Euroskeptizismus auf dem Vormarsch. Julian Wessendorf
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Название: Euroskeptizismus auf dem Vormarsch

Автор: Julian Wessendorf

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежная публицистика

Серия:

isbn: 9783838275574

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СКАЧАТЬ kommt Trenz (2014: 12) zu dem Schluss, dass der Euroskeptizismus ein Mittel ist, um den verschiedenen kritischen Aspekten der Europäisierung eine politische Stimme zu geben und somit dem Abbau der nationalen Identität und der Demokratie gegenübersteht. Ein weiterer Punkt ist die Tatsache, dass der Euroskeptizismus prinzipiell nur als Gegennarrativ zur eigenen Legitimierung von Seiten der EU auftreten kann. Demzufolge werden euroskeptische Reaktionen umso mehr provoziert, je häufiger die EU die positiven Aspekte der Europäisierung hervorhebt (Trenz 2014: 13). De Wilde und Trenz (2012: 540) merken hierzu an, dass der Euroskeptizismus auch als diskursive Formierung angegangen werden kann, die die Legitimität der europäischen Integration als Projekt und die EU-Politik als institutionelle und konstitutionelle Einheit, welche politische Autorität über Menschen und Mitgliedstaaten ausübt, in Frage stellt. Den vierten Punkt seiner Typologisierung bezeichnet Trenz (2014: 14) als politische Krise, und legt diesem Punkt zugrunde, dass sich das Fundament der europäischen Integration zahlreichen – teilweise hausgemachten – Krisen gegenübersieht, die auf Defizite innerhalb des Plans der europäischen Integration zurückgehen. Demnach wird die Europäisierung nicht mehr als die bessere oder effizientere Regierungsform angesehen, sondern als Beeinträchtigung des privaten Lebens im Alltag, während sie gleichzeitig die Ängste und das allgemeine Gefühl der Unsicherheit stärkt. Greift man das von Trenz gewählte Bild auf, so erkennt man im euroskeptischen Diskurs Staatsschuldenkrisen in einigen europäischen Ländern, eine prinzipielle Legitimationskrise der EU, eine seit Jahren anhaltende Asyl- und Migrationskrise, eine Repräsentationskrise innerhalb der europäischen Institutionen und Verfassungskrisen in der Vergangenheit.

      Ob man nun die auch heute noch spürbaren Auswirkungen der Finanzkrise von 2008, die tiefsitzenden Bedenken in Bezug auf Europas Sicherheit, die nach den terroristischen Anschlägen in europäischen Hauptstädten aufkamen, oder aber die seit 2015 anhaltende Migrationskrise betrachtet, stellt man fest, dass Europa einer ganzen Reihe großer Belastungen ausgesetzt ist. Das Ergebnis des britischen Referendums über den Brexit führte nur zu noch größerer politischer Unsicherheit, da man sich nun mit den möglichen Konsequenzen auseinandersetzen muss. Es fällt auf, dass, obwohl in den aufgeführten Modellen grundsätzlich unterschiedliche Ansatzpunkte zur Bestimmung der Beweggründe für euroskeptische Haltungen gewählt wurden, die Gründe prinzipiell immer ähnlich sind. Einer EU, die die supranationalen Strukturen weiter ausbauen und damit die nationale Souveränität einschränken will, traut man nicht. Eine EU, die seit Jahren in einer finanziellen Krise steckt, weil sie immer wieder vereinzelten Mitgliedstaaten auf Kosten der Bevölkerung der anderen Mitglieder hilft, unterstützt man nicht. Eine EU, die nationale Grenzen abschafft und gemeinsame Außengrenzen einführt und somit eine unkontrollierte Binnenmigration ermöglicht, empfindet man als fahrlässig.

      Obwohl sich die direkten Auslöser für Euroskeptizismus und die Handelnden im Laufe der Zeit verändert und sich auch die Verhältnisse verschoben haben, bleiben die Argumente und Gründe vergleichbar, es ändern sich lediglich die Bezugspunkte und aktuelle Entwicklungen fließen in die Betrachtungsweisen ein.

      In den letzten Jahrzehnten fand eine Vielzahl von Begriffen Einzug in den öffentlichen Diskurs, wenn es darum ging, Parteien, Personen oder Haltungen am politischen rechten Rand zu beschreiben. Bezeichnungen wie ‚Rechtsextremismus‘, ‚rechtsradikal‘, ‚Neonazis‘, ‚rechtspopulistisch‘, ‚neofaschistisch‘, ‚die Neue Rechte‘ oder schlichtweg ‚rechts‘ – um nur einige zu nennen – beschreiben zwar allesamt rechte Positionen, sind dennoch aufgrund unterschiedlicher rechter Ausprägungen klar voneinander abzutrennen. Aus diesem Grund ist es zunächst wichtig, das Verständnis der Begriffe (Rechts-)Radikalismus, (Rechts-)Extremismus und (Rechts-)Populismus zu klären und diese voneinander abzugrenzen. Unumstritten ist hierbei die Relevanz der jeweiligen Ausprägung der Ideologie (vgl. Mudde 2000: 16f.; Jaschke 2006: 46; Stöss 2010: 26f.).

      „parties that accept the general constitutional parameters of liberal democracy, but challenge the limits of liberal democracies and the existing constitutional order with their transgressive critique of the socio-economic and socio-cultural norms and discourse of the post-war compromise, of the welfare-state, and of the post-war ‘traditional’ political parties.”

      Insofern grenzt er sie von rechtsextremen Parteien ab, die er als „unconstitutional“ einstuft, während radikale Parteien lediglich „oppose[d to] the principles of the constitution“ seien (Zaslove 2004: 66). Dies entspricht ebenfalls der Unterscheidung zwischen verfassungsfeindlich (rechtsradikal) und verfassungswidrig (rechtsextrem) im Deutschen. Minkenberg und Perrineau (2007: 30) hingegen bezeichnen radikale rechte Parteien als eine Ansammlung nationalistischer, autoritärer, xenophober und extremistischer Positionen, die sich durch populistischen Ultranationalismus als gemeinsames Merkmal auszeichnen. Den ultranationalistischen Kern im rechtsradikalen Denken begründet Minkenberg (2011: 113) damit, dass „in der Konstruktion nationaler Zusammengehörigkeit spezifische ethnische, kulturelle oder religiöse Ausgrenzungskriterien verschärft, zu kollektiven Homogenitätsvorstellungen verdichtet und mit autoritären Politikmodellen verknüpft werden“. Es fällt auf, dass Minkenberg und Perrineau (2007) anders als Zaslove (2004) den Extremismus nicht vom Radikalismus abgrenzen, sondern Ersteren vielmehr als Teil der radikalen Einstellung verstehen.

      Der Begriff des Extremismus hat eine lange Tradition, die sich bis in die griechische Antike zurückverfolgen lässt. In seiner ersten Staatsformenlehre bezeichnete Aristoteles die Extreme als wichtige Bestandteile des politischen Systems, die sowohl zueinander als auch zur Mitte gegensätzliche Positionen darstellten (vgl. Backes 2006: 41). In diesem Sinne stellte er unter Berücksichtigung des Gemeinwohls drei gute (Monarchie, Aristokratie und Politie) und drei schlechte Staatsformen (Tyrannis, Oligarchie und Demokratie) vor. Die Demokratie sah er jedoch zunächst als verfehlte Staatsform, da sie nicht das Wohl der Allgemeinheit, sondern das Wohl des herrschenden Volkes – nach seiner Auffassung die freien Armen – vertrete und somit dem Eigennutz der Bevölkerung diene. Daher bevorzugte er die Politie, da diese weder die Reichen noch die Armen – also die beiden Extreme – bevorteile, sondern auf dem Wohl der mittleren Schichten aufbaue (vgl. Backes 2006: 233; Schmidt 2010: 30; Jesse 2018: 29). Erst mit der Französischen Revolution, im Laufe derer sich die Rechts-Links-Unterscheidung in Anlehnung an die Sitzordnung im Parlament etablierte, bekamen die beiden Extreme erstmals eine spezifische Zuordnung am rechten bzw. linken Rand des Systems und wurden mit konkreten politischen Einstellungen verknüpft (Backes 2006: 234). So zeichneten sich die Delegierten auf der linken Seite des Spektrums durch ihre egalitäre Position und die Befürwortung sozialer Reformen aus, während auf der rechten Seite die Vertreter der Aristokratie und des Konservatismus saßen (Lipset 1972: 449). Einzug in den wissenschaftlichen Diskurs erhielt der Begriff des Extremismus erst nach 1917, als sowohl auf rechter als auch auf linker Seite von Extremismus gesprochen wurde (ebd. 450). Im Gegensatz zum ebenfalls um diese Zeit aufkommenden Totalitarismusbegriff, der sich auf das faschistische Regime Italiens unter Mussolini bezog (vgl. Petersen 1996: 20), beschrieb der Extremismus zunächst vornehmlich linke Bewegungen (Jesse 2018: 31). So wurden v. СКАЧАТЬ