Название: Beschreibung der Welt
Автор: Марко Поло
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги о Путешествиях
isbn: 9783843806794
isbn:
DIE 100 BEDEUTENDSTEN ENTDECKER
Marco Polo
Frontispiz der ersten deutschen Ausgabe seines Reiseberichts, Holzschnitt von 1477
Marco Polo
BESCHREIBUNG DER WELT
Die Reise von Venedig nach China
Herausgegeben von Detlef Brennecke
INHALT
»Nicht den zwanzigsten Teil habe ich beschrieben«
Dennoch ist Marco Polos Bericht bis heute unerschöpflich
Empfehlungen für Leser, die mehr
über Marco Polo wissen wollen
VORWORT DES HERAUSGEBERS
»Nicht den zwanzigsten Teil habe ich beschrieben«
Dennoch ist Marco Polos Bericht bis heute unerschöpflich
Zögernd noch und verschwommen lösten sich im Morgendämmern der Geschichte Europas aus Trugbildern und Gerüchten die Schemen eines Reiches im fernsten Osten. Geisterhaft waren Gestalten, die hinter dem Boreas wohnten, dem Wind, der von Norden her weht, schon im 8. Jahrhundert vor Christus in einem Fragment aus dem Frauenverzeichnis des griechischen Rhapsoden Hesiod vorübergehuscht. Als Vorboten gleichsam … Denn binnen Kurzem erschienen die »Hyperboreer« in einer Weltschau des Schamanen Aristeas von Prokonnesos bereits mit deutlichem Umriss: Sie seien eine Population, die anders als all ihre Nachbarn friedfertig auftritt. Mit diesen arglosen Menschen wurden von Stund an Gefilde verbunden, in denen die Seligen ebenso hausten wie Einäugige und Greifen, wo ewiges Leben herrschte und ein Funkeln und Leuchten erstrahlte vom Gold ringsumher: ein Zaubergarten am Rande der Oikumene, der besiedelten Breiten – zugänglich nurmehr den Göttern.
Danach, als sich im 6. Jahrhundert mit der Beschreibung der Erde des Hekataios von Milet verstörend und betörend Indien ins Blickfeld der Europäer schob, wurden die Mirakel des Orients dort angesiedelt, bis sie sich im Schatten des Fassbaren allmählich verloren. Denn hatte Skylax von Karyanda noch in seiner Umseglung der Säulen des Herakles an der Schwelle vom 6. zum 5. Jahrhundert von schaurigen Ausgeburten gefaselt, die ihre Plattfüße als Sonnenschirme benutzten, und von gigantischen Ameisen gefabelt, die im Sand nach Gold schürften, konnte Herodot in seinen Historien am Ausgang des 5. Jahrhunderts die Inder mittlerweile als Zeitgenossen bezeichnen, »die wir kennen und von denen wir genauere Zeugnisse haben«. Die Annahme freilich, dass ihre Gegend »der äußerste Landstrich im Osten« sei, wurde erst an jenem Tag des Spätsommers 326 zerstreut, als Alexander der Große auf seinem Marsch durch den Subkontinent am Hyphasis gen Süden schwenkte. »Vielleicht fließen ja noch viele andere größere Flüsse auf indischem Boden«, gab der Chronist der Kampagne, Arrian, um die Mitte des 2. Jahrhunderts nach Christus im Alexanderzug zu bedenken. »Aber ich kann nichts Sicheres über die Gebiete jenseits des Hyphasis behaupten, weil der Makedonenkönig nicht über den Hyphasis hinausgekommen ist.«
So gewissenhaft dies vorgetragen war, so aussagestark war es zugleich. Denn es bekräftigte, dass das Finis terrae nicht in Indien lag. Zumal es für diesen Befund seit ungefähr der Zeitenwende handfeste – oder sagen wir besser: hauchfeine – Beweise gab. In seinem Hexameter-Epos Über das Landleben (29 v. Chr.) lehrte der Römer Vergil, dass nicht jedwede Frucht in jeglichem Boden gedeiht, sondern zur rechten Entfaltung ihr ursprüngliches Umfeld benötigt. Schulmeisternd fragte er:
»Soll ich von alledem singen? Wie Balsam aus duftendem Holze träufelt, wie Beeren trägt der immergrüne Akanthus, wie Äthiopiens Waldung strahlt von schneeiger Wolle und die Chinesen von Blättern kämmen die seidigen Flocken?«
Allein den Volksnamen »Chinesen« kannten die Römer (und die Griechen) noch nicht. Sie sprachen von »Seres«, und das umschloss die Hersteller wie auch die Lieferanten von Seide.
Die Route, über die sie ihre Ware exportierten, begann an diversen Punkten in der Heimat der »Seres«. Daraufhin führte sie entweder auf einer nördlich der »Hemodischen Berge« sich verzweigenden Strecke um Wüsten herum oder verlief auf einer südlich des Himalaya sich verästelnden Straße durch Indien hindurch. Zuletzt erreichte sie die Ufer des Mittelmeers, wo sie sich nach Afrika und Europa, nach Byzanz und Alexandria abermals entfächerte. Ihr bevorzugtes Ziel indessen war Rom.
Kaum dass Vergil seine – den Nachgeborenen bare Unkenntnis verratende – Schilderung der Seidengewinnung gegeben hatte, pries Horaz in einer Epode (um 30 v. Chr.) die »seidnen Kissen« … besang eine Generation nach ihm Ovid in einem Liebesgedicht (um 2 n. Chr.) den Stoff, »den uns die Seres gewebt« … und rühmte Plinius der Ältere in seiner Naturkunde (77) – wie Aristeas von Prokonnesos einst die »Hyperboreer« – die »Seres« als Geschöpfe »von sanfter Gesittung«.
Schlossen die Römer aus dem Produkt der »Seres« womöglich auf deren Charakter? Sei’s drum! Seide wurde zum Inbegriff von schmachvoller Verweichlichung, sodass Tacitus in den Annalen (um 120) kolportieren konnte, wie der Senat anno 16 angeordnet hatte: »Die Männer dürfen sich nicht mehr durch das Tragen serischer Stoffe entehren.« Nur hielten sie sich nicht an die Kleiderordnung – am allerwenigsten die Kaiser! Zu groß war die Annehmlichkeit, die sie dem Volk am Saum von Asien verdankten. Denn dass es existierte, stand längst außer Frage. Und darum bekam es nun auch seinen ›richtigen‹ – weil auf die einheimische Ts’in-Dynastie aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert verweisenden – Namen.
Hatte doch der gräko-syrische Kaufmann Maes Titianos unlängst ein paar seiner Vertreter bis tief in den Osten geschickt. Und nachdem sie heimgekehrt waren, ließ er sie geflissentlich alle die von ihnen passierten Wege und Orte erfassen, die Gaue und Länder, die Gewässer und Höhen. Damit schuf er die Vorlage für das (verschollene) chorographische Register des Marinos von Tyros, Berichtigung der Karte der bekannten Erde СКАЧАТЬ