Название: Blutige Straßen
Автор: Kerrie Droban
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783854454489
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So in der Art müsste es funktionieren.
Beefs Kritiker argumentierten, dass der Plan einige Macken habe, ja sogar undurchführbar sei. Wer sei so dumm, einen Biker zu spielen, ohne die wichtigste Fähigkeit draufzuhaben – ein Bike zu fahren? Beef schmetterte die Einwände mit der ihm typischen Respektlosigkeit ab. Meine Güte, jeder Agent war ein Schauspieler und wenn man ihm die Möglichkeit gab, einen „wahren“ Outlaw zu personifizieren – eine sowohl glamouröse als auch potentiell karriereförderliche Rolle –, würde er es schon lernen (oder zumindest glaubhaft rüberbringen).
Abgesehen von allem, was sich um ein Bike drehte, servierte Beef den Anzugträgern des ATF weitere schlagkräftige Argumente. Rudy stand schon längst in Kontakt zu den Hells Angels. Darüber hinaus war geplant, dass die Agenten in waschechter Solo Angeles-Kluft auftauchten, wodurch sie von der ersten Sekunde an glaubhaft wirkten. Die Patches nachzuahmen stellte kein großes Problem dar. Beef wollte sich Rudys authentisches Solo Angeles-Abzeichen ausleihen und die Mutter eines pensionierten Spezialagenten einspannen, damit sie seinem Team die Kopien auf die Lederwesten nähte. Die alte Dame sollte darüber hinaus Buttons fertigen, Bottomrocker für die Prospects sowie Namensschilder und Anhänger mit folgenden Motti: FSSF („Forever Solos, Solos Forever“), FTW („Fuck The World“ – ein beliebter Slogan der Outlaw-Biker), Pistoleros de Mexico, IIWII („It Is What It Is“). Hinzu kamen Anstecker, um den Rang jedes Agenten im Chapter zu verdeutlichen.
„Und wie willst du O’Brien klarmachen, dass sie Bundesagenten gestattet, Abzeichen von Outlaw-Bikern zu tragen?“, wollte ATF Special Agent Christopher („Cricket“) Livingston eines Morgens von Beef wissen. Die beiden saßen in einem Starbucks und hatten schon einige Tassen tiefschwarzen Kaffees intus. Cricket arbeitete weniger als fünf Jahre als Agent. Er war ein ehemaliger Marine, eingesetzt bei Spezialoperationen und Aufklärungsmissionen.
„Wir überzeugen sie, dass die Hells Angels parasitäre Arschlöcher sind!“, schlug Beef vor, während er sich einen Muffin nahm.
In der Öffentlichkeit präsentierten die Biker ihre „Bruderschaft“ als eine eklektische Bande harmloser Jungs mittleren Alters, die gerne ärmellose Kutten oder Bowling-Jeanshemden trugen und aufgemotzte Motorräder fuhren. Jedes Jahr verkauften die Biker Hells Angels-Merchandise in Millionenhöhe – Kappen mit der Aufschrift „Support Your Local 81“, „That’s Right, Red And White“-Shirts, „When In Doubt, Knock ’Em Out“-Sticker und Plakate mit der Aufschrift „We Ain’t Havin’ Fun Till Someone Dials 911“. In der Realität konnte man die Angels als einen Schwarm beschreiben, eine unbarmherzige Bande plündernder Schläger, die sich ihre Kohle mit den Einnahmen aus Drogengeschäften verdienten, aus Einbrüchen, dem Umbau gestohlener Fahrzeuge und dem Striptease-Geschäft.
„Wie sieht es mit den realen Solo Angeles aus? Die werden Fragen stellen. Es ist doch nicht so, dass unsere Jungs nach Tijuana zur gegenseitigen Umarmung fahren können!“, gab Cricket zu bedenken, wobei er sich in das Nasenbein kniff, als hätte er Kopfschmerzen.
„Wir werden Rudy losschicken“, antwortete Beef und wischte einige Krümel vom Tisch.
„Der Typ ist oft abgelenkt und kann die ganze Operation in Gefahr bringen“, mahnte Cricket zur Vorsicht und schüttete den restlichen Kaffee in die Mülltonne.
„Wir werden ihm einen Babysitter an die Seite stellen“, meinte Beef geradeheraus.
„Und wer ist der Glückspilz?“
„Bird“ oder „Jay Bird“ lautete der Spitzname, den der große, schlanke, über und über tätowierte ATF-Agent seit seiner Kindheit trug. Er war Spezialist für Undercover-Operationen und lebte seit neun Monaten in einem verbarrikadierten Haus in den Randbezirken von Bullhead City, einer heruntergekommenen Wüstenstadt in der Nähe von Laughlin, 140 Kilometer von Las Vegas entfernt. Das ATF hatte Bird nach Bullhead abgestellt, damit er die Operation Riverside leitete, eine Ermittlung, die sich um harte Kopfgeldjäger drehte, die ein illegales Waffengeschäft unterhielten.
Bird hatte die Identität eines Schuldeneintreibers angenommen, der allzu gerne den Baseballschläger für die Casinos in Las Vegas schwang und Waffen nach Mexiko schmuggelte. Als sich Birds zweifelhafter Ruf während der Monate verbreitete, die er in Bullhead lebte, begann die kriminelle Unterwelt mit ihm Waffendeals abzuschließen und gab sogar Morde in Auftrag. Auch die Hells Angels wurden auf Bird aufmerksam und begannen sich mit ihm zu treffen. Sie übernachteten bei ihm und schliefen oft auf den Sandsäcken, die an den Wänden der höhlenähnlichen Wohnung aufgestapelt waren. Die Angels entwickelten eine feste Beziehung zu dem Undercover-Cop, was Bird zum idealen Kandidaten machte, um die Operation Black Biscuit zu leiten.
Fünf Uhr morgens. Birds Fenster waren mit Sperrholzbrettern vernagelt. Seine Dusche stank nach dem Desinfektionsmittel Clorox, eine Erinnerung an die Reinigung des Badezimmers, denn der letzte Abhängige hatte dort voll reingekotzt. Bird empfing selten Besucher.
Er biss die Zähne zusammen, während er durch eine Spalte des Fensters blinzelte. Tommy, der Bombenbastler, stieg aus seinem Monte Carlo aus, den dreijährigen Sohn im Schlepptau. Er trug eine kugelsichere Weste und einen Motorradhelm und leckte an einem Eiscremehörnchen. Bird traf die beiden hinter dem Haus, wo sich der einzige Eingang befand. Schnell schnappte er sich die Napalmbombe, die das Kind achtlos in den Händen hielt.
„Ich bin gleich zurück“, sagte er, legte die Bombe auf den Fußboden, brachte den Jungen nach draußen und sperrte ihn im Wagen seines Dads ein. Der Junge presste den Kopf gegen die verdreckten Fenster. Bird schluckte. Seine Gedanken drehten sich um den eigenen Sohn, den er schon seit Wochen nicht mehr gesehen hatte.
Am liebsten hätte er Tommy die verfluchte Bombe in die Fresse gesteckt und bis zum Arschloch runtergedrückt. Eigentlich wäre es notwendig gewesen, die Kinderfürsorge anzurufen, damit sie Tommy den Jungen wegnahm. Im Moment gab es nur eine Möglichkeit – den Kleinen am sichersten Ort zu verstecken, nämlich Tommys stinkender alter Karre, auf deren Sitzen Urinflecken und Drogenreste waren.
Bird schluckte seine Wut runter, biss sich in die Wange und versuchte den Bombenkauf mit Tommy durchzuziehen. „Die ist doch Scheiße“, spuckte er und hantierte vorsichtig mit dem Sprengstoff.
„Und warum lutsche ich an einem Eis, Mann?“ Tommy grinste, während ein Tropfen Vanille das Kinn herunterlief. Er klopfte auf seine kugelsichere Weste. „Wollte noch ein wenig Spaß haben, bevor ich hochgehe.“
„Er gehört zu mir“, antwortete ATF Special Agent Greg Cowan am Telefon. Beef hatte Bird wegen seiner unbestreitbaren Talente angefordert und bestand auf den Einsatz. „Er arbeitet jetzt schon seit neun Monaten an der Operation Riverside, und wir haben mittlerweile genügend Informationen, um diese Hurensöhne …“
„In Bullhead City nimmt ihm jeder die Rolle eines Bikers ab“, parierte Beef mit einer eine Oktave höheren Stimme. „Für den Job ist er ein Naturtalent. Mal ganz davon abgesehen – dort wimmelt es vor Hells Angels, und sie haben nie vermutet, dass hinter ihm ein Cop steckt.“
Das stimmte. Die Schauspielerei war für einen Ex-Footballspieler und ATF-Veteranen ein leichtes Ding. Bird hatte schon als V-Mann gearbeitet und die Gefängnisgang „Aryan Brotherhood“ sowie Familien-Clans der organisierten Kriminalität infiltriert. Darum zeigte er sich nicht allzu überrascht, als Cowan ihm von Beefs Vorschlag erzählte.
Bird ließ den Baseball seinen Unterarm herunterrollen und lächelte. Er mochte wohl in einer „Richie-Cunningham-Familie“ aufgewachsen sein, aber er verfügte über die richtige СКАЧАТЬ