Das Herz der Natur. Francis Edward Younghusband
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Название: Das Herz der Natur

Автор: Francis Edward Younghusband

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия: Edition Erdmann

isbn: 9783843803939

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СКАЧАТЬ werden dazu beitragen, uns wenigstens eine annähernde Vorstellung vom Ganzen zu geben, und im Verlauf unseres Aufstiegs werden wir sehen, wie weit die Verschiedenheit der Formen geht.

      Wenn wir das Tal weiter hinaufsteigen bis in eine Höhe von etwa 1200 Metern, beginnen europäische Bäume und Pflanzen sich der tropischen Vegetation beizumengen. Es zeigen sich Hagebuchen, und Birke, Weide, Erle und Walnussbaum stehen Seite an Seite mit wilden Bananen, Palmen und riesenhaften Bambusstauden. Brombeersträucher, Ehrenpreis, Vergissmeinnicht wachsen neben Feigenbäumen, Balsambäumen, Pfeffersträuchern und riesigen Schlingpflanzen. Auf dem Boden findet sich die heimische Walderdbeere, während darüber tropische Orchideen, wie die Dendrobien, die Eichenstämme überziehen. Der Adlerfarn und der Bärlapp unserer britischen Moore wachsen in Gesellschaft mit Baumfarnen. Und dicht neben den Moosen des Himalajas stehen Moose der Heimat.

      Das Tal selbst setzt sich in gleicher Gestaltung fort, tief eingeschnitten, die Steilhänge waldbedeckt; der Pfad turnt über Querrippen hinüber, macht weite Umwege in Seitentäler hinauf oder scheuert längs der Felswände hin, die senkrecht über dem unten tobenden Strom stehen. Da und dort nur sind im Wald Lichtungen, wo Leptschas oder Nepaler sich ein paar Holzhäuser gezimmert haben und das Land in einfachster Weise bebauen. Im Übrigen befinden wir uns unter dem gleichen grünen Waldmantel, der sich überall über die Berge breitet, und obgleich wir jetzt quer durch die Hauptachse des Himalajas vordringen, ist uns selten auch nur ein flüchtiger Durchblick auf die schneebedeckten Höhen beschieden, die doch so nahe sein müssen.

      Während unseres Aufstiegs ist aber eine deutliche Änderung im Charakter der Vegetation wahrzunehmen. Die Bäume und Pflanzen, die im besonderen Maß die Tropen kennzeichnen, verschwinden allmählich, und immer mehr treten Blumen der gemäßigten Zone in Erscheinung. Und indem wir weiter in die Bergwelt eindringen, wird das Klima merklich trockener, der Wald lichter. Der Regen ist noch immer bedeutend genug, um im Allgemeinen jeder Pflanze und jedem menschlichen Wesen zu genügen. Aber es ist nicht mehr die Sintflut, die auf die vorgelagerten Höhenzüge niedergeht. Darum ist auch der Wald nicht mehr so dicht. An seiner Stelle bekleiden häufig gesellig wachsende Gräser die Berghänge, und gelbe Veilchen, Primeln, Anemonen, Rittersporn, Johannisbeersträucher und Steinbreche erinnern an Gebiete, die unseren heimischen verwandt sind.

      Jetzt haben wir auch den Standort der Rhododendren erreicht, die einen besonderen Ruhm gerade von Sikkim ausmachen, und es lohnt sich, etwas zu verweilen, um sie genauer zu betrachten. Unter den dreißig Arten, die man in Sikkim findet, sind – hauptsächlich durch Sir Joseph Hooker – die schönsten alle in England eingeführt worden und werden außer in Kew auch in vielen Parks und Gärten gezogen. Man kann sich daher in England eine gewisse Vorstellung machen von dem Anblick, den die blühenden Bäume des Waldes in Sikkim bieten. Aber die wenigen Proben, die man in einem englischen Park oder in einem Gewächshaus sieht, muss man sich stark vervielfacht denken und sich klarmachen, dass diese Rhododendrenbäume im Wald von Sikkim stehen wie Schlüsselblumen im Wiesengras. Rot, lila, weiß und gelb wachsen sie als gewaltige Blumen unter den grünen Riesen des Waldes und durchstrahlen ihn mit Farbe. Die einzelnen Blüten eines Rhododendron lassen sich an Schönheit nicht vergleichen mit einer Orchidee, von denen jede ihre besondere Gestalt hat. Sie besitzen weder die satte Farbenpracht noch die wunderbare Gestalt, noch erwecken sie den gleichen Eindruck einer vollreifen Vollendung. Der Anspruch auf des Rhododendrons Wertschätzung beruht vielmehr in der Wirkung der Blütenmasse als Ganzes; rein mit dem Gewicht der Zahl und Masse der Blumen bringt es seine Farbenwirkung hervor. In einigen der oberen Täler sind die Gebirgshänge wie in einen tiefgrünen Mantel gehüllt, in dem scharlachrote, weiße oder gelbe Blütenglocken aufglühen.

      Wohl das prächtigste dieser Rhododendren ist Rhododendron grande oder argenteum, das 9 bis 12 Meter hoch wird und wachsartige, glockenförmige Blüten hat von einem gelblichen, rosa überhauchten Weiß; es wird 5 bis 7½ Zentimeter lang und etwa ebenso breit. Das scharlachrote Rhododendron arboreum, das im Himalaja allgemein vorkommt, ist in Sikkim sehr verbreitet und bildet in den Wäldern leuchtende Farbflecke. Eine prachtvolle Art ist Rhododendron aucklandii oder griffithianum; es hat große weiße, rosa abgetönte Blüten von festem, fleischigem Bau und misst quer über die Kelchöffnung 12½ Zentimeter. Man hat dieses Rhododendron die Königin aller blühenden Sträucher genannt. In Cornwall gedeiht die Art gut, und unter ihren Kreuzungen ist die berühmte »Pink Pearl«.

      Rhododendron falconeri, eine weißblühende Art, ist in Aussehen und Standort für die Eigenart der Gattung besonders bezeichnend: Sie kommt nie unterhalb der Höhe von 3000 Metern vor. Ihre Belaubung ist ohne Vergleich die schönste aller Rhododendronarten. Sie lässt einen Stamm oder auch zwei von etwa 9 Metern Höhe glatt und rein aufschießen; die Äste endigen in ungeheuren Blättern; auf der Oberseite sind sie tiefgrün mit gelbem Rand, auf der Unterseite von bräunlichem Rubinrot. Die sahneweißen Blüten sind lila abgetönt, sie verbreiten einen schwachen Duft. Sie erscheinen in dicht gepackten Büscheln von 23 bis 38 Zentimetern Durchmesser in einer Anzahl von zwanzig und mehr.

      Eine eigentümliche Art ist Rhododendron dalhousiae; sie ist unter allen Rhododendren der einzige Epiphyt, und sie trägt weitaus die größten Blüten. Wie die Orchideen wächst sie zwischen Farnen und Moos auf den Stämmen großer Bäume, insbesondere der Eichen und Magnolien, und erreicht eine Höhe von 1,8 bis 2,4 Metern. Drei bis sieben Blüten bilden eine Dolde; die Blüte misst in der Länge 8¾ bis 12½ Zentimeter und quer über die Blütenöffnung ebenso viel; sie ist weiß, stellenweise rosa getönt und duftet stark. Was Größe, Farbe und Duft anbelangt, ist diese Art die edelste ihrer Gattung. In Cornwall gedeiht sie im Freien, im übrigen England im Kalthaus als kümmerlicher Strauch von 3 bis 3,6 Metern Höhe. Rhododendron barbatum ist ein 12 bis 18 Meter hoher Baum; es trägt Blüten von sattem Scharlach- und Blutrot, manchmal auch violettbraune oder lebhaft rosagefärbte. Es ist eines der schönsten Rhododendren des Himalajas und in England jetzt sehr verbreitet, wo es im Freien gut gedeiht. Eine andere wahrhaft prächtige Pflanze ist Rhododendron maddeni, dessen sehr hübsche reinweiße Blüten 8¾ bis 10 Zentimeter lang und über die Blütenöffnung ebenso breit sind. Es steht in England heutzutage in ganz besonderer Gunst. In großen Büschen gedeiht es in Cornwall im Freien; es besitzt einen ungemein süßen Duft. Rhododendron virgatum ist ein wunderschöner, zartweiß blühender Strauch. Und Rhododendron campylocarpum trägt eine Menge köstlicher blassgelber Blütenglocken von seltenster Feinheit zur Schau.

      Außer Rhododendren treffen wir im Höhersteigen auch Esche, Nussbaum und Ahorn immer zahlreicher an, und bei 2700 Metern zeigt sich die Lärche; es treten auch Wälder mit einer Edeltanne auf, die in ihrer allgemeinen Erscheinung mit der norwegischen Edeltanne Ähnlichkeit hat. Unter den Pflanzen sind Sauerklee, Brombeeren, Haselnuss, Spierstaude und verschiedene südeuropäische und nordamerikanische Gattungen vertreten.

      Die Luft ist nicht mehr erstickend, und die Blutegel sind verschwunden. Wir vermissen so manche Schönheiten des Tropenwaldes. Aber infolge der immer größeren Angleichung der Vegetation an das uns in Europa Gewohnte fühlen wir uns heimischer. Der Pfad windet sich, den wechselnden Formen der Berghänge folgend, durch hübsche, kühle Waldungen. Um uns her bedrückt uns nicht mehr eine Fremdartigkeit des Lebens. Fast an jeder Wegbiegung stoßen wir auf irgendetwas, das uns wohl neu, aber doch nicht völlig fremd ist. Unter den Erinnerungen an dieses Gebiet tritt eine in besonderem Maß hervor, der Anblick einer riesenhaften Lilie, die im Wald 3 Meter hoch in die Luft ragt; in ihrer fleckenlosen Weiße steht sie so rein da, als sei sie in einem Garten gezogen worden. Es ist Lilium giganteum; die Pflanze hat einen Stängel, an dem sie vierzehn Blüten trägt, jede 11¼ Zentimeter lang und ebenso breit.

      Unsere innigste Liebe gehört nach wie vor den weißen Veilchen, die wir als Kinder in einem englischen Wald pflücken; auch diese ragende weiße Lilie wird sie aus unserem Herzen niemals verdrängen. Aber der Anblick der herrlichen Pflanze, wie sie stolz aus dem Grün ihrer Waldumrahmung aufsteigt, wird uns mehr bedeuten, als je ein Bild vermöchte. Und dass sie »wild« wächst, verleiht ihr für uns den gleichen Zauber, den für das Kind eine wild wachsende, nicht im Garten gezogene Blume besitzt. In einem Blumenladen mögen wir vielleicht Lilien sehen von noch größerer Schönheit als selbst diese, aber СКАЧАТЬ