Название: Geständnis mit Folgen
Автор: Ursula Schmid-Spreer
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783941935563
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»Ehrlich, Leute, ich fand Meier nicht so schlimm. Er konnte sehr gut erklären. Seinen Humor musste man halt verstehen.«
»Nico, du kannst überhaupt nicht mitreden. Die paar Monate, die du an unserer Schule bist, zählen gar nicht. Wir haben Meier schon das dritte Jahr in Mathe. Einige von uns kennen ihn noch länger. Er ist im Laufe der Zeit immer schlimmer geworden. Das letzte Jahr war einfach übel. Er hat sich auf unsere Kosten ganz schön amüsiert. Ich finde Lehrer, die glauben, nur ihr Fach ist das wichtigste, einfach nur zum Kotzen.«
»Julia Schott«, sagte Petermann zu Belu gewandt.
Die Schülerin fuhr sich mit den Fingern durch die blonden Haare und blies sich den Pony aus den Augen. Dann stand sie auf und schmiss wütend ein zusammengeknülltes Taschentuch in den Abfalleimer.
»Immer, wenn er exzessiv Sport betrieben hat«, warf Matze ein, »und mit blauen Flecken in den Unterricht kam«, sagte ein anderer Schüler, »dann war sein Zynismus besonders schlimm. Dann konntest du deinen Arsch drauf verwetten, dass er eine Ex geschrieben hat, die sich gewaschen hatte. Kam dir das nicht so vor, Nico?«
»Na ja, schon«, antwortete dieser breit. »Ich kann nur sagen, in der Mathe-Arbeitsgruppe hat er sich ganz anders gegeben. Geduldig, voll dabei, immer ein offenes Ohr. Was sagst du dazu, Katharina?«
Die Schülerin hatte sich bisher nicht am Gespräch beteiligt, nur still vor sich hin geweint, wie Belu feststellte. Katharina nickte, biss sich auf die Lippen und stierte aus dem Fenster.
»Mensch, Leute! Hallo! Habt Ihr euch eigentlich mal gefragt, wer Meier den Schädel eingeschlagen hat?« Matze stellte sich breitbeinig vor die Klasse und verschränkte die Arme.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein Schüler war. So ernsthaft gefährdet durchzufallen, ist keiner von uns. Also hätte auch niemand ein Motiv, ihn kaltzumachen.« Der Schüler Tobias nahm seine Brille ab und sah mit kurzsichtigen Augen seine Klassenkameraden an. Er erntete zustimmendes Gemurmel. Studiendirektor Petermann meinte mit Blick zu Belu und Klaus: »Ihr könnt gehen. Aber bitte leise. Morgen wissen wir sicher mehr.« Das ließen sich die Schüler nun doch nicht ein zweites Mal sagen. Schnell leerte sich das Klassenzimmer. Die Kommissare und Petermann blieben zurück.
»Die sind ja recht diszipliniert«, meinte Belu. Sie sah, wie etliche der Schüler beim Rausgehen die Handys zückten. Meiers Tod hatte bestimmt schon die Runde gemacht.
»Beim Kollegen Meier trauten sich die wenigsten Schüler zu quatschen oder eine große Lippe zu riskieren. Zu groß war die Angst, von ihm bloßgestellt und blamiert zu werden.« Johannes Petermann zupfte wieder nervös an seinem Hemdknopf. »Ja, das konnte er gut. Andere bloßstellen. Nicht nur Schüler. Leider auch Kollegen.«
»Hatte er Sie bloßgestellt? Wie wir hörten, haben Sie sich beide auf den Posten des Direktors beworben.«
»Da gibt es nichts zum Bloßstellen.« Petermann lächelte. Seine Augen lächelten nicht mit. »Ich habe die erforderlichen Seminare besucht, und wenn es diesmal nicht klappt – es gibt noch andere Schulen in Nürnberg, die einen Direktorenposten zu besetzen haben. Eine Frage der Zeit. Wissen Sie, Meier ließ keinen Zweifel daran, dass er Autorität besaß. Und er war sehr konsequent in seinem schulischen Fortkommen. Nicht nur zu den Schülern, auch im Lehrerzimmer ließ er seinen Lieblingsspruch los: Man soll den Tag nicht vor dem Elternabend loben!«
»Ich nehme an, dass er für die Schülerzeitung ein ergiebiges Opfer war.« Klaus Hofmockel nahm eine Broschüre, die auf einem Packen Papier lag. Laut las er vor: »Das Gehirn ist eine fabelhafte Einrichtung. Es beginnt zu arbeiten, sobald man aufsteht, und es hört auf, wenn man in der Schule ist. Setz dich wieder hin, Martin, die Tafel ist heute offenbar dein Feind. Das wird wohl nichts mehr, oder?«
Belu schmunzelte. »Solche Sprüche werden von Schülern mit Vorliebe gesammelt und in den Schülerzeitungen zum Besten gegeben. Das war schon zu meiner Schulzeit so. War er eigentlich ein guter Lehrer?«, fragte sie übergangslos.
»Wenn er gut drauf war, konnte er wirklich fantastisch erklären. Das haben wir oft von den Schülern gehört. In der Mathe-AG ist er richtig aufgegangen und meist hatte er einen flotten Spruch auf den Lippen. Wenn er menschlich nicht so ein Arschloch gewesen wäre, hätte man ihn glatt nett finden können.« Petermann schlug sich leicht auf den Mund.
»Entschuldigen Sie die Wortwahl«, sagte er. »Man soll nicht schlecht über einen Toten sprechen. Noch dazu, wenn es ein Kollege war. Es war nicht immer leicht mit ihm.«
Belu sah den Lehrer aufmerksam an. Der konnte ihn partout nicht leiden, konstatierte sie für sich. Und nicht nur, weil beide auf den Posten des Direktors scharf waren.
»Wissen Sie«, Petermanns linkes Auge zuckte ein bisschen, »früher war Meier nicht so. Da war er eher ruhig und zurückhaltend.«
»Sie kennen ihn schon länger?« Klaus kramte einen Notizblock aus seiner Jackentasche.
»Wir haben vor gut zehn Jahren hier am Hedwig-Gymnasium angefangen. Da wir beide neu waren, haben wir uns, sagen wir solidarisiert. Wir waren jetzt nicht unbedingt die besten Freunde, aber ab zu sind wir sogar einen trinken gegangen. Wir sind gut miteinander ausgekommen. Haben uns geholfen, schon mal Stunden getauscht, wenn es zeitlich passte. Und gequatscht, wenn wir eine gemeinsame Freistunde hatten.«
»Meier war also ein umgänglicher Kollege, mit dem man auch mal was unternehmen konnte. Haben Sie sich auch privat getroffen?«
»Das nicht. Unser Kontakt blieb auf die Schule beschränkt. Ich mochte ihn. Leider hat er sich in den letzten Jahren sehr verändert. Ist zynisch geworden, oft auch wütend. Aber er hatte sich immer gut unter Kontrolle.«
»Wie äußerte sich das?«, hakte Klaus nach.
»Nun, blöde Sprüche, die teilweise verletzend waren. Nicht nur gegenüber Schülern, auch im Lehrerkollegium nahm er kein Blatt vor den Mund. Ich bin mir nicht sicher, ob er immer mit fairen Mitteln gearbeitet hat.«
»Sie meinen, weil Sie sich beide auf den Posten des Direktors beworben haben?«
Petermann schwieg angespannt. Die Ader an seiner linken Schläfe pochte leicht.
»Sorry!« Der Junge, der wieder ins Klassenzimmer eilte, sagte atemlos: »Ich habe was vergessen.« Zielstrebig ging er auf die hintere Bankreihe zu, holte seine Jacke, die über dem Stuhl hing. Und schon war er wieder weg.
»Wer war das?«, fragte Belu.
»Nico Wolfermann. Ein Mathegenie, wie man allgemein hört. Er war in Meiers Mathe-Arbeitsgemeinschaft. Seit einem halben Jahr ist er bei uns an der Schule«, war die Antwort.
»Ach ja, er bekam vorhin den Radiergummi an den Kopf.«
Petermann nickte. Dann schloss er das Fenster und nahm das Klassenbuch an sich.
»Die Schüler haben den Kollegen Meier ganz gut dargestellt. So war er. Ich glaube, eine bessere Beschreibung über seinen Charakter bekommen Sie nicht.«
Petermann nickte den beiden Kommissaren zu und entfernte sich grußlos. Belu und Klaus gingen schweigend zum Parkplatz vor dem Schulgebäude.
»Schon komisch, dass die Schüler sich mehr über die Person Meier ausgelassen haben. Der Mord und unsere Ermittlungen interessierte sie weniger. Keiner hat gefragt, wer es war. Ist dir das auch aufgefallen, Klaus?«
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