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СКАЧАТЬ wenn es um die Ersparnisse eines ganzen Lebens geht, steht man geduldig Schlange. Als der Hypothekenbank Northern Rock im Herbst 2007 der Bankrott drohte, versuchten die verschreckten Sparer, ihr Geld zu retten. »Wenn das eine Panik war, dann war sie zutiefst britisch«, stellte der Daily Telegraph zufrieden fest. »Ordentliche Schlangen, Klappstühle, vernünftiges Schuhwerk. Es war nicht wie in den letzten Tagen der Weimarer Republik. Statt dessen versammelten sich Tausende von Northern-Rock-Kunden, viele von ihnen pensioniert, geordnet vor den Filialen im ganzen Land.«

      Der Engländer hält sich für höflich, gesetzestreu, tolerant, anständig, großzügig, galant, unerschütterlich und fair. Mag sein. Aber er ist auch heuchlerisch, arrogant, exzentrisch und skurril. Ich liebe England und die Engländer.

Tombild

      Mad Dogs And Englishmen

      Der Engländer und seine Freizeitbeschäftigungen

      Der Engländer an sich ist ein geräuschvolles Volk. Vor allem, wenn er trinkt. Der Richter Charles Harris beklagte, seine Landsleute seien so schlecht erzogen, dass sie keine akzeptablen Mengen an Alkohol wie anderswo in Europa – außer in Irland – zu sich nehmen können. »Je mehr es zu trinken gibt, und je mehr Zeit sie dafür haben, desto mehr werden sie trinken«, schrieb er in einem Gutachten über die Folgen der verlängerten Sperrstunde in England. »Eine Gallone ist normal, zwölf Pints keine Seltenheit. Und diese Mengen an Bier werden mit diversen Schnäpsen verdünnt. Die Lage ist ernst, wenn nicht sogar grotesk. Es grenzt an Wahnsinn, die Gelegenheit zu trinken noch auszudehnen. Es bedeutet, dass unsere Innenstädte jede Nacht Banden von kampflustigen, besoffenen, lärmenden und kotzenden Flegeln überlassen werden.«

      Das typische Geräusch für eine englische Kleinstadt in einer beliebigen Samstagnacht sei das Reihern eines Trunkenboldes. In einer Studie ist es zum widerwärtigsten Geräusch der Welt er­klärt worden. Akustik-Professor Trevor Cox von der Universität Salford hat das Ergebnis seiner einjährigen Untersuchung veröffentlicht. Er hat 1,1 Millionen Menschen befragt, um he­raus­zufinden, warum bestimmte Geräusche so an­stößig sind.

      Bei der Verkündung des Ergebnisses demonstrierte ein Schauspieler den Sound des Übergebens mit Hilfe eines Eimers gebackener Bohnen.

      Der brechende Engländer verwies den Zahn­arztbohrer, das brüllende Baby, den Brunftschrei einer Katze, das Klingeln eines Handys und die Rückkopplung eines Mikrofons auf die Plätze. Schnarchen landete sogar nur auf dem 26. von 34 Plätzen. Hoch im Kurs der Ekelgeräusche stand dagegen das Kreischen einer Eisenbahn auf den Schienen. Das ist aufgrund der veralteten Bahn­anlagen ein speziell englisches Problem. Dabei können die Engländer seit der Bahnprivatisie­rung froh sein, wenn die Züge überhaupt noch fahren.

      Cox hatte eigentlich erwartet, dass das Quiet­schen eines Fingernagels auf einer Schiefertafel ganz oben rangieren würde, da es einen historischen Reflex auslöse: Das Geräusch ähnelt dem Schrei von Affen, die ihre Artgenossen vor Gefahr warnen wollen. Aber die Befragten empfanden es nicht schlimmer als das Hochziehen von Rotz oder das Zerknautschen von Styropor.

      Die meisten Geräusche sind für Frauen unerträglicher als für Männer, lediglich bei lärmenden Babys gaben die Männer Höchstnoten in der Skala des Grauens. Auch das Alter spielt offenbar eine Rolle: Der Zahnarztbohrer ist für unter Zehn­jährige und für Menschen zwischen 40 und 50 besonders unangenehm, weil sie in dem Alter ständig damit in Berührung kommen.

      Was ist der Sinn der Umfrage? »Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus verstehen wir eigent­lich gar nicht, warum manche Geräusche so schrecklich sind«, sagt Cox. »Wenn wir herausfinden, was die Leute stört, können wir Wissenschaftler die betreffenden Geräusche in manchen Fällen vielleicht eliminieren.« Ein guter Plan. Aber es ist vermutlich illegal, Millionen von Engländern zwischen 12 und 30, die an den Wochenenden die Bürgersteige vollkotzen, zu eliminieren.

      Ebenso unangenehm wie brechende Engländer ist ihr Wetter. Dennoch reden sie sehr gerne darüber. Aber es trifft sie immer wieder unverhofft. Der Engländer läuft stets unbeschirmt durch den Regen, denn er rechnet trotz täglicher Belehrung eines Besseren nicht mit einem Schauer. Und erst recht nicht mit einer Hitze­welle. 2006 wurde der heißeste Julitag aller Zeiten gemessen – 36,3 Grad, das sind 0,3 Grad mehr als 1911 in Epsom.

      Die britische Presse berichtete darüber wie aus einem Krieg. Vor allem die Boulevardpresse lie­f zur Hochform auf. Ob Mail, Mirror oder Sun – überall noch mehr spärlich bekleidete Damen als sonst.

      Londons Busfahrern hingegen drohte die Ent­lassung, falls sie in kurzen Hosen zur Arbeit erschienen. Dabei herrschten in den Bussen Tem­peraturen von 52 Grad, empörte sich die Sun: »Das ist fast doppelt so viel, wie beim Rinder­transport als Höchstwert zugelassen ist.«

      Aber selbst Rinder, die nicht Bus fahren, dreh­ten durch. In Dorset wurde eine Herde von einem Fliegenschwarm verrückt gemacht und trampelte bei einer Stampede einen Jogger nieder. Einen Jogger? Da bewahrheitet sich mal wieder das Sprichwort, wonach sich nur verrückte Kühe und Engländer hinaus in die Mittagssonne begeben. Im Originalsprichwort geht es um verrückte Hunde.

      Die Daily Mail warnte vor einem anderen Phänomen. »Innerhalb einer Viertelstunde ist ein Bier so warm wie Badewasser«, schrieb das Blatt. Wie günstig! So trinkt es der Engländer doch am liebsten. Die Sun wies mit glühenden Bäckchen auf die Gefahr hin, dass Menschen bei lebendigem Leib geröstet werden könnten. »Wenn die Körpertemperatur 43-44 Grad erreicht, werden die Organe gekocht«, zitierte das Blatt den Medizinprofessor Bill Keatinge. »Das Hirn ist am ehesten betroffen. Es wird wie ein Ei gegart. Es kann danach nie mehr in seinen ursprünglichen Zustand versetzt werden. Das Kochen geht ganz schnell und richtet ungeheuren Schaden an.« Wie man an der Sun-Leserschaft unschwer erkennen kann. Das Blatt hatte einen Fotowettbewerb ausgerufen: Für das verschwitzteste Foto konnte man eine Reise nach Island gewinnen.

      Auch der Guardian, der sich 2005 nicht nur vom Format her boulevardisiert hat, wollte von seinen Lesern Fotos und Geschichten rund um die Hitze haben. Ein gewisser Glurk fand die Temperaturen großartig: »Alle stinken nach Schweiß, da falle ich nicht weiter auf.« Archibald Strang berichtete, er habe sich ein Hemd mit Dutzenden kleiner Taschen nähen lassen, in die er Eiswürfel steckt. Und Little Jo schrieb: »Vor zwei Jahren war ich während einer Hitzewelle in Frankreich. Dort starben viele Omas. Die Lei­chen­hallen waren überfüllt, weil die Verwandten zu geizig waren, ihren Urlaub abzubrechen und die Omas zu beerdigen.«

      Apropos Oma: Auch die Queen meldete sich zu Wort. Sie beklagte, dass der Rasen vor dem Buckingham Palace nicht gesprengt worden sei. Man sollte die Gärtnereiabteilung von al-Qaida beauftragen. Die könnte gleich den ganzen Palast sprengen.

      Die britische Regierung riet der Nation, sie möge die Sonne meiden und viel Flüssigkeit zu sich nehmen. Oha, welch fundamentale Erkenntnis. Der Rat kommt allerdings zu spät. Die Kabinettshirne sind längst gargekocht. Man sollte sie mit warmem Bier servieren.

      Das gilt auch für die Hirne der Angestellten bei Morgan Stanley. Die US-amerikanische Investment-Bank, die in Großbritannien eine Werbekampagne für ihre Platin-Kreditkarten führte, befürchtete, dass man die Bank mit einer Katze verwechseln könnte. Sie erhob Klage gegen die Baronin Penelope Cat of Nash, die eine Internetseite unter dem Namen mymorganstanleyplatinum.com angemeldet hat.

      Die Bank hatte nachgeforscht, wer sich hinter der dubiosen Baronin verbirgt. Es stellte sich heraus, dass die Adlige als zweiten Vornamen »Miau« sowie als Adresse eine Scheune bei Tenbury Wells in Worcestershire angegeben hatte. Morgan Stanley rief den Vermittlungsausschuss zu Hilfe, der bei Internet-Streitigkeiten eingreift. Der entschied, dass eine Katze keine Domain registrieren lassen kann.

      Der СКАЧАТЬ