Wer war Jesus?. Gerd Ludemann
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Название: Wer war Jesus?

Автор: Gerd Ludemann

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783866741201

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СКАЧАТЬ Vorläufer Jesu stilisierten, haben die Mandäer den Täufer zum gnostischen Heiligen gemacht.

      Dan Browns Roman »Sakrileg« handelt von der Aufdeckung der größten Verschleierungsaktion in der Geschichte. Objekt der Verschwörung ist Jesus, Täterin die katholische Kirche. Sie unterdrückte Dokumente über ihn und seine Familie, aus denen unter anderem hervorgeht, dass er mit seiner Gemahlin Maria Magdalena eine Tochter gezeugt hat.

      Mit anderen Worten: Die Figuren im Roman enthüllen allerlei Geheimnisse über Jesus und die frühe Kirche, die, vom Standpunkt der seriösen historischen und theologischen Forschung aus geurteilt, unter die Rubrik »lächerliche Absurditäten« fallen. Dazu gehört, um nur drei weitere Beispiele zu nennen, dass Jesus eine Chronik seines Lebens verfasst haben könnte und Maria Magdalena ein Tagebuch, dass im vierten Jahrhundert Kaiser Konstantin die Evangelien des Neuen Testaments aus mehr als 80 anderen ausgewählt hat und dass sich Jesu Nachkommen im fünften Jahrhundert durch Heirat mit einem französischen Königsgeschlecht vereinten, woraus die Dynastie der Merowinger hervorging.

      Diese krude, aber unterhaltsame Geschichte war auch in deutschen Kinos mitzuerleben. Eine hochkarätige Besetzung – mit Tom Hanks in der Titelrolle des Harvard-Professors Robert Langdon, der eher widerstrebend der Wahrheit über Jesus auf die Spur kommt – ließ die Kassen klingeln.

      Inzwischen bemühen sich vielerorts Theologen beider großer Kirchen um Schadensbegrenzung und rüsten die Gläubigen gegen die »Verbiegung der biblischen Botschaft«, gegen die »dreiste Erfindung« oder gar gegen den »großen Betrug«, dessen Dan Brown schuldig sei. Dabei kann es nur befremden, dass diese orthodoxen Glaubensrichter die von Brown verfasste fiktive Geschichte – deren Helden freilich viel dummes Zeug erzählen – offenbar nicht von einem betrügerischen oder schlecht recherchierten Sachbuch unterscheiden können. Noch bedenklicher aber ist, dass die christlichen Lehrer, die ihn der Irreführung oder gar des Betrugs zeihen, selbst aus dem Glashaus mit Steinen werfen. Brown erhebt als Autor (zu Recht oder zu Unrecht) lediglich den Anspruch, dass sämtliche in seinem Roman erwähnten Kunst- und Architekturwerke tatsächlich existieren und dass alle Dokumente wahrheitsgetreu wiedergegeben werden, behauptet aber nirgends, dass die Enthüllungen der von ihm erdachten Personen sich auf historisch zuverlässige Fakten beziehen. Wenn rechtgläubige Theologen Brown gleichwohl vorwerfen, historische Ungereimtheiten und Fehler zu verbreiten, sollten sie sich daran erinnern, dass man diesen Vorwurf mit mehr Recht gegen die neutestamentlichen Evangelien erheben kann. Denn deren Verfasser beanspruchen, anders als Brown, durchaus, ein authentisches Jesusbild zu zeichnen.

      250 Jahre kritische Bibelwissenschaft haben gezeigt: Die Entwicklung, den Menschen Jesus, seine Worte und Taten zu verfälschen und zu übermalen, begann schon im ältesten Christentum und befindet sich im Neuen Testament bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Die darin enthaltenen Jesustraditionen stehen größtenteils in einem schreienden Gegensatz zu dem, was Jesus wirklich sagte und tat. Historisch geurteilt, haben die frühen Christen sich Jesus so zurechtgemacht, wie er ihren Wünschen und Interessen entsprach und wie er ihnen im Kampf gegen Abweichler und Andersgläubige am nützlichsten zu sein schien. Der charismatische Exorzist Jesus wurde so zum Vollbringer von geradezu monströsen Wundertaten, der jüdische Gleichniserzähler zum missgünstigen Antisemiten, der unstetig umherziehende Wanderprediger zum Weltenherrscher, der einst über Tote und Lebende Gericht halten wird.

      Den Kirchenfunktionären, die sich im Fall Dan Brown zu Wort melden, sind diese sicheren Resultate der Forschung keineswegs unbekannt. Dennoch maßregeln sie diejenigen, die daraus in den Kirchen und an den Theologischen Fakultäten die Konsequenzen ziehen, unerbittlich und nehmen in ihrem Übereifer nun sogar die Protagonisten eines Romans und deren absurde Schlussfolgerungen unter Beschuss. Hingegen haben nichtchristliche Juden die ebenso fromme wie skrupellose Verfälschung der Worte und Taten Jesu durch die neutestamentlichen Autoren und ihre Gewährsleute von Anfang an »Betrug« genannt. Sie stellten damit eine weitreichende These auf, die Teil des öffentlichen Gesprächs über Dan Browns Buch und seine Verfilmung werden sollte.

AUFERSTEHUNG

      Die Auferstehung Jesu von den Toten ist von der Urkirche bis heute zentraler Inhalt des christlichen Glaubens. Was aber ist unter Auferstehung zu verstehen? Die von ihr handelnden Texte des Neuen Testaments lassen sich in drei Klassen einteilen: Ostererzählungen, die den auferstandenen Jesus in Gegenwart seiner Jünger zeigen; Geschichten vom leeren Grab und Bekenntnisformeln, denen zufolge Jesus von Gott auferweckt wurde oder den Jüngern erschienen ist.

      Einem großen wissenschaftlichen Konsens zufolge sind die Erzählungen der Evangelien über den auferstandenen Jesus historisch wertlos. Sie formen nämlich sekundär den Gemeindeglauben aus, der in den Bekenntnisformeln seinen primären Niederschlag gefunden hat.

      Jede kritische Beschäftigung mit der Auferstehung Jesu wird daher bei den Bekenntnisformeln einsetzen und von dort aus auch den historischen Wert der Grabesgeschichten prüfen.

      Der Apostel Paulus zitiert im ersten Brief an die Korinther, Kapitel 15, Verse 3–5, eine Bekenntnisformel, die er als Teil christlichen Unterrichts in den dreißiger Jahren gelernt hat: »Christus starb für unsere Sünden nach den Schriften und wurde begraben, er ist am dritten Tag auferweckt worden nach den Schriften und erschien dem Kephas (= Petrus), dann den Zwölfen.« Nach der Aufzählung weiterer Auferstehungszeugen betont Paulus, dass Christus auch ihm erschienen sei.

      In dieser katechetischen Tradition geht es um einen doppelten »Beweis«: einerseits aus den Schriften, auf die jedoch nur allgemein verwiesen wird, und andererseits aus einer bestätigenden Tatsache. Dabei bekräftigt die Aussage über das Begräbnis Jesu seinen Tod und die Aussage über die Erscheinung vor Kephas die Auferstehung. Die Erscheinung vor Kephas ist offenbar der Grund für das Bekenntnis: »Jesus ist auferweckt worden« beziehungsweise »Gott hat Jesus von den Toten erweckt«.

      Das von Paulus zitierte Credo, das in die allererste Zeit der Urkirche hinabreicht, liefert eine wichtige Einsicht: Auslöser des Auferstehungsglaubens war eine Erscheinung, ein »Sichtbar-Werden« Jesu vor Kephas. Das heißt: Kephas hat Jesus in einer Vision gesehen. Eine Vision ist ein Vorgang im menschlichen Geist und Produkt der eigenen Vorstellungskraft, obwohl Visionäre es regelmäßig anders einschätzen. Sie empfangen von außen Bilder, die Vision wirkt auf sie mit der vollen Kraft einer objektiven Tatsache.

      Demgegenüber schildern die Grabesgeschichten den Beginn des Ostergeschehens ganz anders: Frauen hätten das Grab Jesu leer aufgefunden. Der älteste Bericht davon steht im Markusevangelium, Kapitel 16, Verse 1–8. Er besteht aus drei Teilen: Die Frauen sind zunächst auf dem Wege zum Grab, dann im Grab, und schließlich fliehen sie vom Grab. Sie hatten im leeren Grab einen engelhaften Jüngling getroffen, dessen Verkündigung den Mittelpunkt der Geschichte bildet: »Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten; er wurde auferweckt, er ist nicht hier.«

      Die Botschaft des Jünglings setzt das Credo der Auferweckung Jesu voraus, das sich bereits bei Paulus findet. Daraus wird nun aber gefolgert, dass Jesus »nicht hier« ist. In dem damit erbrachten Beweis für die körperliche Auferstehung Jesu spiegelt sich die Tatsache wider, dass die Verkündigung der Auferweckung Jesu durch die Jünger die Frage nach dem Verbleib seines Leichnams geradezu provozierte. Das Matthäusevangelium berichtet von dem Gerücht, die Jünger hätten den Leichnam Jesu gestohlen. Auch die älteste Grabesgeschichte ist demnach eine Ausformung des Glaubens an die Auferweckung Jesu und ihm gegenüber chronologisch nachgeordnet.

      Es bleibt also dabei: Der Osterglaube wurzelt den ältesten Traditionen zufolge in einer Erscheinung Jesu vom Himmel her und nicht in der Entdeckung eines leeren Grabes oder gar in der Begegnung mit einem wiederbelebten Leichnam, wie ihn die Ostererzählungen der Evangelien zeichnen. In diesen verzehrt Jesus vor den Augen СКАЧАТЬ