Der Trost der Philosophie. Boethius
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Название: Der Trost der Philosophie

Автор: Boethius

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Die Schriften der Kirchenväter

isbn: 9783849659899

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СКАЧАТЬ und elend bist. Aber wie weit du im Elend bist, hätte ich nicht gewußt, hätte es mir deine Rede nicht verraten. Doch du bist zwar fern von der Heimat, nicht vertrieben, nein verirrt; oder willst du durchaus vertrieben sein, so hast du dich doch selber vertrieben. Denn außer dir hätte niemand ein Recht dazu gehabt. Erinnerst du dich, aus welchem Vaterlande du stammst? Dies wird nicht wie einst die Stadt der Athener durch die Herrschaft der Menge gelenkt, sondern „Ein Herrscher ist, ein König“, und dieser freut sich an der Fülle seiner Bürger, nicht an ihrer Vertreibung; von seinen Zügeln sich leiten zu lassen, der Gerechtigkeit zu gehorchen, das ist die höchste Freiheit. Oder kennst du nicht jenes uralte heilige Gesetz deines Staates, daß, wer einmal seinen festen Wohnsitz in ihm gegründet hat, niemals sein Heimatsrecht zu verlieren braucht? Denn wer von seinem Wall und seiner Schutzwehr umschlossen wird, hat nicht zu fürchten, daß er je die Verbannung verschulde. Aber wer aufhört diesen Wohnsitz zu wünschen, hört gleicher Weise auf ihn zu verdienen. Und deshalb bewegt mich nicht so sehr das Angesicht dieses Ortes, als vielmehr das deine, und ich suche lieber als die mit Elfenbein und Kristall geschmückten Wände deiner Bibliothek den Sitz deines Geistes auf; dort habe ich nicht Bücher, sondern, was Büchern erst Wert verleiht, den Sinn meiner Bücher niedergelegt. Du hast zwar von deinen Verdiensten um das Gemeinwohl die Wahrheit gesagt, aber im Verhältnis zu deinen Taten nur wenig. Was Ehrlichkeit oder Falschheit der dir gemachten Vorwürfe betrifft, so hast du nur allen Bekanntes erwähnt. Frevel und Betrug der Angeber hast du zwar richtig aber nur flüchtig getroffen; denn das Volk, wenn es besser und ausgiebiger als bisher erkennt, soll es von Mund zu Mund verbreiten. Du hast auch heftig die ungerechte Handlungsweise des Senates gescholten, hast dich auch betrübt über unsere Anschuldigung und hast die Einbuße deines guten Rufes beweint. Zuletzt ist dein Schmerz gegen das Schicksal heiß entbrannt, du hast geklagt, daß der Lohn nicht dem Verdienst zugewogen werde, und zum Schluß hast du den Wunsch der rasenden Muse niedergelegt, daß derselbe Friede wie im Himmel also auch auf Erden herrschen möge. Aber da dich nun der äußerste Aufruhr der Leidenschaften befallen hat, da Schmerz, Zorn und Trauer dich hin und her zerren, so helfen dir, wie du jetzt gesinnt bist, kräftigere Arzneien nichts. Wir wollen daher einstweilen lindere anwenden, damit sie die unter dem Einfluß der Erregungen verhärtete Geschwulst mit sanfterer Berührung erweichen und sie für eine schärfere Arzenei vorbereiten.

       VI.

      Sengt der Sonne glühender Strahl

      Im Gestirn des Krebses die Flur,

      Magst du reichliche Saaten auch streu’n,

      So versagt sich die Furche doch,

      Täuscht dich Ceres, so trägt doch fest

      Seine Früchte der Eichenbaum.

      Niemals wirst du im dunklen Hain

      Veilchen sammeln zum Blütenkranz,

      Wenn der Nord das Gefilde peitscht,

      Heulend über die Stoppeln rast;

      Niemals suche mit gieriger Hand,

      Ob im Frühling die Rebe schon

      Ihre Trauben zu reifen liebt;

      Seinem Herbste erst spendet gern

      Bacchus labende Gaben aus.

      Alle Zeiten zu eignem Amt

      Ordnet Gott und bestimmt den Lauf,

      Nie läßt er, wo er selber band,

      Jemals Wechsel und Elend zu.

      Wer auf eigenen Bahnen stürzt,

      Wer die sichere Ordnung läßt,

      Froh wird nimmer sein Ausgang sein.

      Zuerst duldest du wohl, daß ich mit einigen Fragen deinen Geisteszustand berühre und untersuche, damit ich wisse, auf welche Weise deine Heilung einzurichten sei. – Frage du, sagte ich, nach deinem Gutdünken, was du willst, ich werde antworten. – Meinst du, daß diese Welt durch sinnlosen Zufall aufs Geratewohl getrieben werde, oder glaubst du, daß in ihr irgend eine Leitung der Vernunft wirke? – Doch, sprach ich, auf keine Weise möchte ich meinen, daß ein so fest Bestimmtes durch sinnlosen Zufall bewegt werde, vielmehr weiß ich, daß Gott der Schöpfer über diesem seinem Werke thront, und nicht ein Tag könnte mich von dieser Überzeugung abwendig machen. – So ist es, sagte sie, das hast du auch eben erst gesungen und nur beklagt, daß bloß die Menschen außerhalb der göttlichen Fürsorge ständen; denn darin, daß alles andere durch Vernunft gelenkt werde, hast du dich nicht erschüttern lassen. Dann aber, o wehe! wundere ich mich sehr, wie du, gefestigt in einer so heilsamen Überzeugung, noch krank sein kannst. Doch forschen wir etwas tiefer; ich vermute, ich weiß, was hier fehlt. Sage mir also, da du nicht zweifelst, daß die Welt von Gott regiert werde, nimmst du auch wahr, mit welchen Mitteln sie regiert wird? – Kaum verstehe ich den Sinn deiner Frage, sagte ich, geschweige, daß ich sie beantworten könnte. – So habe ich mich also nicht getäuscht, sagte sie, daß hier etwas fehlt, so daß wie durch die Bresche eines Walles die Krankheit der Verwirrung in deinen Geist eingedrungen ist. Aber sage mir, erinnerst du dich, was der Zweck der Dinge ist und wohin die Absicht der ganzen Natur strebt? – Ich habe es gehört, sprach ich, aber der Kummer hat mein Gedächtnis abgeschwächt. – Aber du weißt doch, woher alles seinen Ursprung nimmt? – Ich weiß es: er ist Gott. – Und wie ist es möglich, daß du den Ausgangspunkt der Dinge kennst, aber ihr Endziel nicht weißt? Doch das ist so die Art dieser Störungen, wohl haben sie die Kraft den Menschen vom richtigen Standpunkt zu verrücken, aber ihn auszureißen und ganz und gar auszurotten, vermögen sie nicht.

      Doch willst du mir dies beantworten: Gedenkst du daran, daß du ein Mensch bist? – Wie, sagte ich, sollte ich mich nicht erinnern? – Solltest du also bestimmen können, was der Mensch sei? – Fragst du danach, als ob ich nicht wüßte, ich sei ein vernünftiges und sterbliches Lebewesen? Ich weiß es und bekenne es zu sein. – Und jene: Weißt du, daß du nichts anderes bist? – Nichts. – Ich kenne nun auch die andere und größte Ursache deiner Krankheit, sagte sie: du weißt nicht mehr, was du selbst bist. Deshalb habe ich vollauf den Grund deines Leidens, aber auch den Weg, dir wieder Genesung zu verschaffen, gefunden. Weil du von Vergessenheit deiner selbst verwirrt bist, fühlst du dich schmerzlich als verbannt und der eignen Güter beraubt. Weil du nicht weißt, was der Zweck der Dinge ist, hältst du nichtswürdige Schurken für mächtig und glücklich. Weil du vergessen hast, mit welchen Mitteln die Welt regiert wird, urteilst du, daß diese Wechselfälle des Glücks ohne Lenker umherwogen; Ursachen, groß genug, nicht nur zur Krankheit, sondern sogar zur Vernichtung. Doch danke dem Herrn der Genesung, daß er dich nicht ganz der Natur entfremdet hat. Wir haben noch einen besten Zündstoff für deine Genesung: deine richtige Ansicht von der Leitung der Welt, weil du sie nicht dem blinden Zufall, sondern der göttlichen Vernunft unterworfen glaubst. Darum fürchte dich nicht zu sehr, aus diesem winzigen Fünkchen wird sich dir die Lebenswärme entfachen. Aber noch ist es nicht Zeit, stärkere Heilmittel anzuwenden, auch ist es die Natur des Geistes, daß er, sobald er die wahren Meinungen verworfen hat, falsche annimmt, aus denen dann der Nebel der Störungen steigt und das rechte Schauen trübt; deshalb will ich ihn allmählich an sanfte und mäßige Linderung gewöhnen, auf daß sich das Dunkel trügerischer Leidenschaften zerstreue, und du den Glanz des wahren. Lichtes erkennen könntest.

       VII.

      Hüllen die dunkeln

      Wolken die Sterne,

      Nimmer senden

      Freundliches СКАЧАТЬ