Название: Der Letzte macht das Licht aus
Автор: Ulrich Land
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mord und Nachschlag
isbn: 9783941895706
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Und Marit beeilte sich nachzutragen: »Ist nur 'ne Sache von uns dreien nämlich.«
»Außerdem, wie gesagt, ich muss Meldung machen.«
»Ist doch klar. Ganz klar. Was war's eigentlich für eins?«
»Ich hab ja nichts mehr verstanden, verstehn können! Bei deinem Spektakel. Keine Ahnung, was es für eins war. Aber Ruhe jetzt.«
»Was für 'ne olle Meldung willste denn dann machen müssen?«
»Sollst's Maul halten. Hat er gesagt«, raunzte ihr Mann sie an, froh, über all den Freudentaumel seinen ruppigen Tonfall nicht verloren zu haben. »Muss er doch Meldung machen von. Dass die die Seenotrettung losschicken und – wenn sie endlich ankommen – sehn: Unser guter Leuchtturmwärter ist schon da! Weil eben so 'n richtiger Leuchtturmwärter, aus Fleisch und Blut einer, kein automatischer, ist eben doch schneller zur Stelle. Kann eben mehr als bloß ein paar Leuchtfeuer bewachen. Jedenfalls müssen die Leute schließlich rausgefischt werden.«
»Warum?«, kam es prompt zwischen Marits Zähnen hervor.
Aber einmal in Schwung war Petter nicht mehr aus der Spur zu bringen. »Die, die's überlebt haben, das kalte Wasser. Und all die andern auch. Hoffentlich war's 'n ordentlicher Kahn. So vom Kaliber von vor paar Tagen dem Pott, der uns von der Schüppe gesprungen ist, so 'ne Betty Blue oder was vielleicht. Wär verdammt nicht schlecht. Dass so 'n Trawler mal auf Granit beißt, sich an unsern Felsen den fetten Wanst aufschlitzt. Wo die doch unsinkbar sind. Dass ich nicht lache! Wär nicht schlecht, wenn's so einer gewesen wär. Dass ihm die ganze Soße aus dem Bauch läuft. Soße von den Fischen, was sag ich, von den Schwärmen, die er in sich rein geschlürft hat. Ausgenommen, tiefgefroren, fertig frittiert und was weiß ich was noch. Ein verdammter Wasserstaubsauger mit Fischfabrik im Bauch. Alles schwimmend. Aber jetzt nicht mehr. Wär schon nicht übel, wenn so einer mal untergehn tät!«
»Sollst auch dein Maul halten. Hat er gesagt. Seine Meldung meldet sich nicht von selber. Da braucht er Ruhe für. – Außerdem das mit den Fischen im Schiff seiner Bauchhöhle, das hab ich schon gesagt, eben. Klaust mir wieder die Wörter, ollen Loddenkopp, fischst in fremden Gewässern.«
»Schon gut, schon gut.« Petter wunderte sich selbst über den Wortschwall, der ihm da eben über die Lippen gerauscht war. So was war ihm schon seit Jahren nicht mehr passiert. Er war nie sonderlich wortgewaltig gewesen, aber in den letzten Jahren war er noch entschieden schweigsamer geworden. Seit ihm mit seinem Fischerboot das Wasser bis zum Hals stand, übte er sich wo eben möglich in sprachlicher Abstinenz. Selbst Marit hatte ihn in letzter Zeit selten mehr als zwei Sätze am Stück sprechen hören. »Und, Finn? Haben die in Svolvik drüben auch was gehört?«
»Brauchst gar nicht so rumtönen, Petter. Siehste nicht? Hat doch 'en Kopfhörer auf. Versteht er sowieso kein Wort nicht.«
»Maul halten. Du, schlaf jetzt erst mal deinen Tanzrausch aus! Dass du mir bloß nicht verblödest. Wo du dein ganzes armseliges Blut nach unten in die Füße geschickt hast.«
Seine Frau ließ ihn meckern. Sie nahm sich ihre Pfeife vor, brachte die angekohlte Hornhautschwarte ihres Zeigefingers zum Einsatz und paffte blaue Wolken, die sich unter der Zimmerdecke sammelten und bald als zähe Fladen wieder hinabsanken, um endlich in dem kleinen Raum eine neblige Zwischendecke einzuziehen. Die Alte genoss mit sichtlichem Wohlbehagen ihre Ruhe nach dem Sturm. Während das Funkgerät auf Hochtouren lief und ihr Mann anhand der wechselnden Mienen, die sich, eingeklemmt zwischen die Kopfhörermuscheln, auf Finns Gesicht abzeichneten, rauszubekommen versuchte, was Sache war.
Plötzlich riss Finn den Kopfhörer ab und warf ihn auf den Arbeitstisch. Er ging einen Schritt zur Seite und machte sich an der Schalttafel zu schaffen. »Hätt ich fast vergessen, das Leuchtfeuer wieder anzustellen.«
»Ja und?«
»Rauch deinen Stinktiegel und frag nicht dumm.« Petter warf ihr einen Blick zu.
»Na, dass die mich nicht festnageln und sagen, es wär meine Schuld. Ich hätte meine Feuer nicht im Griff. Die haben mich sowieso schon ins Visier genommen. Glaub ich. Bin ich mir sicher. Ziemlich sicher.«
»Versteh wer will.« Die Alte kniete vorm Ofen, machte sich an den Klappen zu schaffen und legte zwei Scheite nach. Das Rot der Glut spiegelte sich gespenstisch in ihren Augen. »Ich kapier's jedenfalls nicht. Ich mein, vielleicht kommt ja noch eins! Zwei, drei auf einen Schlag, könnt doch schön sein. Ich mein, vielleicht geht uns ja noch eins ins Netz. Hätt doch sein können, dass noch eins gekommen wär. Lasset die Schifflein und wehret ihrer nicht, lasset die Schifflein zu mir zu kommen, denn ihrer ist das Himmelreich. Haha.«
»Du kannst einen wahrhaftig meschugge machen.«
»Petter, lass man, mach halblang«, sagte Finn und wandte sich zu Marit. »Wenn ich nicht aufpass, hab ich morgen die Prüfungskommission am Hals. Wie gesagt. Außerdem: das nächste Sauwetter kommt ganz von allein.«
Dann kniff er die Augen kurz zusammen und gab der Alten, die ihn über die Pfeife in ihrer Faust hinweg anpeilte, zu verstehen, dass für jede weitere Nachfrage wenig Aussicht auf Antwort bestand. Und gleichzeitig mochte in seinem Augenzwinkern etwas wie eine Bekräftigung ihrer Komplizenschaft mitschwingen. Marit jedenfalls legte zufrieden den schweren, immer noch hochroten Kopf gegen die Wand hinter der Rückenlehne ihres Stuhls. Finn blickte ins Leere, hing für einen Moment dem Gedanken nach, dass Schiffsbrüchiger zu sein, auch was Sportives habe. Er sah sich noch einmal durchs schwarzkalte Fjordwasser kraulen, sah, wie er das Boot unter Aufbietung aller ihm noch zur Verfügung stehenden Kräfte tatsächlich gedreht bekam, ohne allzu viel Wasser hineinzuschaufeln, wie er die eingekeilten Ruder in Anschlag bringen konnte und fünf geschlagene Stunden wie wahnsinnig gegen die endlose Entfernung und gegen die nasse Kälte seiner vollgesogenen Klamotten angerudert war.
»War ein kleines Frachtschiff von den Lofoten übrigens, das da abgesoffen ist«, sagte Finn schließlich, ohne Petter oder Marit anzublicken, »und dass ich noch rüberfahre, ist Blödsinn. Sowieso zu spät.« Und damit verschwand er nach draußen auf die Galerie. Dass der Alte, das Gesicht in die Pranken gelegt, sich auf die Tischkante setzen und dass Marit auf ihrem Stuhl plötzlich kerzengrade und kreidebleich sitzen würde, konnte sich der Leuchtturmwärter an fünf Fingern abzählen. Das musste er sich nicht ansehen.
Petter stieß einen Fluch in die Handflächen und nuschelte etwas wie: »Ist nicht wahr! Die doch nicht, die Kollegen doch nicht, warum die aber auch nicht mal aufpassen können.«
Während Marit ein schroffes »Schnauze!« beisteuerte.
___15.
• »Na ja nun, dass man in solch einer Situation das Umfeld abgrast, das gehört eben zum Alltag des Ermittlers. Und da gehören Sie als Mutter des Hauptverdächtigen natürlich zu den allerersten Adressen.«
• »Da sprechen leider etliche Indizien eine sehr deutliche Sprache.«
• »Nein nein. Indizien. Sagte ich ja. Um die Beweiskraft geht's ja grade. Und um das Motiv für einen solchen Sabotageakt. Das ist ja nicht grade von Pappe, da wird ein Kutter nach dem andern vor die Wand gesetzt. Und die Seeleute – da geht's um Leben und Tod.«
• »Etliche.«
• »Ja sicher ist die Mordkommission beteiligt. In deren Auftrag ruf ich ja grade an.«
• »Ach so, ja, auch. Auch im Namen der Küstenwache. Ich komme da manchmal selbst durcheinander. Wissen Sie, das ist letztlich СКАЧАТЬ