Frau Jenny Treibel. Theodor Fontane
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Название: Frau Jenny Treibel

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783864080869

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СКАЧАТЬ Ansätze: ,Wenn das und das so viel bringt, wie viel bringt das und das?‘ Und sehen Sie, Freundin und Gönnerin, nach demselben Ansatz hab ich mir auch den Fortschritt und den Konservatismus berechnet und bin dahintergekommen, dass mir der Konservatismus, ich will nicht sagen mehr abwirft, das wäre freilich falsch, aber besser zu mir passt, mich besser kleidet. Besonders seitdem ich Kommerzienrat bin, ein Titel von fragmentischem Charakter, der doch natürlich seiner Vervollständigung entgegensieht.“

      „Ah, ich verstehe.“

      „Nun, sehen Sie, l‘appétit vient en mangeant85, und wer A sagt, will auch B sagen. Außerdem aber, ich erkenne die Lebensaufgabe des Weisen vor allen Dingen in Herstellung des sogenannten Harmonischen, und dies Harmonische, wie die Dinge nun mal liegen, oder vielleicht kann ich auch sagen, wie die Zeichen nun mal sprechen, schließt in meinem Spezialfälle die fortschrittliche Bürgerkrone so gut wie aus.“

      „Sagen Sie das im Ernste?“

      „Ja, meine Gnädigste. Fabriken im allgemeinen neigen der Bürgerkrone zu, Fabriken im besonderen aber — und dahin gehört ausgesprochenermaßen die meine — konstatieren den Ausnahmefall. Ihr Blick fordert Beweise. Nun denn, ich will es versuchen. Ich frage Sie, können Sie sich einen Handelsgärtner denken, der, sagen wir auf der Lichtenberger oder Rummelsburger Gemarkung, Kornblumen im großen zieht, Kornblumen, dies Symbol königlich preußischer Gesinnung, und der zugleich Petroleur86 und Dynamitarde87 ist? Sie schütteln den Kopf und bestätigen dadurch mein ,Nein‘. Und nun frage ich Sie weiter, was sind alle Kornblumen der Welt gegen eine Berlinerblaufabrik? Im Berlinerblau haben Sie das symbolisch Preußische sozusagen in höchster Potenz, und je sicherer und unanfechtbarer das ist, desto unerlässlicher ist auch mein Verbleiben auf dem Konservatismus. Der Ausbau des Kommerzienrätlichen bedeutet in meinem Spezialfälle das natürlich Gegebene ... jedenfalls mehr als die Bürgerkrone.“

      Die Ziegenhals schien überwunden und lachte, während Krola, der mit halbem Ohr zugehört hatte, beistimmend nickte.

      So ging das Gespräch in der Mitte der Tafel; aber noch heiterer verlief es am unteren Ende derselben, wo sich die junge Frau Treibel und Corinna gegenübersaßen, die junge Frau zwischen Marcell Wedderkopp und dem Referendar Enghaus, Corinna zwischen Mr. Nelson und Leopold Treibel, dem jüngeren Sohne des Hauses. An der Schmalseite des Tisches, mit dem Rücken gegen das breite Gartenfenster, war das Gesellschaftsfräulein, Fräulein Honig, placiert88 worden, deren herbe Züge sich wie ein Protest gegen ihren Namen ausnahmen. Je mehr sie zu lächeln suchte, je sichtbarer wurde der sie verzehrende Neid, der sich nach rechts hin gegen die hübsche Hamburgerin, nach links hin in fast noch ausgesprochener Weise gegen Corinna richtete, diese halbe Kollegin, die sich trotzdem mit einer Sicherheit benahm, als ob sie die Majorin von Ziegenhals oder doch mindestens das Fräulein von Bomst gewesen wäre.

      Die junge Frau Treibel sah sehr gut aus, blond, klar, ruhig. Beide Nachbarn machten ihr den Hof, Marcell freilich nur mit erkünsteltem Eifer, weil er eigentlich Corinna beobachtete, die sich aus dem einen oder anderen Grunde die Eroberung des jungen Engländers vorgesetzt zu haben schien. Bei diesem Vorgehen voll Koketterie sprach sie übrigens so lebhaft, so laut, als ob ihr daran läge, dass jedes Wort auch von ihrer Umgebung und ganz besonders von ihrem Vetter Marcell gehört werde.

      „Sie führen einen so schönen Namen“, wandte sie sich an Mr. Nelson, „so schön und berühmt, dass ich wohl fragen möchte, ob Ihnen nie das Verlangen gekommen ist...?“

      „O yes, yes...“

      „...sich der Fernambuk- und Campecheholzbranche, darin Sie, soviel ich weiß, auch tätig sind, für immer zu entschlagen? Ich fühle deutlich, dass ich, wenn ich Nelson hieße, keine ruhige Stunde mehr haben würde, bis ich meine Battle at the Nile89 ebenfalls geschlagen hätte. Sie kennen natürlich die Einzelheiten der Schlacht...“

      „O, to be sure90.“

      „Nun, da wär‘ ich denn endlich — denn hierlands weiß niemand etwas Rechtes davon — an der richtigen Quelle. Sagen Sie, Mr. Nelson, wie war das eigentlich mit der Idee, der Anordnung zur Schlacht? Ich habe die Beschreibung vor einiger Zeit im Walter Scott91 gelesen und war seitdem immer im Zweifel darüber, was eigentlich den Ausschlag gegeben habe, ob mehr eine geniale Disposition oder ein heroischer Mut...“

      „I should rather think, a heroical courage... British oaks and british hearts...92

      „Ich freue mich, diese Frage durch Sie beglichen zu sehen und in einer Weise, die meinen Sympathien entspricht. Denn ich bin für das Heroische, weil es so selten ist. Aber ich möchte doch auch annehmen, dass das geniale Kommando...“

      „Certainly, Miss Corinna. No doubt... England expects that every man will do his duty93…“

      „Ja, das waren herrliche Worte, von denen ich übrigens bis heute geglaubt hatte, dass sie bei Trafalgar94 gesprochen seien. Aber warum nicht auch bei Abukir95? Etwas Gutes kann immer zweimal gesagt werden. Und dann... eigentlich ist eine Schlacht wie die andere, besonders Seeschlachten — ein Knall, eine Feuersäule, und alles geht in die Luft. Es muss übrigens großartig sein und entzückend für alle die, die zusehen können; ein wundervoller Anblick.“

      „O splendid96...“

      „Ja, Leopold“, fuhr Corinna fort, indem sie sich plötzlich an ihren andern Tischnachbar wandte, „da sitzen Sie nun und lächeln. Und warum lächeln Sie? Weil Sie hinter diesem Lächeln Ihre Verlegenheit verbergen wollen. Sie haben eben nicht jene ,heroical courage‘, zu der sich dear Mr. Nelson so bedingungslos bekannt hat. Ganz im Gegenteil. Sie haben sich aus ihres Vaters Fabrik, die noch in gewissem Sinne, wenn auch freilich nur geschäftlich, die Blut- und Eisentheorie vertritt — ja es klang mir vorhin fast, als ob Ihr Papa der Frau Majorin von Ziegenhals etwas von diesen Dingen erzählt hätte — Sie haben sich, sag‘ ich, aus dem Blutlaugenhof, in dem Sie verbleiben mussten, in den Holzhof Ihres Bruders Otto zurückgezogen. Das war nicht gut, auch wenn es Fernambukholz ist. Da sehen Sie meinen Vetter Marcell drüben, der schwört jeden Tag, wenn er mit seinen Hanteln umherficht, dass es auf das Reck und das Turnen ankomme, was ihm ein für alle Mal die Heldenschaft bedeutet, und dass Vater Jahn doch schließlich noch über Nelson geht.“

      Marcell drohte halb ernst-, halb scherzhaft mit dem Finger zu Corinna hinüber und sagte: „Cousine, vergiss nicht, dass der Repräsentant einer andern Nation dir zur Seite sitzt, und dass du die Pflicht hast, einigermaßen für deutsche Weiblichkeit einzutreten.“

      „O, no, no“, sagte Nelson. „Nichts Weiblichkeit; always quick and clever... das ist was wir lieben an deutsche Frauen. Nichts Weiblichkeit. Fräulein Corinna is quite in the right way97.“

      Da hast du‘s, Marcell. Mr. Nelson, für den du so sorglich eintrittst, damit er nicht falsche Bilder mit in sein meerumgürtetes Albion98 hinübernimmt, Mr. Nelson lässt dich im Stich, und Frau Treibel, denk ich, lässt dich auch im Stich und Herr Enghaus auch und mein Freund Leopold auch. Und so bin ich gutes Muts, und bleibt nur noch Fräulein Honig...“

      Diese verneigte sich und sagte: „Ich bin gewohnt, mit der Majorität zu gehen“, und ihre Verbittertheit lag in diesem Tone der Zustimmung.

      „Ich will mir meines Vetters Mahnung aber doch gesagt sein lassen“, fuhr Corinna fort. „Ich bin etwas übermütig, Mr. Nelson, und außerdem aus einer plauderhaften Familie ...“

      „Just what I like99, Miss Corinna. ‚Plauderhafte Leute, gute Leute, so sagen wir in England.“

      „Und das sag‘ ich auch, Mr. Nelson. Können Sie СКАЧАТЬ