Der Ruhrbaron aus Oberhausen Paul Reusch. Peter Langer
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Название: Der Ruhrbaron aus Oberhausen Paul Reusch

Автор: Peter Langer

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783874683913

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СКАЧАТЬ und konservative Blätter im gegenwärtigen Augenblick gegen den Bund technisch-industrieller Beamten und gegen das Koalitionsrecht der Techniker und Ingenieure Stellung nehmen, so würde die direkte Folge die sein, dass auch diese bedeutsamen Kreise des Mittelstandes … bei den bevorstehenden Wahlen in Scharen der Sozialdemokratie zugeführt werden.“59 Daher sei die Redaktion einstimmig der Meinung gewesen, dass die „Rheinisch-Westfälische Korrespondenz“ den Artikel der Arbeitgeber nicht veröffentlichen sollte.

      Reusch aber wich keinen Jota zurück. Er nahm die Öffentlichkeitsarbeit nun eben selbst in die Hand. Der Kölner Oberbürgermeister Wallraf erhielt eine 11-seitige Darstellung des Standpunktes der GHH. Der „Kölnischen Zeitung“ schickte Reusch persönlich einen 7-seitigen Artikel über den Techniker-Verband: „Ich nehme an, dass die ,Kölnische Zeitung’ das ,audiatur et altera pars’ in der Techniker-Bewegung nicht übersehen wird.“60 Wegen des Auftrages für die neue Rheinbrücke war die Kölner Presse für die GHH besonders wichtig. In der Öffentlichkeit wurde vermutet, dass bei der Stadtverwaltung in Köln die „Neigung besteht, die starke wirtschaftliche Macht der Stadt bei einer großen Auftragserteilung (ein Brückenbau, um den die Gutehoffnungshütte-Sterkrade konkurriert) für die Arbeitnehmer in die Waagschale zu werfen.“61

      Ganz offen verlangten die Interessenverbände der Angestellten, „dass in den Lieferungsverträgen der Stadt Cöln eine Bestimmung aufgenommen wird, wonach bei Vergebung von Arbeiten nur solche Firmen berücksichtigt werden, die das Koalitionsrecht der Angestellten und Arbeiter achten; ferner bei der Vergebung der zu erbauenden neuen Rheinbrücke die Gutehoffnungshütte in Sterkrade nicht zu berücksichtigen.“62 Die Technikerverbände beriefen sich auf ein Gesetz, das schon 1869 alle Koalitionsverbote aufgehoben habe. Es liege deshalb „ein öffentliches Interesse vor …, eine derartige Herrenmoral, wie sie von der Gutehoffnungshütte bestätigt worden ist, als unsittlich zu brandmarken. Die Proteste der Öffentlichkeit bleiben auf Arbeitgeber vom Schlage der Leiter der Gutehoffnungshütte und auf Werke von dieser Größe so lange ohne Eindruck, dass [sic!] ihnen die Missbilligung ihres Verhaltens nicht an der Stelle fühlbar gemacht wird, wo sie am empfindlichsten sind, nämlich an ihrem Gewinn.“63

      Reusch schickte den Direktoren Häbich (Sterkrade) und Woltmann, seinem Stellvertreter, sofort eine Abschrift dieser Eingabe und ordnete an, „sämtlichen Stadtverordneten von Cöln in einer ruhig und sachlich gehaltenen Zuschrift die Verhältnisse auseinander[zu]setzen“. Unsachlich waren natürlich nur Reuschs Gegner: „Auf die Tatsache, dass das Gros der Techniker die maßlose Agitation und Verhetzung selbst auf das allerschärfste verurteilt“ sei besonders hinzuweisen. Bei den Techniker-Organisationen hätten „die sozialdemokratischen Tendenzen … Oberwasser bekommen“.64 Sozialdemokratische Tendenzen – dies war ins Reuschs Augen die schlimmste Sünde.

      Wenige Tage später ging das Erwiderungsschreiben der GHH an 52 Kölner Stadtverordnete, zwölf Beigeordnete – u. a. an den Beigeordneten Konrad Adenauer – und an den Oberbürgermeister. Es enthielt keinerlei Signale der Kompromissbereitschaft, es enthüllte vielmehr erneut die gewerkschaftsfeindliche Gedankenwelt, in der die Konzernleitung der GHH offenbar stärker als andere Unternehmer gefangen war. Die Techniker seien „die Vertrauensleute des Unternehmers im Verkehr mit der Arbeiterschaft. Gleiten diese Vertrauensleute in das Fahrwasser des zielbewussten Klassenkampfes, so ist damit die Fortdauer des ganzen Betriebes überhaupt in Frage gestellt. Es ist daher einfach Pflicht des Unternehmers, Verbände, welche die Techniker durch systematische Verhetzung aus Vertrauensleuten zu Gegnern der Betriebsleitung machen wollen, energisch zu bekämpfen.“ Der Unternehmer dürfe nicht „untätig zusehen, dass die in seinem Betriebe beschäftigten Beamten Verbänden angehören, die nicht davor zurückschrecken, durch Anwendung der allerschroffsten Kampfesmittel wie Ausstand und Verhängung der Sperre ein ganzes Werk zum Stillstand zu bringen und damit die Arbeiter erwerbslos zu machen.“ Als Beleg wird auf den Beschluss verwiesen, in dem die Techniker es abgelehnt hatten, sich als Streikbrecher einsetzen zu lassen. Der GHH gehe es nicht „um einen Angriff auf die Koalitionsfreiheit, sondern um die rechtzeitige Abwehr gefährlicher Ausschreitungen in der deutschen Techniker-Bewegung und um den Schutz der größeren Mehrzahl unserer Beamten gegen den Koalitionszwang und den Gewerkschaftsterrorismus.“ Im Schatten des Kölner Doms erschien der preußisch-protestantischen Konzernleitung am Ende des Appells auch der Hinweis auf einen Artikel in der katholischen „Oberhausener Volkszeitung“ angebracht, in dem die „katholischen Techniker und ihre evangelischen Kollegen“ vor dem Butib gewarnt wurden.65 Die „Kölnische Zeitung“, die in den Dezembertagen davor den Arbeitgebern und den Technikerverbänden auf der Titelseite viel Raum gegeben hatte, widmete Reuschs Eingabe an die Kölner Stadtverordneten nur eine kurze Notiz.66

      Alle Mühen waren vergebens. Am Bau der Dombrücke (Eisenbahn- und Straßenbrücke), die 1911 endgültig dem Verkehr übergeben worden war, war die GHH beteiligt. Bei der Deutzer Brücke – um die drehte sich der Streit – erhielten nach zweimaligem Wettbewerb MAN (Werk Gustavsburg) und die Klöckner-Humboldt AG den Zuschlag für die Stahlarbeiten. Für die Stadt Köln federführend war dabei der Beigeordnete Adenauer. Die Bauarbeiten an der Deutzer Brücke begannen 1913. Am 15. Juli 1915 wurde sie dem Verkehr übergeben.67

      In der liberalen Presse blies Reusch der Wind ins Gesicht, selbst industriefreundliche Blätter neigten zur Zurückhaltung, im Kreise der Unternehmer aber fand sein harter Kurs an einigen Stellen sofort Nachahmer. Im Bezirk der Nordwestlichen Gruppe des VdESI machten jetzt auch andere Werke Front gegen die „arbeitgeber-feindlichen Anschauungen“ und die angeblich „sozialistischen Tendenzen“ in den Verbänden der Angestellten.68 Gleichzeitig erhöhten die Arbeitgeber des Ruhrbergbaus den Druck auf die Steiger. Ein Polizeispitzel in Essen hatte dem Zechenverband die Postversandsliste der Zeitschrift des Deutschen Steigerverbandes besorgt. Aufgrund dieser Liste wurden ca. 500 Steiger zum Austritt gezwungen; allen anderen wurde mitgeteilt, dass die Zugehörigkeit zum Steigerverband ein Entlassungsgrund sei. Die Mitgliederzahl dieses Verbandes schrumpfte unter diesem Druck von 1.600 bis zum Ende des Jahres 1911 auf 200.69 Generell verschärft wurde die Konfrontation durch den lange vor 1912 einsetzenden Reichstagswahlkampf.70 Reusch erhielt auf der Jahresversammlung der Deutschen Arbeitgeberverbände im Dezember 1911 einen Vertrauensbeweis, als er demonstrativ in den Ausschuss der Hauptstelle gewählt wurde.71

      Auch außerhalb des Reviers und der Schwerindustrie wurde Reuschs Kampf mit den Verbänden der Angestellten aufmerksam verfolgt. Im folgenden Februar informierte der Geschäftsführer des Vereins der Hamburger Reeder die GHH über einen ähnlich gelagerten Arbeitskampf auf den Schiffen der Hamburger und Bremer Reeder. Diese meinten, beim „Verein Deutscher Kapitäne und Offiziere der Handelsmarine“ eine gefährliche Radikalisierung festzustellen: Die Offiziere hätten sich auf den Schiffen mit den Seeleuten solidarisiert. Wenn sie das hingenommen hätten, wäre den Reedern die Verfügung über ihre Schiffe auf See entzogen worden. Daher hätten die Reeder alle ihre Kapitäne und Offiziere verpflichtet, aus dem Verein auszutreten. Nur ca. 40 Männer hätten sich geweigert und seien deshalb sofort entlassen worden. Der Vergleich mit der See-Schifffahrt und der uneingeschränkten Kommandogewalt des Kapitäns und letztlich der Reederei muss Reusch besonders gefallen haben. Er hatte den Hinweis auf die Verpflichtungserklärung und die Entlassung in diesem Schreiben dick angestrichen.72

      Beim Spitzenverband der Arbeitgeber würde man sich noch sechs Jahre später, im November 1917, an den Konflikt der GHH mit dem Butib erinnern. Woltmann schickte der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände das gedruckte Schreiben der GHH an die Kölner Stadtverordneten.73

      Reuschs Härte im Umgang mit den Angestellten wurde ein Vierteljahr später beim Bergarbeiterstreik erneut auf die Probe gestellt. Die erschreckende Kompromisslosigkeit, mit der er allen gewerkschaftlichen Bestrebungen entgegen trat, mag teilweise darauf zurückzuführen sein, dass er im Vorfeld der Reichstagwahlen gerade die Erfahrung gemacht hatte, dass auch die Gremien der Nationalliberalen Partei sich von den Großunternehmern nicht einfach herumkommandieren ließen. Auch in der Parteipolitik profilierte sich der junge Generaldirektor СКАЧАТЬ