützenden Arme, die sich sicher und gleichsam sanft wie ein wärmender Mantel um sie legten, auf sie Acht gaben und hielten.
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