Vom Königsbett zum Schafott. Barbara Beck
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Vom Königsbett zum Schafott - Barbara Beck страница 6

Название: Vom Königsbett zum Schafott

Автор: Barbara Beck

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783843800655

isbn:

СКАЧАТЬ Herz Feuer gespuckt, mit den Zähnen gefletscht, auf eine der Damen eingeschlagen, von der sie glaubte, sie sei die Geliebte, und befahl schließlich, das blonde Haar, das Philipp so gefiel, rappelkurz schneiden zu lassen. Als dieser davon erfuhr, geriet er außer sich und wandte sich gegen seine Frau und überzog sie mit Beschimpfungen und Beleidigungen und – zum größten Schmerz der Unglücklichen – schlief ihr nicht mehr bei« 8. Johannas Depressionen nahmen zu, so dass sie sich immer häufiger in dunkle, abgeschiedene Räume zurückzog.

      Trotz der bedenklichen Vorfälle der letzten Zeit bestimmte Isabella die Katholische ihre Tochter Johanna zu ihrer Nachfolgerin in Kastilien. Mit der Bestimmung, dass, sollte Johanna nicht in der Lage sein, selbst die Herrschaft auszuüben, ihr Vater Ferdinand für sie die Regentschaft bis zur Volljährigkeit von Johannas Sohn Karl übernehmen sollte, war das tragische Schicksal Johannas eigentlich schon vorgezeichnet. Ganz bewusst erwähnte die Königin ihren Schwiegersohn Philipp nicht in ihrem Testament. Offensichtlich sah sie in ihm keinen guten Sachwalter der spanischen Interessen. Nach dem Tod von Königin Isabella am 26. November 1504 entbrannte zwischen Johannas Gatten Philipp dem Schönen und ihrem Vater König Ferdinand II. ein heftiger Machtkampf um die Regentschaft in Kastilien. Da die neue Königin Johanna nie auf den Umgang mit politischer Macht vorbereitet worden war, sollte es ihrem Ehemann ebenso wie ihrem Vater leicht fallen, ihr dieses mütterliche Erbe streitig zu machen. Sowohl Philipp der Schöne wie auch Ferdinand II. gedachten Johannas Eifersuchtswahn für ihre Zwecke zu nutzen und die junge Frau im für sie geeigneten Moment für regierungsunfähig zu erklären und zu einer Königin auf dem Papier zu degradieren.

      Wegen einer erneuten Schwangerschaft Johannas verzögerte sich die Reise des jungen Herzogspaares auf die iberische Halbinsel. Erst nach der Geburt des fünften Kindes, der Tochter Maria, konnte das Paar im Januar 1506 die Reise antreten. Zunächst schien sich Philipp der Schöne erfolgreicher als sein Schwiegervater im Machtkampf um Kastilien zu behaupten, denn die Mehrheit der kastilischen Cortes erkannte ihn am 15. Juli 1506 als König-Gemahl neben seiner Frau an. Die kastilischen Magnaten versprachen sich von diesem ausländischen Fürsten eine weniger strikte Reglementierung als unter den Katholischen Königen. Philipp schirmte Johanna jetzt noch mehr von der Außenwelt ab. Zu einer wirklichen Ausübung der Herrschaft durch den Habsburger kam es jedoch nicht mehr, denn am 23. September 1506 verstarb Philipp der Schöne plötzlich im Alter von achtundzwanzig Jahren wohl an einer Infektion in Burgos. Es gab allerdings auch Gerüchte, dass er im Auftrag seines Schwiegervaters vergiftet worden sei.

      Über Johannas Verhalten nach Philipps Tod liefern die erhalten gebliebenen Dokumente sehr unterschiedliche, sich oft widersprechende Berichte. Dies deckt sich generell mit der Quellenlage zu Königin Johannas Leben. Die historischen Dokumente erlauben sehr verschiedenartige Interpretationen des Geschehens. Die junge Witwe befand sich in einer schwierigen Position, da ihr zwei feindliche Lager gegenüberstanden. Auf der einen Seite befanden sich die Parteigänger und die niederländischen Gefolgsleute ihres verstorbenen Mannes, auf der anderen versammelten sich die Anhänger ihres Vaters. Das Einzige, was beide Parteien scheinbar einte, war die Überzeugung, dass Johanna mehr oder weniger unzurechnungsfähig sei. Königin Johanna verfügte unglücklicherweise über keine ihr persönlich ergebenen Gefolgsleute oder Berater und war über die politischen Vorgänge nur unzureichend informiert. Dass Gerüchte kursierten, ihr Vater hätte ihren Ehemann vergiften lassen, erschwerte sicherlich für sie die Lage. Statt das entstandene Machtvakuum zu ihren Gunsten zu nutzen, zog sich Johanna, in deren Armen ihr über alles geliebter Mann verstorben war, in ihre tiefe Trauer zurück. Die psychisch labile Johanna war der komplizierten Lage nicht gewachsen. Sie litt erneut unter schweren Depressionen. Als Johanna am 1. November 1506 den Sarg ihres toten Gatten öffnen ließ, was einerseits an Allerheiligen der Tradition des Landes entsprach, andererseits aber der Kontrolle diente, ob nicht etwa burgundische Untertanen versucht hatten, die Leiche in Philipps Heimat zu bringen, wurde dies dahingehend aufgebauscht, dass sie solches mehrmals habe durchführen lassen. Derartige Gerüchte über ihren Geisteszustand, der noch durch die Erzählung untermauert wurde, dass sie des Nachts mit Philipps Sarg ziellos durch Spanien ziehe, brachten Johanna den Beinamen »die Wahnsinnige« ein. Dieses makaber anmutende Schauspiel beflügelte in den kommenden Jahrhunderten immer wieder die Fantasie von Malern, Dichtern und Dramaturgen. Sehr wahrscheinlich steckte ihr Vater König Ferdinand dahinter, der die Regierungsunfähigkeit seiner Tochter so zweifelsfrei »beweisen« wollte. Johanna reiste zwar in Begleitung des Sargs, doch geschah dies gemäß Philipps testamentarischem Willen. Sein Leichnam sollte in Granada in einem dort für ihn zu errichtenden Grabmal beigesetzt werden. Dass meist nur des Nachts gereist wurde, hatte nichts mit Johannas Wahnsinn zu tun, sondern hing mit den kühleren Temperaturen zusammen, die für den Transport der im Prozess der Verwesung befindlichen Leiche günstiger waren. Am 14. Januar 1507 brachte Johanna in Torquemada ihr sechstes und letztes Kind, Katharina, zur Welt.

      Ihre Gefangenschaft wirkte sich auf ihren Zustand eher negativ aus. Jegliches königliche oder höfische Gepränge fehlte. Zu Außenstehenden hatte sie keinerlei Kontakt. Man überließ ihr nichts, womit sie sich in ihren wachen Augenblicken hätte beschäftigen können. Ferdinand II. konnte ungestört die Regentschaft von Kastilien übernehmen. Johanna war auf diese Weise vor dem Zugriff ehrgeiziger kastilischer Edelleute geschützt, die sich ihrer Person hätten bemächtigen können, um Einfluss auf die Regierungsbeschlüsse zu gewinnen. Da Johanna formal weiterhin Königin war, wurden in ihrem Namen sämtliche Entscheidungen getroffen, Gesetze erlassen und Urteile gefällt. Bis 1525 blieb ihr noch die Gesellschaft ihrer jüngsten Tochter Katharina. Als die Prinzessin mit dem portugiesischen König Johann III. verheiratet wurde, verlor sie eine wichtige Stütze und vereinsamte noch mehr. Zu ihren anderen Kindern hatte sie nie viel Kontakt gehabt, so dass diese ihrer Mutter fremd waren. 1517 besuchten sie ihre beiden ältesten Kinder Eleonore und Karl, die zwar über die Armseligkeit, in der ihre Mutter leben musste, erschüttert waren, doch keinerlei ernsthafte Versuche unternahmen, daran etwas zu verändern.