Название: Holistisches Chancen-Risiken-Management von Grossprojekten
Автор: Konrad Bergmeister
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Жанр: Отраслевые издания
isbn: 9783433610954
isbn:
Institut für Konstruktiver Ingenieurbau (IKI)
Universität für Bodenkultur Wien
Peter-Jordan-Straße 82
1190 Wien
Österreich
Titelbild/Zeichnungen
Maria Bergmeister
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© 2021 Wilhelm Ernst & Sohn, Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Germany
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Print ISBN 978-3-433-03330-2
ePDF ISBN 978-3-433-61061-9
oBook ISBN 978-3-433-61062-6
Umschlaggestaltung Petra Franke/Ernst & Sohn unter Nutzung eines Entwurfs von Sophie Bleifuß, Berlin
Satz le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Gedruckt auf säurefreiem Papier.
10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
Vorwort
Kann die Zukunft berechnet werden und sind die Chancen und Risiken prognostizierbar? Oder sind wir den Ereignissen der Zukunft trotz digitaler Vernetzung und Berechenbarkeit ausgeliefert? Dieses Buch eröffnet Lesenden erstmalige Erkenntnisse, IngenieurInnen neue Wege für das Chancen-Risiken-Management und ProjektmanagerInnen innovative Methoden zur Realisierung von Großprojekten.
Die Berechenbarkeit von Ereignissen beruhend auf der Wahrscheinlichkeitstheorie begann mit einem Briefwechsel zwischen Blaise Pascal und Pierre de Fermat im Jahr 1654. Fast in jeder Wissensdisziplin hat die Statistik und Probabilistik mittlerweile Einzug gehalten. Jede Prognose beruht letzthin auf dem Glauben von Zahlen. Mit der ersten mechanischen Addiermaschine von Pascal aus dem Jahre 1642 konnten sechsstellige Zahlen addiert und mit dem schnellsten Supercomputer der Welt können heute in 1 s über 415 Quadrillionen Rechenoperationen durchgeführt werden. Haben wir eine Stufe der Evolution erreicht, wo wir alles berechnen können? Trotz dieser enormen Rechenleistungen hat die Prognosegenauigkeit von unbekannten Ereignissen kaum zugenommen.
Unbekannte Risiken können aus dem Nichts auftauchen und plötzlich das Projektgeschehen beherrschen. Sie versetzen die Projektverantwortlichen und manchmal auch die Menschheit in Angst und führen zu Krisen. Ob die Spanische Grippe 1919, die Finanzkrise 2008 oder die Covid-19-Krise 2020 – es sind unbekannte Mächte unwahrscheinlicher Ereignisse, die auch als schwarze Schwäne bezeichnet werden.
Aber nicht nur in Zeiten der Krise gibt es viele Chancen. Symbolhaft für die möglichen Chancen wird der blaue Spix verwendet, der als der seltenste Vogel der Welt eine wunderbare Schönheit entfaltet.
Im Chancen-Risiken-Management analysieren und bewerten wir alle Arten von identifizierbaren Ereignissen, modellieren diese mit statistischen Methoden und versuchen damit eine adäquate Prognose und Vorsorge zu erarbeiten. Mit diesen Methoden werden Projektverantwortliche und Entscheidungsträger beruhigt. Extremereignisse und Unbekanntes können wir mit statistischen Modellen aber nicht erfassen. Für diese Risiken gibt es vielfach keine Vorsorge. Das führt dann zu Kostensteigerungen, Verzögerungen, Schuldzuweisungen, Abwälzung von Verantwortung, Ängsten und Mutlosigkeit.
Ganzheitliches Denken, kontextorientiertes Steuern und eigenverantwortliches kybernetisches Handeln und Entscheiden sind gefragt, um im Labyrinth der Unsicherheiten und der unplanbaren Einflüsse die Orientierung nicht zu verlieren.
Sowohl die verschiedenen Ingenieurwissenschaften, wie die Wissenschaft insgesamt, müssen neue Formen der Erfahrungsinteraktion zwischen den Disziplinen zulassen. Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat die Kunst als das „Stimulans des Lebens“ bezeichnet. Er sah in der Kunst eine Chance, die Risiken des Lebens zu überwinden. Nietzsche hat damit die Philosophie und die Kunst zu neuen Erkenntnissen zusammengeführt. Solche Erkenntnisse müssen wir weiter entwickeln und die Wahrnehmung phänomenologischer Anzeichen wieder erlernen. Das kann mit holistischen Methoden unter Einbezug der identifizierbaren, der erwartbaren und der unbekannten Chancen und Risiken erreicht werden.
Großprojekte unterscheiden sich durch die Komplexität, durch unterschiedliche Entscheidungswege, durch lange Realisierungsdauer und durch hybride, vielfach transnationale Planungs-, Genehmigungs-, Ausschreibungs- und Baukulturen stark von anderen Bauprojekten. Daher müssen neue Wege der Projektorganisation, der Projektabwicklung, der Chancen- und Risikenteilung sowie der Projektpartizipation entwickelt werden. Zusätzlich sind Großprojekte eine besondere Attraktion für Medien. Mit den digitalen Kommunikationsmethoden können heute fast gleichzeitig zwei Drittel der Menschheit erreicht werden. Diese Medien erzeugen auch Risiken, welche durch Negativreden und durch die Interpretationsfreudigkeit von selektiven Prognosen verstärkt werden. Vielfach neigen Menschen dazu, negative Informationen stärker zu gewichten als positive. Entgegen dieser Negativitätsverzerrung braucht es Botschaften und Methoden, auch die Chancen gleichwertig zu erkennen.
Großprojekte leben in letzter Konsequenz von der gegenseitigen Fairness, vom Fach- und Erfahrungswissen und vom Mut. Die Gratwanderung zwischen Bekanntem und Unbekanntem beginnt beim Entwurf und der Erkundung, wächst in der Planung, wird in der Ausschreibung und im Angebot aufgegriffen und formalisiert, tritt während der Ausführungsphase offen zutage und erfährt bei der Abrechnung sowie bei der Bewertung der Chancen und Risiken seinen Abschluss. Wie es der Infrastrukturmanager Georg Vavrovsky formulierte, erfordert das Management von Großprojekten „einen ganzheitlich angelegten Führungsstil mit hoher Integrität und Persönlichkeiten mit breitgestreutem Ingenieurwissen und tieffundiertem Menschenverstand.“ Grundlegend ist und bleibt der wertschätzende Umgang zwischen allen Projektbeteiligten. Es braucht daher für Großprojekte auch eine neue Sicht auf das gemeinsame Wohl, ein gemeinsames Projektethos!
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