Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027207022
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Seid Ihr es! Seid Ihr es denn wirklich! Mir bleibt nun weiter kein Zweifel mehr übrig. Der Wirth, bei dem ich übernachtete, hat recht gehört. Und dort kommt ja auch schon der Nachen angeschwommen, der Euch nach Euern elysisch trägen Gefilden fortschaffen soll. Nicht Euch allein, sondern auch die königliche Mathilde. Daß der Poet Raimund mitzieht, ist in der Ordnung, und ich habe nichts dawider zu sagen. Aber Ihr! O Alwin, es braust von gewaltiger, neuschaffender Gährung im Vaterland auf, jeglicher kühne Geist stemmt sich, hier oder dort den Weltbau zu halten, und Ihr flieht, ein klugsorgender Emigrant. War das die Flamme, die in Euch bei Heldengeschichten aufsprühte? Waren das die Erwartungen, die ich wie aus Frühlingsblumen verheissend aus Euern Träumen emporsprossen sah? Nun ist Euer Sommer gekommen, und ich betrogner Erndter wandle zwischen nutzlosem Gestripp umher. Glaubt nicht. daß mir Euer bisheriges Leben fremd geblieben sei. Den ruhmvollen Degen habt Ihr abgelegt, um Euch zwischen einem phantastischen Poetenvolk herumzutreiben, und dieses nur wieder verlassen, um zur theosophisch-mystischen Schule eines Schwärmers überzugehn. Billig folgt nun daraus die arkadische Ruhe. Wohl bekomm' sie Euch!
Damit wandte er sich ab, blickte aber zögernd noch einmal nach Alwin zurück, der ihm freundlich in's Auge sah, und ihm die Hand entgegen streckte.
Ich bin toll, auf Euch zu hören, sagte Thorwald. Aber was wollt Ihr? sprecht nur.
Lieber Thorwald, erwiederte Alwin, ich bitte Euch, zu bedenken, daß wir zwei verschiedne Personen sind. Ich meine Euch nicht aus Euerm Secretariat zu verdrängen; laßt mich dafür hübsch in meiner Poesie, oder wie Ihr es sonsten benennen wollt. An Euern Kämpfen finde ich keine Freude, denn mir kommt die eine Parthei so verrückt, als die andre vor. Ueberhaupt habe ich mich nur von jeher in den Krieg gestürzt, wie Leander in's Meer, als er zur Hero hinüberschwamm: des schönen Zieles wegen, nicht aber um lebenslang unter Schaum und Wogen herumzuplätschern. Daß ich noch aus gleicher Ursach, mit gleichem Muthe dem Gewühl trotzen kann, steht bei Euch zu erproben, wenn Ihr etwa eine Landung auf Rügen versuchen wollt. Sonst aber behagt mir's nicht. Daß Ihr ganz recht habt, mit der Welt um die Welt zu ringen, gestehe ich Euch gern zu, und Jedwedem, der gleichen Sinnes ist. Dafür aber wünscht' ich auch, daß Ihr Euch nicht erhitztet, wenn ich offenherzig bekenne, daß ich lieber Verse mache. Mein wackrer Thorwald, Ihr seid mir sehr werth, und daß Ihr um meinetwillen ungestüm werden könnt. zeigt, daß Ihr auch gut von mir denkt. Aber eben deshalb verlangt doch nicht, daß ich ein Andrer sein soll, als ich bin. Erinnert Euch der Verlobungsrede, welche Ihr mir an jenem Abende in Braunschweig hieltet. Jetzt heisse ich sie wahrhaft und verständig, so sehr ich mich auch damals thörichter Weise dawieder sträubte. Wir können nicht Alle Alles sein, laßt nur Jeden recht wacker sein, wozu ihn der Himmel berufen hat. Ihr habt Euch wirklich, wie Ihr damals halb spottend sagtet, nur in der Ankündigung versehn. Es hat blos ein freundliches Spiel ausgeführt werden sollen, keinesweges aber eine Haupt- und Staats-Action, wozu Ihr wohlmeinender Zuschauer es durchaus umgestalten wolltet. Jetzt bin ich Alwin, und zeige mich Euch als solcher. Wollt und könnt Ihr den nun ertragen, so empfangt seinen freundlichen Abschiedsgruß, und laßt mich hinzusetzen: auf baldiges Wiedersehn.
Thorwald schloß ihn bewegt in seine Arme, und als bald darauf die drei Glücklichen vom Anker stießen, winkte er ihnen ein trauliches Lebewohl zu. Das heilige Rügen aber nahm sie in seine begeisternde Waldungen auf.
Das Schauerfeld
Am Fuße des Riesengebirges, in einer blühenden schlesischen Landschaft, hatten sich, einige Zeit vor dem Westfälischen Frieden, unterschiedliche Verwandte in die Erbschaft eines reichen Bauern zu teilen, der ohne Kinder verstorben war und dessen mannigfache Grundstücke hier und dort durch die fruchtbare Gegend hin zerstreut lagen. Man kam zu diesem Endzwecke in einer Schenke des Hauptdorfes zusammen und wäre bald über die Anordnung des Teilungswesens einig geworden, hätte es nicht unter der Nachlassenschaft einen wunderlichen Acker gegeben, welcher das Schauerfeld geheißen war.
Dort blühete es von vielen Blumen und war mannigfach wucherndes Gesträuch aufgeschossen, allzumal des Bodens kräftige Fruchtbarkeit bezeugend, aber ebensosehr dessen Vernachlässigung und Verödung beurkundend. Denn seit vielen Jahren war keine Pflugschar drüberhingezogen, seit vielen Jahren keine Saat darauf gefallen. Oder hatte man desgleichen ja hin und wieder versucht, so waren die Stiere unter dem Joch in eine unbegreifliche Wut geraten, und selbst die Ackerknechte und Säeleute hatten den Platz mit wildem Entsetzen geräumt, beteuernd, es ziehen dort gräßliche Gestalten umher, die sich in furchtbarer Vertraulichkeit zu den Arbeitern gesellten, so daß kein menschlicher Sinn davor ausdauern könne und einem schon immer der Wahnwitz drohend über die Schulter blicke.
Wer nun die verrufne Stelle in seine Erbschaft mit aufnehmen sollte, das war die große Streitfrage. Jedem kam es vor, als werde, was ihm selbst unerträglich und untunlich schien, der andere leicht ertragen und ausrichten können, wie es denn wohl in der Welt zu gehen pflegt, und so stand man rechtend einander gegenüber bis in den späten Abend. Da fiel einer von den Erben auf eine Auskunft, aber freilich auf eine gar nichtsnutzige. – »Wir sollen ja«, sagte er, »nach dem Testamente irgendeine fromme Huld erweisen an der armen Muhme, die hier im Dorfe wohnt. Nun ist uns das Mädchen doch nur sehr weitläufig verwandt; zudem auch fände sie wohl ohne alle Aussteuer einen wohlhabenden Mann, denn sie ist gut und wirtlich, und man heißt sie ja nur die schöne Sabine. Da denke ich, wir treten ihr das ganze Schauerfeld ab; so sind wir unsrer Verpflichtung mit einem Male los, und es ist doch fürwahr ein gar reichliches Geschenk, falls sie sich nur einen Ehemann schafft, der damit umzugehen versteht.« – Die andern stimmten allesamt ein, und man fertigte einen der Vettern ab, der Beschenkten die erwiesene Huld anzuzeigen.
Derweil hatte in der einbrechenden Dämmerung jemand an Sabinens Hintertür geklopft, und auf ihre Frage, wer draußen stehe, kam eine Antwort zurück, vor der sich die Riegel des kleinen Fensterleins alsbald auftaten. Es war eine langersehnte Stimme, denn sie gehörte dem jungen Kunz, der, schön und gut wie Sabine, aber ebenso arm, sich vor zwei Jahren in Kriegsdienste begeben hatte, um auf diese Weise vielleicht die Heirat mit dem geliebten Mädchen möglich zu machen, deren Herz auch ihm in frommer Liebe gänzlich zugehörte. Es war hübsch anzusehen, wie Sabine mit hellen Tränen in den wunderschönen Augen zwischen den Efeuranken des Hüttchens hervorlächelte und der hohe schlanke Soldat voll sittiger Freude nach ihr aufschaute und ihr die treue Rechte entgegenbot. – »Ach Kunz«, flüsterte sie verschämt, »gottlob, daß du lebendig wiedergekommen bist! Das ist alle Abend und alle Morgen mein herzliches Beten gewesen, und solltest du auch übrigens gar nichts von dem gehofften Glück erringen.« – »Mit dem Glück«, entgegnete Kunz und schüttelte lächelnd den Kopf dazu, »mit dem Glück sieht es auch nur sparsam genug aus. Aber es ist doch besser als da ich wegging, und wenn du Mut genug hast, denke ich, wir können einander heiraten und uns mit Ehren durchbringen.« – »Ach«, seufzte Sabine, »du treuer Kunz! Dein Wohl und Weh so fest an das einer blutarmen Waise zu knüpfen!« – »Liebchen«, sagte Kunz, »nicke mir ein freundliches Ja heraus, wenn du Vertrauen zu mir hast. Ich versichere dich, es geht, und wir leben vergnügt miteinander, wie die Könige.« – »Und hast deinen Abschied? Bist kein Soldat mehr?« – Kunz suchte aus einem ledernen Beutelchen, das sein gewonnes Gut enthielt, einen Silbertaler heraus und reichte ihn Sabinen hin, welche sich so damit stellte, daß der Schein des Lämpleins im Zimmer auf die Münze fiel. Mit altväterlichem Witze war eine zersprungene Trommel darauf gebildet, und darüber standen die Worte: »Gottlob, der Krieg hat« – »Gottlob, der Krieg hat ein Loch, soll es heißen«, fügte der erläuternde Kunz hinzu. »Es ist zwar noch nicht Friede; aber mit dem Kriege will's auch nicht recht mehr fort, und da hat mein Oberster seine Schar auseinandergehn lassen.«
– In Friedens- und Liebesfreude hielt Sabine ihre Hand dem Liebling hin und vergönnte nun auch dem Bräutigam, in das Stübchen zu treten, wo er sich neben sie setzte und ihr erzählte, wie er seine wenigen Gold- und Silbertaler im ehrlichen, offnen Kampfe von einem СКАЧАТЬ