Название: Buddenbrooks
Автор: Thomas Mann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066117139
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»Was gibt er?« fragte Thomas interessiert und hörte auf, Tony zu plagen.
»Sechzig Taler für tausend Kilo … nicht übel, wie?«
»Das ist vorzüglich!« Tom wußte, daß dies ein sehr gutes Geschäft war.
»Tony, deine Haltung ist nicht comme il faut«, bemerkte die Konsulin, worauf Tony, ohne die Augen von ihrem Buche zu erheben, einen Ellbogen vom Tische nahm.
»Das schadet nichts«, sagte Tom. »Sie kann sitzen, wie sie will, sie bleibt immer Tony Buddenbrook. Thilda und sie sind unstreitig die Schönsten in der Familie.«
Klothilde war zum Sterben erstaunt. »Gott! Tom –?« machte sie, und es war unbegreiflich, wie lang sie diese kurzen Silben zu ziehen vermochte. Tony duldete schweigend, denn Tom war ihr überlegen, da half nichts; er würde wieder eine Antwort finden und die Lacher auf seiner Seite haben. Sie zog nur mit geöffneten Nasenflügeln heftig die Luft ein und hob die Schultern empor. Als aber die Konsulin von dem bevorstehenden Ball bei Konsul Huneus zu sprechen begann und etwas über neue Lackschuhe fallen ließ, nahm Tony auch den anderen Ellenbogen vom Tisch und zeigte sich lebhaft bei der Sache.
»Ihr redet und redet«, rief Christian kläglich, »und dies ist so fürchterlich schwer! Ich wollte, ich wäre auch Kaufmann –!«
»Ja, du willst jeden Tag etwas anderes«, sagte Tom. – Hierauf kam Anton über den Hof; er kam mit einer Karte auf dem Teebrett, und man sah ihm erwartungsvoll entgegen.
»Grünlich, Agent«, las der Konsul. »Aus Hamburg. Ein angenehmer, gut empfohlener Mann, ein Pastorssohn. Ich habe Geschäfte mit ihm. Es ist da eine Sache … Sage dem Herrn, Anton – es ist dir recht Bethsy? – er möge sich hierher bemühen …«
– Durch den Garten kam, Hut und Stock in derselben Hand, mit ziemlich kurzen Schritten und etwas vorgestrecktem Kopf, ein mittelgroßer Mann von etwa 32 Jahren in einem grüngelben, wolligen und langschößigen Anzug und grauen Zwirnhandschuhen. Sein Gesicht, unter dem hellblonden, spärlichen Haupthaar war rosig und lächelte; neben dem einen Nasenflügel aber befand sich eine auffällige Warze. Er trug Kinn und Oberlippe glattrasiert und ließ den Backenbart nach englischer Mode lang hinunterhängen; diese Favoris waren von ausgesprochen goldgelber Farbe. – Schon von weitem vollführte er mit seinem großen, hellgrauen Hut eine Gebärde der Ergebenheit …
Mit einem letzten, sehr langen Schritte trat er heran, indem er mit dem Oberkörper einen Halbkreis beschrieb und sich auf diese Weise vor allen verbeugte.
»Ich störe, ich trete in einen Familienkreis«, sprach er mit weicher Stimme und feiner Zurückhaltung. »Man hat gute Bücher zur Hand genommen, man plaudert … Ich muß um Verzeihung bitten!«
»Sie sind willkommen, mein werter Herr Grünlich!« sagte der Konsul, der sich, wie seine beiden Söhne, erhoben hatte und dem Gaste die Hand drückte. »Ich freue mich, Sie auch außerhalb des Kontors und im Kreise meiner Familie begrüßen zu können. Herr Grünlich, Bethsy, mein wackerer Geschäftsfreund … Meine Tochter Antonie … Meine Nichte Klothilde … Sie kennen Thomas bereits … Das ist mein zweiter Sohn, Christian, ein Gymnasiast.«
Herr Grünlich hatte wiederum auf jeden Namen mit einer Verbeugung geantwortet.
»Wie gesagt«, fuhr er fort, »ich habe nicht die Absicht, den Eindringling zu spielen … Ich komme in Geschäften, und wenn ich den Herrn Konsul ersuchen dürfte, einen Gang mit mir durch den Garten zu tun …«
Die Konsulin antwortete:
»Sie erweisen uns eine Liebenswürdigkeit, wenn Sie nicht sofort mit meinem Manne von Geschäften reden, sondern ein Weilchen mit unserer Gesellschaft fürlieb nehmen wollten. Nehmen Sie Platz!«
»Tausend Dank«, sagte Herr Grünlich bewegt. Hierauf ließ er sich auf dem Rande des Stuhles nieder, den Tom herbeigebracht hatte, setzte sich, Hut und Stock auf den Knien, zurecht, strich mit der Hand über seinen einen Backenbart und ließ ein Hüsteln vernehmen, das ungefähr klang wie: »Hä-ä-hm!« Dies alles machte den Eindruck, als wollte er sagen: »Das wäre die Einleitung. Was nun?«
Die Konsulin eröffnete den Hauptteil der Unterhaltung.
»Sie sind in Hamburg zu Hause?« fragte sie, indem sie den Kopf zur Seite neigte und ihre Arbeit im Schoße ruhen ließ.
»Allerdings, Frau Konsulin«, entgegnete Herr Grünlich mit einer neuen Verbeugung. »Ich habe meinen Wohnsitz in Hamburg, allein ich bin viel unterwegs, ich bin stark beschäftigt, mein Geschäft ist ein außerordentlich reges … hä-ä-hm, ja, das darf ich sagen.«
Die Konsulin zog die Brauen empor und machte eine Mundbewegung, als sagte sie mit respektvoller Betonung: »So?«
»Rastlose Tätigkeit ist für mich Lebensbedingung«, setzte Herr Grünlich halb zum Konsul gewendet hinzu, und er hüstelte aufs neue, als er den Blick bemerkte, den Fräulein Antonie auf ihm ruhen ließ, diesen kalten und musternden Blick, mit dem junge Mädchen fremde junge Herren messen, und dessen Ausdruck jeden Augenblick bereit scheint, in Verachtung überzugehen.
»Wir haben Verwandte in Hamburg«, bemerkte Tony, um etwas zu sagen.
»Die Duchamps«, erklärte der Konsul, »die Familie meiner seligen Mutter.«
»Oh, ich bin vollkommen orientiert!« beeilte sich Herr Grünlich zu erwidern. »Ich habe die Ehre, ein wenig bei den Herrschaften bekannt zu sein. Es sind ausgezeichnete Menschen insgesamt, Menschen von Herz und Geist, – hä-ä-hm. In der Tat, wenn in allen Familien ein Geist herrschte wie in dieser, so stünde es besser um die Welt. Hier findet man Gottesglaube, Mildherzigkeit, innige Frömmigkeit, kurz die wahre Christlichkeit, die mein Ideal ist; und damit verbinden diese Herrschaften eine edle Weltläufigkeit, eine Vornehmheit, eine glänzende Eleganz, Frau Konsulin, die mich persönlich nun einmal charmiert!«
Tony dachte: Woher kennt er meine Eltern? Er sagt ihnen, was sie hören wollen … Der Konsul aber sprach beifällig:
»Diese doppelte Geschmacksrichtung kleidet jeden Mann aufs beste.«
Und die Konsulin konnte nicht umhin, dem Gaste mit einem leisen Klirren des Armbandes die Hand zu reichen, deren Fläche sie in herzlicher Weise ganz weit herumdrehte.
»Sie reden mir aus der Seele, mein werter Herr Grünlich!« sagte sie.
Hierauf verbeugte sich Herr Grünlich, setzte sich zurecht, strich über seinen Backenbart und hüstelte, als wollte er sagen: »Fahren wir fort.«
Die Konsulin ließ ein paar Worte fallen über die für Herrn Grünlichs Vaterstadt so furchtbaren zweiundvierziger Maitage … »In der Tat«, bemerkte Herr Grünlich, »ein schweres Unglück, eine betrübende Heimsuchung, dieser Brand. Ein Schade von 135 Millionen, ja, das ist ziemlich genau berechnet. Übrigens bin ich meinerseits der Vorsehung zu hohem Danke verpflichtet … ich bin nicht im geringsten getroffen worden. Das Feuer wütete hauptsächlich in den Kirchspielen Sankt Petri und Nikolai … Welch reizender Garten«, unterbrach er sich, während er sich dankend mit einer Zigarre des Konsuls bediente, »– doch, für einen Stadtgarten ist er ungewöhnlich groß! Und welch farbiger Blumenflor … oh, mein Gott, ich gestehe meine Schwäche für Blumen und für die Natur im allgemeinen! Diese Klatschrosen dort drüben putzen ganz ungemein …«
Herr Grünlich СКАЧАТЬ