Название: Blutgeld
Автор: Neal Hall
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783854453987
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Alles begann wie ein Routinejob. Randy Potts beauftragte Plante, besagten Betnar aus seinem Büro zu holen und ihn zu O’Haras luxuriösem Haus in Surrey, einem Vorort von Vancouver, zu bringen, um der Forderung Nachdruck zu verleihen. Während der 40-minütigen angespannten Fahrt breitete sich eine unangenehme Atmosphäre im Wagen aus. Betnar war klar, was ihn erwartete, und er sagte kaum ein Wort. Am Ziel der Reise angekommen, parkte Plante vor einer großen Werkstatt, in der O’Hara an Dragster-Bikes schraubte. Er erklärte Betnar, dass O’Hara drinnen warte, um mit ihm Klartext zu reden.
Plante saß dann draußen und hörte Betnar, der drinnen verprügelt wurde, schreien. Schließlich torkelte Betnar mit blutigen Striemen auf Gesicht und Armen aus der Tür. Unter unerträglichen Schmerzen humpelte er zu Plantes Auto.
Die meisten Opfer der Hells Angels hätten kein Sterbenswörtchen über eine Prügelattacke verloren, und das Leben der mächtigsten Gang an der Ostküste hätte seinen gewohnten Lauf genommen. Doch Betnar wandte sich an die Polizei, die ihm das anbot, ihn ins Zeugenschutzprogramm aufzunehmen, ein Verfahren, das mit einem Umzug einherging. Im Anschluss an Betnars Aussage wurden Plante und O’Hara verhaftet und wegen Erpressung angeklagt.3
Man brachte Plante in das Gefängnis in Surrey. Nachdem er einige Stunden in der Zelle gesessen hatte, fällte er eine Entscheidung, die sein Leben von Grund auf umkrempeln sollte.
Er nahm Kontakt zur RCMP [Royal Canadian Mounted Police, Bezeichnung für die kanadische Polizeibehörde] auf, die ihr Büro direkt neben dem Knast hatte, und erklärte sich grundsätzlich bereit mit der Polizei zusammenzuarbeiten.
Die Beamten versuchten schon seit Jahren, die Gang zu unterwandern, und die Tatsache, dass Plante in einem Vertrauensverhältnis zu den East-End-Angels stand, wirkte sich auf den weiteren Verlauf der Deals positiv aus.
Die Polizei mutmaßte, dass das East-End-Chapter eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Kokaingeschäfts spielte und dass es sich mögliche Konkurrenten mit Gewalt vom Halse hielt.
Die Beamten gingen außerdem davon aus, dass eine Expansion in den Bereichen Produktion und Handel mit synthetischen Drogen wie Ecstasy und Methamphetamin – auf der Straße auch als Crystal Meth bekannt – und von Geschäften im Bereich der Internet-Pornografie und des Online-Glücksspiels aus.
Plante wurde in einen Verhörraum gebracht, wo er auf zwei Mounties traf, die später seine Kontaktleute bei der Polizei wurden. Einer der Beamten fragte ihn mit Nachdruck, warum er bereit sei, mit der Polizei zu kooperieren. Er wollte sichergehen, dass Plante nicht vorhatte, in die Rolle eines Doppelagenten zu schlüpfen, denn als solcher hätte er die Überwachungsmaßnahmen der Behörde den Kumpeln aus der Biker-Szene verraten können. Plante erzählte dem Beamten kurz und bündig seinen Lebenslauf und betonte dabei, dass ihm die jetzige Situation überhaupt nicht behage.
Der Mountie führte ihm unmissverständlich vor Augen, dass ihm eine Anklage wegen Erpressung ohne Zweifel eine Haftstrafe einbringen werde. Während des Gesprächs wurde dem eingeschüchterten Plante aber auch mitgeteilt, dass die Polizei im Falle einer Zusammenarbeit die Anschuldigungen unter den Tisch fallen lassen könnte …
Plante zögerte zunächst, auf das konkrete Angebot einzugehen. Er wusste, dass Leute, die sich gegen die Hells Angels stellten, diesen Verrat in der Regel mit dem Leben bezahlten.
Der Beamte gab Plante Bedenkzeit, übergab ihm seine Karte und sagte, er könne ihn bei einem eindeutigen Entschluss jederzeit anrufen.
Nachdem er in die Zelle zurückgekehrt war, dachte Plante über sein Leben nach. Ihm war klar, dass ihm mindestens einige Jahre im Knast blühten. Unter dem Vorwand, seinen Rechtsanwalt anrufen zu wollen, bat er um die Möglichkeit eines Telefonats. Er wollte erfahren, was die Mounties genau von ihm verlangten.
„Wir werden Ihnen die Spesen erstatten und abwarten, wie es so läuft“, lautete die Antwort.
Plante erkannte, dass es bei einer Zusage keinen Weg mehr zurück gab. Das ihm so vertraute Leben wäre vorbei. Er hatte gehört, wie die Biker über „Ratten“, wie Polizeispitzel in der Unterwelt hießen, redeten.
„Nur eine tote Ratte ist eine gute Ratte“, hatte man ihm wiederholt zu verstehen gegeben.
„Blutgeld“ ist die packende Geschichte der Zerschlagung der Hells Angels in Vancouver. Sie basiert auf Material, das der Krone im Zusammenhang mit dem Prozess zugänglich gemacht wurde, auf Mitschnitten von Abhöraktionen, Zeugenaussagen vor Gericht und Interviews mit der Polizei und Personen der kriminellen Unterwelt. Die Cops und die Behörden kamen schnell zu der Einsicht, dass sie es bei den Hells Angels mit einem mächtigen und furchterregenden Feind zu tun hatten, und auch Plante erkannte, dass er sich mit Typen eingelassen hatte, die man besser niemals betrügen sollte …
1 Nachdem gegen Robinson am Ende langwieriger Ermittlungen schließlich Anklage erhoben wurde, stieg er bei den Hells Angels aus.
2 O’Hara hat mittlerweile die Hells Angels verlassen und arbeitet nun als Industrieschweißer.
3 Die Anklagen gegen Plante und O’Hara wurden später übrigens von der Krone wieder fallengelassen.
Eine angespannte Erwartungshaltung bestimmte das Leben der Beamten, denn nun war es ihnen endlich gelungen, einen Informanten mit Insider-Wissen bei den Hells Angels in Vancouver einzuschleusen. Die Polizei hatte wiederholt bekanntgegeben, dass die Hells Angels die Nummer 1 des organisierten Verbrechens in B.C. [British Columbia, kanadische Provinz an der Westküste] seien und somit ganz oben auf ihrer Liste ständen. Das East-End-Chapter hatte sich bislang aber einer Strafverfolgung der Behörden entziehen können. Seinen Mitgliedern eilte der Ruf der Unberührbarkeit und Immunität voraus …
Nachdem Plante auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden war, kontaktierte er über einen Pager die RCMP, um mit ihr Details der Informantentätigkeit zu klären. Die Mounties, die dem Unternehmen den Codenamen E-Pandora gaben, boten ihm zuerst 2.000 Dollar monatlich für alle erdenklichen Informationen über die Biker an. Schon bald erhöhten sie die Summe auf 3.000 Dollar.
Plante stimmte der Vereinbarung zu, da er wahrscheinlich den vor ihm liegenden Stress unterschätzte. „Ich versuchte einige meiner Schandtaten wieder gutzumachen“, gab er später in einem Gespräch als Grund dafür an, dass er die Angels infiltrierte.
Plante sollte einen wichtigen Beitrag bei den Ermittlungsarbeiten leisten, die bis zu dem Zeitpunkt ergebnislos verlaufen waren. 2004 beherrschten die gefürchteten Hells Angels British Columbia bereits seit über 20 Jahren. Sie waren für ihre Drogengeschäfte bekannt und für die gewaltsame Durchsetzung der Kontrolle im eigenen Gebiet. An erfolgreich abgeschlossenen Strafverfahren konnte die Polizei der Öffentlichkeit nur wenig vorweisen; dadurch wurde das Vertrauen der Bürger nachhaltig erschüttert. Das Gesetz schien für die Hells Angels nicht zu gelten.
Eine Recherche der Vancouver Sun im Jahr 2004 ergab, das 60 Prozent der Fälle gegen die Hells Angels, darunter Anklagen wegen Drogenhandel, Erpressung und tätlicher Angriffe, mit Freisprüchen endeten oder mit der Einstellung durch die Krone – was offiziell aber meist als Aussetzung deklariert wurde.
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