Die Pfaffenhure. Alice Frontzek
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Pfaffenhure - Alice Frontzek страница 5

Название: Die Pfaffenhure

Автор: Alice Frontzek

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

Серия:

isbn: 9783839269060

isbn:

СКАЧАТЬ und Brauhöfen gesäumt war, und schließlich links in die Futterstraße.

      Sie kehrten im Haus zum Großen und Kleinen Rebstock der Familie des Otto Ziegler ein. Es war ein stattliches Haus, das die Zieglers vor fünfzig Jahren gebaut hatten. Otto war alt, aber sein Sohn führte die Geschäfte der Brauerei, des Getreidehandels, der Ausspanne und des Gasthauses fort. Martin und Hans waren gleichermaßen beeindruckt, obwohl das Anwesen ihnen von einem Freund aus Mansfeld empfohlen und bereits ausführlich beschrieben worden war. Da waren die achtzehn Zinnen, die in den Farben der achtzehn Königreiche angemalt waren, die Otto während seiner ausgedehnten Reisen besucht hatte. Es waren dies das Römische Königreich, Kroatien, Sizilien, Frankreich, das Reich des Priesters Johannis, Dänemark, Böhmen, Dalmatien, Cypern, Portugal, England, Schweden, Ungarn, Neapel, Armenien, Mavarra, Schottland und Polen. Rechts, in Höhe des ersten Geschosses, prangte das Familienwappen: ein roter Hirschkopf im roten Felde.

      Den Hausnamen hatte der frühere Ratsherr Otto gewählt, nachdem er aus dem Heiligen Land einen Rebstock mitgebracht und bei sich eingepflanzt hatte. Angeblich ein Abkömmling der wunderbaren Reben des Landes Kanaan. Er stand noch immer im Innenhof und trug jeden Herbst reichlich Trauben.

      Hans klopfte an der großen Tür des Hauses. Otto der Jüngere öffnete und sagte, er werde das Tor öffnen lassen und bitte sie, zunächst Wagen und Pferde hineinzuführen, dann könnten sie vom Hof aus ins Haus kommen.

      Das weite, hohe Tor wurde von einem Stallknecht nach innen aufgezogen. Er übernahm auch gleich die Zügel und wies einen Stallburschen an, die Pferde von der Kutsche loszumachen und in den Stall zu führen.

      Von der Straße aus war die Größe des Innenhofes nicht zu erahnen gewesen. Es gab dort auf einer Seite fünf Stalltore, die zu den Pferdeständen führten, auf der anderen Seite befand sich die Remise. Der vordere Hofteil bot Platz für den Ausschank in der Zeit, in der der Brauer jeweils für vierzehn Tage sein Bier verkaufen konnte, und ganz hinten gab es weitere Anbauten, vermutlich ein Brauhaus und eine Werkstatt.

      Der Stallknecht zeigte ihnen den Eingang in das Gasthaus.

      »Nochmals – guten Abend und frohe Ostern! Der Sohn soll wohl in Erfurt studieren?«, riet Ziegler richtig. Er wusste, wann die Väter ihre Söhne zur Intitulation brachten.

      »Frohe Ostern. Ja, nach der Lateinschule das Studium! Kommen viele angehende Studenten zu Euch?«, fragte Hans.

      »Lasst uns an die neunzehntausend Erfurter sein, davon gibt es fast achthundert Geistliche und immerhin fünfhundert Studenten«, berichtete der Wirt stolz, der er sich als Mitglied des Rates natürlich bestens auskannte. »Jedes Jahr werden es mehr. Hat einen guten Ruf, unsere Universität. Gratuliere! Mach was draus, Junge!«, wandte er sich an Martin. »Wie lange bleibt Ihr?«

      »Ich werde übermorgen abreisen, und Martin zieht bereits morgen in eine der Bursen.«

      »Ihr seid woher?«

      »Aus Mansfeld.«

      »Dann müsste er eigentlich in die Georgenburse für sächsische und thüringische Studenten. Augustinerstraße zwischen Georgskirche und Nikolaikirche, gleich bei der Lehmannsbrücke. Der Fluss fließt direkt am Hof vorbei. Die Lehmannsbrücke ist eine Marktbrücke. Da ist immer was los. Viel zu sehen. Ein Stückchen weiter ist das Augustinerkloster. Wird sicher eine schöne Zeit. Auch ich habe an der Universität studiert, ohne das Bakkalaureats-Examen. Die Arbeit hier musste gemacht werden.« Er lachte etwas wehmütig. Dann gab er ihnen einen großen eisernen Schlüssel für die Kammer mit den zwei Betten. »In der Gaststube bekommt Ihr noch bis neun Uhr eine warme Suppe und Bier.«

      Hans und Martin bedankten sich, nahmen ihr Gepäck und gingen in die Kammer. Sie lag im ersten Stock. Die Decke des Raumes hatte bemalte Balken, zwischen den beiden Betten stand ein Tisch mit zwei Stühlen, und die Betten selbst hatten blaue Vorhänge, die an den Ecken zurückgebunden waren. Die Kissen und Zudecken – ebenfalls blau mit weißen Blaudruckmustern – waren dick mit Daunen befüllt. Ein kleiner Ofen stand neben der Tür. Ziegler hatte gesagt, er würde gleich nach der Magd schicken, die den Ofen anfeuern und heiße Bettpfannen bringen würde. Die Aprilnächte wären noch recht kalt. Zufrieden, heile angelangt und so gut untergekommen zu sein, wollten Martin und sein Vater nur noch kurz in der Gaststube sitzen und etwas zu sich nehmen.

      In der Stube gab es fünf große Holztische, die bis auf einen auch alle besetzt waren. Als sie saßen und sich umblickten, sahen sie zur Rechten zwei dunkelhäutige Männer mit schwarzen Schnurrbärten und roten Gewändern. Ganz in der Ecke saß ein Afrikaner mit einem Juden am Tisch.

      »Ich hatte gehört, Erfurt hätte keine jüdischen Bürger mehr«, wunderte sich Hans. Er wusste, dass die Juden aus Mansfeld einst gekommen waren, weil sie aus Erfurt vor nunmehr siebenundvierzig Jahren vertrieben worden waren. Er hatte schon überlegt, ob er bei einem von ihnen einen Kredit für seine erste eigene Hütte aufnehmen sollte.

      »Bürger, Vater, Bürger. Das heißt doch nicht, dass sie als durchreisende Händler nicht in Erfurt sind.«

      »Hier geht’s ja bunt zu. Na ja, ist halt ein Handelsort mit Stapelrecht. Hier kommen alle durch, die von West nach Ost, von Nord nach Süd wollen. Dann packen sie drei Tage hier aus, bevor sie weiterfahren können. Vielleicht musst du mir irgendwann einmal etwas besorgen, das es nur hier gibt. Dienstagfrüh sehen wir uns zusammen noch mal um. So viel Zeit habe ich, bevor ich fahre.«

      Die Suppe war kräftig, das Bier süffig. Beim Neun-Uhr-Glockenschlag wurden ihre Krüge eingesammelt, und sie gingen in ihre Kammer, die nun behaglich warm war. Endlich am Ziel, fielen sie schnell in einen tiefen Schlaf und hörten noch nicht einmal mehr den Nachtwächter, der um zehn seine Runden drehte.

      Am Ostermontag, so stand es in dem Brief, den Hans vor einigen Wochen von der Universität erhalten hatte, war für alle neuen Studenten die Ostermontagsmesse bereits Teil ihrer Einschreibung. Sie machten sich nach dem Frühstück zu Fuß auf den Weg zur Michaeliskirche. Martin blickte immer wieder staunend umher, so sehr beeindruckten ihn das bunte Treiben und die vielen Menschen auf den Straßen. Sie hatten es nicht weit. Nur die Futterstraße entlang bis auf den Wenigemarkt, dann durch einen Durchgang im Turm der Ägidienkirche über die Krämerbrücke mit ihren vielen Läden, am anderen Ende durch das Tor im Kirchenschiff der Benediktskirche wieder herunter und gleich die zweite rechts in die Michaelisstraße. Dort an stattlichen Häusern und der Großen Waage vorbei, dann rechts hinter der Dreifaltigkeitskapelle mit dem Erker zur Michaeliskirche. Sie wussten, dass sie richtig waren, denn gegenüber befand sich, nicht zu übersehen, das Collegium Maius, das große Hauptgebäude der ehrwürdigen Universität zu Erfurt. Studenten und Professoren in ihren Talaren gingen zwischen den beiden Gebäuden hin und her.

      »Komm, wir fragen jemanden, ob wir dich irgendwo anmelden müssen«, sagte Hans.

      Sie gingen auf einen etwas älteren Mann mit rot-weißem Talar zu, der dem Lehrkörper angehören musste.

      »Verzeiht. Dies ist mein Sohn Martin, der sich heute zum Studium einschreiben möchte. Wo soll er sich melden?«

      »Oh, seid willkommen!« Der Mann reichte beiden die Hand. »Sucht Euch einen Platz in der Kirche, alles Weitere wird dort angesagt, die Studenten, die wir erwarten, werden aufgerufen und dann auf spezielle Plätze verwiesen. Schön, es freut mich, Martin, dass Ihr zu uns kommen wollt.« Er nickte höflich und verschwand eiligen Schrittes in der Kirche. Hans und Martin folgten ihm.

      Drinnen herrschte ein aufgeregtes Hin und Her, jeder hatte wohl noch Verschiedenes zu erledigen. Als Gast konnte Martin dem Treiben noch recht entspannt zusehen. Das würde im nächsten Jahr sicher schon anders sein. Es stellten sich noch andere Vater-Sohn-Gespanne neben sie, bei manchen war auch die Mutter СКАЧАТЬ