Tagebuch eines angeschlagenen Chaoten. Adrian Plass
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Название: Tagebuch eines angeschlagenen Chaoten

Автор: Adrian Plass

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

Серия:

isbn: 9783865068651

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СКАЧАТЬ tun. Nicht vor dem Fallen sollten wir uns fürchten, sondern vor der Möglichkeit, dass wir vielleicht nicht aufgefangen werden.

      Lasst uns tapfer sein. Lasst uns ihm vertrauen. Lasst uns weiter hoffen und glauben, dass wir, weil er uns liebt, am Ende nicht enttäuscht sein werden. Leicht wird das nicht sein.

      Ein paar Tage später fuhren Bridget und ich hinunter zur Kathedrale von Ripon, noch einem Lieblingsort von uns. Seite an Seite saßen wir lange Zeit schweigend dort im Kirchenschiff, dachten nach, beteten, waren einfach da, saugten die kräftige Mischung aus Schock und Erleichterung in uns auf. Unsere schlimmsten Befürchtungen waren zerstreut, aber was würde das nächste Jahr bringen? Es war Zeit, langsamer zu werden. Zeit, zu lernen, im Augenblick zu leben, an diesem Tag, in dieser Stunde, in diesem Monat.

      Ich kam zu dem Schluss, dass ein Teil dieses Prozesses darin bestehen würde, meiner Website mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Bridget hatte recht. Ich nahm mir vor, jeden Monat einen Brief zu schreiben. So fing alles an.

       „Liebe Freunde, Feinde und alle, die noch zwischen den Stühlen sitzen und bis Harmageddon dort bleiben werden …“

      So begann ich Anfang 2014 meinen allerersten Brief auf der neuen Website, und ich war lächerlich zufrieden mit mir selbst, dass ich endlich dazu gekommen war, ihn zu schreiben. In diesem Zusammenhang sollte ich mich herzlich bei einem Mann bedanken, den ich nur als Gordon kenne. Er betreibt mit einigen anderen zusammen in diesem Land ein christliches Website-Team namens Church 123. Gordon lauerte mir bei einer Konferenz auf, auf der ich sprach, und setzte mich davon in Kenntnis, dass meine alte und bedauernswert vernachlässigte Website von Internetpiraten gekapert worden sei. Diese platzierten „höchst unschickliche Anzeigen“ mitten zwischen meine frommen Ergüsse. Was für ein Schock! Gordon drängte mich mit viel Mitgefühl dazu, noch einmal darüber nachzudenken, ob ich mich nicht doch dazu herbeilassen könnte, mich mit „derlei Angelegenheiten“ zu befassen, wie Father Ted, eine meiner Lieblingsgestalten aus britischen Sitcoms, es in einem seiner salbungsvoll-moralisierenden Momente vielleicht ausgedrückt hätte. Jedenfalls war und ist das Team von Church 123 ausgezeichnet organisiert. Ich war das nie und werde es vermutlich auch nie sein. Allerdings war mir schon immer bewusst, dass ich einen gewissen Hang zum Suchtverhalten habe. Durchaus möglich also, dass ich, wenn ich diese Sache mit den monatlichen Briefen einmal anfing, eine überschwängliche Begeisterung dafür entwickeln würde, und es ist ja zweifellos so, dass überschwängliche Begeisterung manchmal Effizienz täuschend ähnlich nachäffen kann.

      Wie gesagt, verdankte ich es auch meiner Frau Bridget, die immer wieder davon anfing, ich solle doch regelmäßig und aktuell Kontakt zu Lesern halten, die sich womöglich fragten, warum ich mir überhaupt die Mühe machte, eine Website ins Netz zu stellen, wenn ich darauf nie wirklich etwas schrieb. (Ich glaube, einmal war es so schlimm, dass der Terminplan auf meiner alten, gekaperten Website seit zwei Jahren überholt war.)

      So machte ich mich also voller Erleichterung, am Leben zu sein, an meinen ersten Brief, und irgendwo da draußen gab es theoretisch eine unbekannte Anzahl von Lesern, die darauf warteten, zu lesen, was ich schreiben würde. Es war nicht leicht, wisst ihr. Ich hatte mir eine Weile lang andere christliche Websites angeschaut, um mich mit den verschiedenen Stilen und Inhalten vertraut zu machen, die bei dieser Kommunikationsform üblich sind. Was fand ich da? Nun, nachdem ich mich durch ein paar davon gescrollt hatte, fühlte ich mich an die viktorianischen Steintafeln erinnert, die man häufig an den Wänden von Kathedralen und großen Kirchen in Großbritannien sieht. Ich kann mir vorstellen, dass es in deutschen Gotteshäusern ein ähnliches Phänomen gibt.

      Die Verstorbenen, von denen auf diesen Gedenktafeln die Rede ist, werden nicht nur betrauert. Nein, es ist noch viel schlimmer. Diese leuchtenden Beispiele menschlicher Vollkommenheit haben offenbar eine gähnende Kluft heulenden Elends im Leben eines jeden Menschenwesens hinterlassen, das im Umkreis von mindestens zwanzig Meilen von ihrem Zuhause lebte. So liebevoll, barmherzig, großzügig, fromm und verehrt waren diese heldenhaften Gestalten, dass man sich kaum vorstellen kann, wie ihre Angehörigen, Freunde und Mitmenschen ohne sie überhaupt überleben konnten. Und es gibt so viele von ihnen. Hat denn Gott sich einfach die am köstlichsten duftenden Rosen gepflückt und all die „faulen Eier“ zurückgelassen, bis er keine Auswahl mehr hatte? (Es gibt übrigens einen olfaktorischen Zusammenhang zwischen diesen beiden Metaphern, falls ihr korinthenkackerischen teutonischen Puristen es nicht bemerkt habt.)

      Jene niedergeschlagenen Hinterbliebenen müssen sich voller Trauer bewusst geworden sein, dass ihnen nun eines von zwei Dingen bevorstand. Entweder gelang es ihnen, sich zu einer Höhe der Tugend aufzuzwingen, die sie dafür qualifizierte, ebenfalls frühzeitig gepflückt zu werden, oder sie standen vor der Aussicht, sich trostlos dahinzuschleppen, bis sie die siebzig erreicht hatten und Gott sich widerstrebend an seine Seite der Langlebigkeitsvereinbarung halten musste.

      Oder – und dies ist natürlich nur eine weit entfernte Möglichkeit – könnte es sein, dass diese überschwänglichen Belobigungen ein klein wenig übertrieben waren?

      Was hatte das mit christlichen Websites zu tun? Nun, eigentlich nur, dass viele von denen, die ich mir anschaute, sich außerordentlich positiv anhörten, wenn ich es so ausdrücken darf. Versteht mich nicht falsch. Ich meine nicht, dass bekannte Christen gleich als Erstes auf ihrer Homepage ihre zehn schlimmsten und hartnäckigsten Sünden aufzählen sollten, so faszinierend das auch zweifellos für die Mehrzahl ihrer Leser wäre. Aber es wäre doch schön, wenn unter der Goldbeschichtung einmal ein wenig bleierne Menschlichkeit hervorlugen würde. Für mich bestand das Problem natürlich darin, dass ich, nachdem ich mich durch all diese Selbstbeweihräucherungen gewühlt hatte, ziemlich stolz auf meinen Entschluss war, diese spezielle Falle tugendhaft zu umschiffen. Ach je, man hat es nicht leicht, nicht wahr? Nachdem ich all dies meinen leidgeprüften Lesern erklärt hatte, kam ich zu dem Schluss, es wäre wohl am besten, einfach zu sagen, ich sei ein wunderbarer Mensch mit ein paar geringfügigen und interessanten Fehlern.

      Und so machte ich es auch. Ich stellte klar, dass ich wirklich vorhatte, von Januar an jeden Monat einen Brief für die Website zu schreiben, um alle Interessierten an (einem Teil von) dem teilhaben zu lassen, was in der Welt der Familie Plass passiert. Zugleich erwähnte ich auch, dass ich schon immer eine kindliche Freude an den Mitteilungen hatte, die mich erreichten. Fühlt euch frei, sagte ich, mir auch von eurem Leben zu erzählen, und ich versprach, so oft und so zügig darauf zu antworten, wie ich konnte.

      Es war ein gutes Gefühl, meinen ersten Brief auf die altmodische Art zu unterzeichnen. Herzlichst, Euer Adrian.

      Ich freute mich schon darauf, den nächsten Brief zu schreiben.

      Liebe Leute,

      wer behauptet, es gäbe keine Wunder mehr in dieser säkularen Zeit, möge bitte die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass ich meinen Februar-Brief tatsächlich im Februar schreibe. Danke an alle, die mir während des letzten Monats geschrieben haben. Ich werde euch möglichst bald antworten.

      Die Highlights dieses Monats? Nun, es gibt immer wieder Kleinigkeiten, die mich zum Lachen bringen. Neulich saß ich mit meiner Frau und einem Freund in der Eisdiele, und wir ließen uns ein „Whisky-Eis“ schmecken (Whisky mit so ziemlich allem ist etwas ganz Besonderes, Whiskymarmelade bringt mich der himmlischen Seligkeit so nahe, wie ich ihr diesseits des Grabes nur kommen kann), als die Kellnerin, eine junge Polin, an unserem Tisch vorbeikam. Geleitet von dem Drang, meinem Entzücken über das Eis Ausdruck zu geben, sagte ich: „Dieses Eis ist mal was ganz anderes!“

      Eine verwirrte Miene breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie schaute mich an, dann das Eis, dann wieder mich. „Was denn?“, erkundigte sie sich.

      Ich СКАЧАТЬ