Buddenbrooks. Thomas Mann
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Название: Buddenbrooks

Автор: Thomas Mann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4064066117139

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       Inhaltsverzeichnis

      »Sie haben ihn gesehen, Herr Pastor?« –

      Die Teller wurden aufs neue gewechselt. Ein kolossaler, ziegelroter, panierter Schinken erschien, geräuchert, gekocht, nebst brauner, säuerlicher Chalottensauce, und solchen Mengen von Gemüsen, daß alle aus einer einzigen Schüssel sich hätten sättigen können. Lebrecht Kröger übernahm das Tranchieren. Die Ellenbogen in legerer Weise erhoben, die langen Zeigefinger gerade auf den Rücken von Messer und Gabel ausgestreckt, schnitt er mit Bedacht die saftigen Stücke hinunter. Auch das Meisterwerk der Konsulin Buddenbrook, der »Russische Topf«, ein prickelnd und spirituös schmeckendes Gemisch konservierter Früchte, wurde gereicht. –

      Nein, Pastor Wunderlich bedauerte, Bonaparte niemals zu Gesichte bekommen zu haben. Der alte Buddenbrook aber sowohl wie Jean Jacques Hoffstede hatten ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen; ersterer zu Paris, unmittelbar vor der russischen Kampagne, gelegentlich einer Parade im Schloßhofe der Tuilerien, letzterer zu Danzig …

      »Gott, nein, er sah nicht gemütlich aus«, sagte er, indem er einen Bissen von Schinken, Rosenkohl und Kartoffel, den er auf seiner Gabel komponiert, mit erhobenen Brauen in den Mund schob. »Übrigens soll er sich ganz heiter benommen haben, in Danzig. Man erzählte sich damals einen Scherz … Er hasardierte den ganzen Tag mit den Deutschen, und zwar nicht eben harmlos, abends aber spielte er mit seinen Generälen. ›N'est-ce pas, Rapp‹, sagte er, und griff eine Handvoll Gold vom Tische, ›les Allemands aiment beaucoup ces petits Napoléons?‹ – ›Oui, Sire, plus que le Grand!‹ antwortete Rapp …«

      In der allgemeinen Heiterkeit, die laut wurde – denn Hoffstede hatte die Anekdote hübsch erzählt und sogar ein wenig das Mienenspiel des Kaisers markiert –, sagte der alte Buddenbrook:

      »Na, ungescherzt, allen Respekt übrigens vor seiner persönlichen Großheit … Was für eine Natur!«

      Der Konsul schüttelte ernsthaft den Kopf.

      »Nein, nein, wir Jüngeren verstehen nicht mehr die Verehrungswürdigkeit des Mannes, der den Herzog von Enghien ermordete, der in Ägypten die achthundert Gefangenen niedermetzelte …«

      »Das alles ist möglicherweise übertrieben und gefälscht«, sagte Pastor Wunderlich. »Der Herzog mag ein leichtsinniger und aufrührerischer Herr gewesen sein, und was die Gefangenen betrifft, so war ihre Exekution wahrscheinlich der wohlerwogene und notwendige Beschluß eines korrekten Kriegsrates …« Und er erzählte von einem Buche, das vor einigen Jahren erschienen war, und das er gelesen hatte, das Werk eines Sekretärs des Kaisers, das volle Aufmerksamkeit verdiene …

      »Gleichviel«, beharrte der Konsul, indem er eine Kerze putzte, die im Armleuchter vor ihm flackerte. »Ich begreife es nicht, ich begreife nicht die Bewunderung für diesen Unmenschen! Als christlicher Mann, als Mensch von religiösem Empfinden finde ich in meinem Herzen keinen Raum für ein solches Gefühl.«

      Sein Gesicht hatte einen stillen und schwärmerischen Ausdruck angenommen, ja, er hatte sogar den Kopf ein wenig auf die Seite gelegt – während es wahrhaftig aussah, als ob sein Vater und Pastor Wunderlich einander ganz leise zulächelten.

      »Ja, ja«, schmunzelte Johann Buddenbrook, »aber die kleinen Napoléons waren nicht übel, was? Mein Sohn schwärmt mehr für Louis Philipp«, fügte er hinzu.

      »Schwärmt?« wiederholte Jean Jacques Hoffstede ein bißchen mokant … »Eine kuriose Zusammenstellung! Philipp Egalité und schwärmen …«

      »Nun, mich dünkt, daß wir von der Juli-Monarchie bei Gott eine Menge zu lernen haben …« Der Konsul sprach ernst und eifrig. »Das freundliche und hilfreiche Verhältnis des französischen Konstitutionalismus zu den neuen praktischen Idealen und Interessen der Zeit … ist etwas so überaus Dankenswertes …«

      »Praktische Ideale … na, ja …« Der alte Buddenbrook spielte während einer Pause, die er seinen Kinnladen gönnte, mit seiner goldenen Dose. »Praktische Ideale … ne, ich bin da gar nich für!« Er verfiel vor Verdruß in den Dialekt. »Da schießen nun die gewerblichen Anstalten und die technischen Anstalten und die Handelsschulen aus der Erde, und das Gymnasium und die klassische Bildung sind plötzlich Bêtisen, und alle Welt denkt an nichts, als Bergwerke … und Industrie … und Geldverdienen … Brav, das alles, höchst brav! Aber ein bißchen stüpide, von der anderen Seite, so auf die Dauer – wie? Ich weiß nicht, warum es mir ein Affront ist … ich habe nichts gesagt, Jean … die Juli-Monarchie ist eine gute Sache …«

      Senator Langhals aber sowohl wie Grätjens und Köppen standen dem Konsul zur Seite … Ja, wahrhaftig, vor der französischen Regierung und den gleichartigen Bestrebungen in Deutschland müsse man die größte Achtung haben … Herr Köppen sagte wieder »Achung«. – Er war noch viel röter geworden während des Speisens und schnob vernehmlich; Pastor Wunderlichs Gesicht aber blieb weiß, fein und aufgeweckt, obgleich er in aller Behaglichkeit ein Glas nach dem anderen trank.

      Die Kerzen brannten langsam, langsam hinunter und ließen dann und wann, wenn ihre Flammen im Luftzuge zur Seite flackerten, einen feinen Wachsgeruch über die Tafel hinwehen.

      Man saß auf hochlehnigen, schweren Stühlen, speiste mit schwerem Silbergerät schwere, gute Sachen, trank schwere, gute Weine dazu und sagte seine Meinung. Man war bald bei den Geschäften und verfiel unwillkürlich mehr und mehr dabei in den Dialekt, in diese behaglich schwerfällige Ausdrucksweise, die kaufmännische Kürze sowohl wie wohlhabende Nachlässigkeit an sich zu haben schien, und die hie und da mit gutmütiger Selbstironie übertrieben wurde. Man sagte nicht: »an der Börse«, man sagte ganz einfach: »an Börse« …, wobei man zum Überfluß das r wie ein kurzes ä aussprach und ein wohlgefälliges Gesicht dazu machte.

      Die Damen waren dem Disput nicht lange gefolgt. Madame Kröger führte ihnen das Wort, indem sie in der appetitlichsten Art die beste Manier auseinandersetzte, Karpfen in Rotwein zu kochen … »Wenn sie in ordentliche Stücken zerschnitten sind, Liebe, dann mit Zwiebeln und Nelken und Zwieback in die Kasserolle, und dann kriegen Sie sie mit etwas Zucker und einem Löffel Butter zu Feuer … Aber nicht waschen, Liebste, alles Blut mitnehmen, um Gottes willen …«

      Der alte Kröger ließ die angenehmsten Scherze einfließen. Konsul Justus, sein Sohn, aber, der neben Doktor Grabow weiter unten in der Nähe der Kinder saß, hatte mit Mamsell Jungmann ein neckisches Gespräch angeknüpft; sie kniff ihre braunen Augen zusammen und hielt nach ihrer Gewohnheit Messer und Gabel gerade empor, indem sie sie leicht hin und her bewegte. Selbst Oeverdiecks waren ganz laut und lebendig geworden. Die alte Konsulin hatte ein neues Kosewort für ihren Gatten erfunden: »Du gutes Schnuckeltier!« sagte sie und schüttelte ihre Haube vor Herzlichkeit.

      Das Gespräch floß in einen Gegenstand zusammen, als Jean Jacques Hoffstede auf sein Lieblingsthema zu sprechen kam, auf die italienische Reise, die er vor fünfzehn Jahren mit einem reichen Hamburger Verwandten gemacht hatte. Er erzählte von Venedig, Rom und dem Vesuv, er sprach von der Villa Borghese, wo der verstorbene Goethe einen Teil seines Faust geschrieben habe, er schwärmte von Renaissance-Brunnen, die Kühlung spendeten, von wohlbeschnittenen Alleen, in denen es sich so angenehm lustwandeln lasse, und jemand erwähnte des großen, verwilderten Gartens, den Buddenbrooks gleich hinter dem Burgtore besaßen …

      »Ja, meiner Treu!« sagte der Alte. »Ich ärgere mich noch immer, daß ich mich seinerzeit nicht resolvieren konnte, ihn ein bißchen menschlich herrichten zu lassen! Ich bin kürzlich mal wieder hindurch gegangen – es ist eine Schande, dieser Urwald! Welch nett Besitztum, wenn СКАЧАТЬ