Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027207022
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Alwin erkannte ihn nun gleichfalls. Er hieß Warbrecht, und hatte ein Fähnlein in Adalberts Schaar geführt, wo er als ein ganz wackrer Soldat bekannt war, ohne eben sonst außerordentlich viel zu gelten. Am wenigsten hatte sich Alwin mit dem rauhen Umherstreifer zu thun gemacht, aber wie er jetzt so plötzlich vor ihm hin trat, eine Erscheinung aus der alten glücklicheren Zeit, ergriff es sein ganzes Gemüth mit lebhafter Freude. Er stieß die Thür vollends auf, half ihm vom Pferde, und fiel ihm brüderlich um den Hals. Es fand sich, daß er von Anfang nichts anders als ein Nachtquartier begehrt hatte, und nur auf eine etwas rohe Manier dabei verfahren war. Alwin söhnte ihn bald mit seinen Wirthen aus, und führte ihn nach einer heitern Abendmahlzeit mit auf sein Zimmer. Die alten Erinnrungen und was seither den andern Kameraden begegnet war, und Warbrechts letztre Begebenheiten kamen nunmehr an die Reihe. Man war unerschöpflich in Fragen und Mittheilungen, eine Flasche herzerfreuenden Weins stand zwischen den beiden Kriegsverbrüderten, und erst spät legten sie sich zu einem kurzen Schlummer nieder.
Am folgenden Morgen verließen sie Arm in Arm das Haus, und setzten ihre gestrigen Gespräche fort.
Was willst Du denn nun eigentlich anfangen, und worauf wartest Du hier? fragte Warbrecht.
Alwin sah eine Zeitlang nachdenklich vor sich nieder, und rief zuletzt aus: weiß ich's selbst! Sie haben mich in der Welt herumgeneckt und betrogen nach Herzenslust. Das mag ich nicht mehr, und verlange auch von der Zukunft nichts mehr. Die Fragen, welche Du an mich thust, wären mir gar nicht von selbst eingefallen, und ich hätte hier alt und grau werden können, ohne sonst noch etwas zu denken, als mein einförmiges Leben. Und so wird es denn auch noch immer kommen, denn Deine Erscheinung wird an mir vorübergehn, wie die andern. Was bleibt, ist meine stille Betrübniß, und meine Scheu vor Allem jenseit dieses Waldes.
Das kommt von der verfluchten Gelehrsamkeit her! rief Warbrecht. War so ein schmucker, kecker Soldat, und will hier zum halben Klaus'ner versauern!
Mit Deiner Gelehrsamkeit! antwortete Alwin lächelnd. Du siehst vielleicht gar meinen wackern Förster für einen verkleideten Magister an.
Ich verstehe davon nichts, sagte Warbrecht. Aber es lagen doch in Deiner Stube drei oder vier große Bücher umher, und ausserdem eine Zither.
Die Zither laß mir in Ehren, fiel ihm Alwin in's Wort, und meine Bücher auch. Was sie mir gemeinschaftlich vorerzählt und geklungen haben, könnte mir alle Herrlichkeit der Welt nicht ersetzen. Ja, ich sage Dir, ich würde ohne sie, schon lange in den ersten, besten Waldbach gesprungen sein.
Halte das wie Du willst. erwiederte Warbrecht. Ich lasse mich auf nichts weiter ein, als daß Du mit mir mußt, in die Welt, in den Krieg hinaus. Die Zither und Bücher magst Du mitnehmen oder daheim lassen; nach Belieben! Aber mit fort sollst Du und mußt Du.
Ich glaube beinah, daß Du mich erschrecken willst mit Deinen bestimmten Ausdrücken, sagte Alwin. Nur daß ich gewiß weiß: kein Gott und kein Teufel wird mich dahin zwingen, wohin mich nicht der eigne Wille treibt.
Aber der treibt Dich ja eben, närrischer Geselle, rief Warbrecht. Ich müßte Dich nicht gesehn haben, so mit Leib und Seele im Gefecht, so stolz und lustig, wenn die Kugeln flogen und Schwerdter klangen. Du kannst Dich auch nicht einmal verändert haben; das merkt' ich Dir wohl in der vergangnen Nacht an.
Und doch! antwortete Alwin seufzend. Ich sehe nicht ab, warum ich Dir verbergen sollte, was eigentlich in mir vorgeht. Es ist nichts Böses, und daß ich brav bin, habe ich hin und wieder vor Deinen Augen bewiesen. Aber ich habe wirklich immer nur die rechte Lust des Gefechtes erkannt, indem ich dabei an irgend ein schönes Weib dachte, die mir wohl wollte. Wenn die Trompeten schmetterten, fiel mir's ein, wie ich mit ihr getanzt hatte, oder irgend durch eine andre Gedankenverbindung standen ihre freundliche Worte und Winke vor mir; ich rief im begeisterten Muthe: Vorwärts! und jagte eigentlich nur ihrem süßen Lächeln nach, wenn ich gegen den Feind ansprengte. Nun ist das Alles anders geworden. Ich ließ mir damals einreden, daß ich von hübschen Frauen geliebt sei, nun weiß ich, daß ich's nicht bin, und würde jetzt ohne Leben fechten, und eigentlich zu gar nichts taugen.
Bilde Dir doch kein dummes Zeug ein, sagte Warbrecht. Du würdest Dich so gut schlagen, wie vorher; Courage bleibt die Hauptsache.
Wenn ich nur wüßte, daß mich gleich die erste Kugel träfe! rief Alwin, indem er sich unter einen Baum niederwarf.
Da wüßtest Du auch was Rechts, antwortete Warbrecht, sich neben ihn setzend. Drauf und dran, Roß und Mann! So riefst Du ja sonst gern den Reitern zu. Es geht nun einmal nicht anders, als traurig und lustig wechselsweis durch die Welt hin, und der Soldat kommt immer am Besten fort. Wer aber zu längst lebt, beerbt die Uebrigen.
Ich möchte freilich auch wieder besser jetzt zum Soldaten passen, als sonst, sagte Alwin. Damals konnte ich an Thränen denken, die man über mich weinen würde: nun fühl' ich mich dieser Sorge enthoben, und weiß, daß ich gestorben und vergessen zugleich bin. Auch hab' ich nichts sonderliches mehr auf der Welt zu verlieren, und sollte Dir also nur folgen, wilder Nachtvogel. Sage mir, wofür es eigentlich gilt. Ich möchte mich doch gern für etwas schlagen.
Nun, immerfort für den evangelischen Glauben, erwiederte Warbrecht.
Als ob nicht die Mehrsten von Euch ihren Sold aus den Kammern einer Catholischen Macht empfingen! sagte Alwin. Und was schlimmer ist, man hat es mit fremden, undeutschen Alliirten zu thun, die uns als ein Anhängsel zu ihren Planen betrachten. Da soll man denn mit Lust und Freudigkeit Krieg führen!
Pah! fiel Warbrecht ein, das sind Politika. Wir Soldaten haben damit nichts zu schaffen. Werden wir bezahlt, so ist's gut. Unser Feldgeschrei und Feldzeichen bleibt doch immer dasselbe. Ueberhaupt, was kümmert's Dich? Du hast dem, was Du Dein Unglück nennst, bisher mit der Zither ein Wiegenliedchen gesungen; sing's ihm einmal mit Schwerdtgeklirr und Kanonendonner. Was gilt's – es schläft noch fester ein!
Schneller wenigstens könnte Alles so zu Ende gehn, sprach Alwin zu sich selbst, und hatte schon die Hand gehoben, um einzuschlagen, da sagte Jemand dicht neben den Beiden:
Thut nicht so übel, junger Gesell.
Sie fuhren auf, und sahen sich um. Die Worte waren aus dem Munde eines einfachgekleideten, fast ältlichen Mannes gekommen, der einige Schritte von ihnen im Grase saß.
Wo führt Ihn denn der Teufel so mit einem Male her? schrie Warbrecht.
Ich bin auf Gottes Wegen, antwortete der Fremde. Aber hier sitz' ich schon lange; Ihr habt nur nicht Acht auf mich gegeben.
Und wer heißt Ihn, sich in unser Gespräch mischen? fuhr Warbrecht fort.
Liebe Herren, sagte der Fremde, Ihr redetet ja nicht heimlich, und was ein Menschenkind aus dem Herzen spricht, muß jedem frommen Gemüthe zu Herzen gehn. Ich denke, wir Alle sind da, einander auf den rechten Weg zu helfen nach unsern besten Kräften. Nun dünkt mich, wollte der junge Gesell dort eben einen falschen einschlagen, und da hab' ich meine Stimme erhoben, daß ich ihm leuchten wollte, mit meinem wohlbekannten Licht.
Betbruder! rief Warbrecht, und wandte sich lachend ab.
Ihr meint, Ihr hättet mich gescholten, sagte der Fremde, und habt mich dennoch gar hoch geehrt. Möchten wir doch Alle Brüder im Gebete sein! Da ständ' es gut um die Welt. Man spräche einander freundlich zu, und es brauchte nicht Eurer sündlichen Kriege. Versteht mich wohl! Nicht, daß ich den Kriegsmann richten und verdammen wollte, der sein Schwerdt aus der Scheide zieht, weil es ihm die Obrigkeit gebietet, und weil er die Schwachen und Unmündigen vertheidigen will. Nein! Das СКАЧАТЬ