Buddenbrooks. Thomas Mann
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Название: Buddenbrooks

Автор: Thomas Mann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066117139

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СКАЧАТЬ bloß Neugierde … Nein, heute will ich Ihnen nur das eine verraten … etwas anderes … Sehen Sie mal.«

      Hierbei zog Morten aus einer Tasche seiner Joppe das Ende eines schmalen, buntgestreiften Bandes hervor und sah mit einem Gemisch von Erwartung und Triumph in Tonys Augen.

      »Wie hübsch«, sagte sie verständnislos. »Was bedeutet das?«

      Morten aber sprach feierlich: »Das bedeutet, daß ich in Göttingen einer Burschenschaftsverbindung angehöre – nun wissen Sie es! Ich habe auch eine Mütze in diesen Farben, aber die habe ich für die Ferienzeit dem Gerippe in der Polizistenuniform aufgesetzt … denn hier dürfte ich mich nicht damit sehen lassen, verstehen Sie … Ich kann doch darauf rechnen, daß Sie reinen Mund halten? Wenn mein Vater von der Sache erführe, so gäbe es ein Unglück …«

      »Kein Wort, Morten! Nein, auf mich können Sie zählen!… Aber ich weiß gar nichts davon … Sind Sie alle gegen die Adligen verschworen?… Was wollen Sie?«

      »Wir wollen die Freiheit!« sagte Morten.

      »Die Freiheit?« fragte sie.

      »Nun ja, die Freiheit, wissen Sie, die Freiheit …!« wiederholte er, indem er eine vage, ein wenig linkische, aber begeisterte Armbewegung hinaus, hinunter, über die See hin vollführte, und zwar nicht nach jener Seite, wo die mecklenburgische Küste die Bucht beschränkte, sondern dorthin, wo das Meer offen war, wo es sich in immer schmaler werdenden grünen, blauen, gelben und grauen Streifen leicht gekräuselt, großartig und unabsehbar dem verwischten Horizont entgegendehnte …

      Tony folgte mit den Augen der Richtung seiner Hand; und während nicht viel fehlte, daß beider Hände, die nebeneinander auf der rauhen Holzbank lagen, sich vereinigten, blickten sie gemeinsam in dieselbe Ferne. Sie schwiegen lange, indes das Meer ruhig und schwerfällig zu ihnen heraufrauschte … und Tony glaubte plötzlich einig zu sein mit Morten in einem großen, unbestimmten, ahnungsvollen und sehnsüchtigen Verständnis dessen, was »Freiheit« bedeutete.

       Inhaltsverzeichnis

      »Es ist merkwürdig, daß man sich an der See nicht langweilen kann, Morten. Liegen Sie einmal an einem anderen Orte drei oder vier Stunden lang auf dem Rücken, ohne etwas zu tun, ohne auch nur einem Gedanken nachzuhängen …«

      »Ja, ja … Übrigens muß ich gestehen, daß ich mich früher manchmal gelangweilt habe, Fräulein Tony; aber das ist einige Wochen her …«

      Der Herbst kam, der erste starke Wind hatte sich aufgemacht. Graue, dünne und zerrissene Wolken flatterten eilig über den Himmel. Die trübe, zerwühlte See war weit und breit mit Schaum bedeckt. Große, starke Wogen wälzten sich mit einer unerbittlichen und furchteinflößenden Ruhe heran, neigten sich majestätisch, indem sie eine dunkelgrüne, metallblanke Rundung bildeten, und stürzten lärmend über den Sand.

      Die Saison war völlig zu Ende. Der Teil des Strandes, den sonst die Menge der Badegäste bevölkerte und wo jetzt die Pavillons zum Teile schon abgebrochen waren, lag mit wenigen Sitzkörben fast ausgestorben da. Aber Tony und Morten lagerten nachmittags in einer entfernten Gegend: dort, wo die gelben Lehmwände begannen, und wo die Wellen am »Möwenstein« ihren Gischt hoch emporschleuderten. Morten hatte ihr einen festgeklopften Sandberg getürmt: daran lehnte sie mit dem Rücken, die Füße in Kreuzbandschuhen und weißen Strümpfen übereinandergelegt, in ihrer weichen grauen Herbstjacke mit großen Knöpfen; Morten, ihr zugewandt, lag, das Kinn in die Hand gestützt, auf der Seite. Eine Möwe schoß dann und wann über die See und ließ ihren Raubvogelschrei vernehmen. Sie sahen die grünen, mit Seegras durchwachsenen Wände der Wellen an, die drohend daherkamen und an dem Steinblock zerbarsten, der sich ihnen entgegenstellte … in diesem irren, ewigen Getöse, das betäubt, stumm macht und das Gefühl der Zeit ertötet.

      Endlich machte Morten eine Bewegung, als ob er sich selbst erweckte, und fragte: »Nun werden Sie wohl bald abreisen, Fräulein Tony?«

      »Nein … wieso?« sagte Tony abwesend und ohne Verständnis.

      »Ja, mein Gott, wir haben den zehnten September, … meine Ferien sind ohnehin bald zu Ende … wie lange kann das noch dauern! Freuen Sie sich auf die Gesellschaften in der Stadt …? Sagen Sie mal: Es sind wohl liebenswürdige Herren, mit denen Sie tanzen … Nein, das wollte ich auch nicht fragen! Jetzt müssen Sie mir eines beantworten«, sagte er, indem er mit plötzlichem Entschlusse sein Kinn in der Hand zurechtrückte und sie anblickte. »Es ist die Frage, die ich so lange aufgespart habe, … wissen Sie? Nun! Wer ist Herr Grünlich?«

      Tony fuhr zusammen, sah ihm rasch ins Gesicht und ließ dann ihre Augen umherschweifen wie jemand, der an einen fernen Traum erinnert wird. Dabei wurde das Gefühl in ihr lebendig, das sie in der Zeit nach Herrn Grünlichs Werbung erprobt hatte: Das Gefühl persönlicher Wichtigkeit.

      »Das wollen Sie wissen, Morten?« fragte sie ernst. »Nun, dann will ich es Ihnen sagen. Es war mir zwar höchst peinlich, verstehen Sie, daß Thomas den Namen am ersten Nachmittage erwähnte; aber da Sie ihn einmal gehört haben … genug: Herr Grünlich, Bendix Grünlich, das ist ein Geschäftsfreund meines Vaters, ein wohlsituierter Kaufmann aus Hamburg, der in der Stadt um meine Hand angehalten hat … aber nein!« antwortete sie rasch auf eine Bewegung Mortens, »ich habe ihn zurückgewiesen, ich habe mich nicht entschließen können, ihm mein Jawort fürs Leben zu erteilen.«

      »Und warum nicht … wenn ich fragen darf?« sagte Morten ungeschickt.

      »Warum? O Gott, weil ich ihn nicht ausstehen konnte!« rief sie beinahe entrüstet … »Sie hätten ihn kennen sollen, wie er aussah und wie er sich benahm! Unter anderem hatte er goldgelbe Favoris … völlig unnatürlich! Ich bin überzeugt, daß er sich mit dem Pulver frisierte, mit dem man die Weihnachtsnüsse vergoldet … Außerdem war er falsch. Er schwänzelte um meine Eltern herum und sprach ihnen in schamloser Weise nach dem Munde …«

      Morten unterbrach sie.

      »Aber was heißt … Sie müssen mir noch eines sagen … was heißt: Das putzt ganz ungemein?«

      Tony geriet in ein nervöses und kicherndes Lachen.

      »Ja … so sprach er, Morten! Er sagte nicht: ›Das nimmt sich gut aus‹, oder: ›Das schmückt das Zimmer‹, sondern: ›Das putzt ganz ungemein‹ … so albern war er, ich versichere Sie!… Dabei war er im höchsten Grade aufdringlich; er ließ nicht von mir ab, obgleich ich ihn niemals anders als mit Ironie behandelte. Einmal machte er mir eine Szene, bei der er beinahe weinte … ich bitte Sie: ein Mann, der weint …«

      »Er muß Sie sehr verehrt haben«, sagte Morten leise.

      »Aber was ging das mich an!« rief sie erstaunt, indem sie sich an ihrem Sandberg zur Seite wandte …

      »Sie sind grausam, Fräulein Tony … Sind Sie immer grausam? Sagen Sie mir … Sie haben diesen Herrn Grünlich nicht leiden können, aber sind Sie jemals einem anderen zugetan gewesen?… Manchmal denke ich: Haben Sie vielleicht ein kaltes Herz? Eines will ich Ihnen sagen … es ist so wahr, daß ich es Ihnen beschwören kann: Ein Mann ist nicht albern, weil er darüber weint, daß Sie nichts von ihm wissen wollen … das ist es. Ich bin nicht sicher, durchaus nicht sicher, daß ich nicht ebenfalls … Sehen Sie, Sie sind ein verwöhntes, vornehmes Geschöpf … Mokieren Sie sich immer nur über die Leute, die zu Ihren Füßen liegen? Haben Sie wirklich ein kaltes Herz?«

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