Ausgewählte Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik. Immanuel Kant
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СКАЧАТЬ des Meeres eine Schifffahrt "in die Luft thun soll, so ist mir, da ich jetzt nach den Bildungen "und Naturkräften der Menschheit auf ihren Geist komme und die veränderlichen "Eigenschaften desselben auf unserm weiten Erdenrunde aus "fremden, mangelhaften und zum Theil unsichern Nachrichten zu erforschen "wage." Auch untersuchen wir nicht, ob nicht der Strom seiner Beredsamkeit ihn hie oder da in Widersprüche verwickele, ob z. B., wenn S. 248 angeführt wird, daß Erfinder oft mehr den Nutzen ihres Fundes der Nachwelt überlassen mußten, als für sich selbst erfanden, nicht hier ein neues Beispiel zur Bestätigung des Satzes liege, daß die Naturanlagen des Menschen, die sich auf den Gebrauch seiner Vernunft beziehn, nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickelt werden sollten, welchem Satze er doch mit einigen daraus fließenden, wiewohl nicht ganz richtig gefaßten, S. 206 beinahe eine Beleidigung der Naturmajestät (welches andere in Prosa Gotteslästerung nennen) Schuld zu geben geneigt ist; dies alles müssen wir hier, der Schranken, die uns gesetzt sind, eingedenk, unberührt lassen.

      Eines hätte Recensent sowohl unserm Verf. als jedem andern philosophischen Unternehmer einer allgemeinen Naturgeschichte des Menschen gewünscht: nämlich daß ein historisch=kritischer Kopf ihnen insgesammt vorgearbeitet hätte, der aus der unermeßlichen Menge von Völkerbeschreibungen oder Reiseerzählungen und allen ihren muthmaßlich zur menschlichen Natur gehörigen Nachrichten vornehmlich diejenigen ausgehoben hätte, darin sie einander widersprechen, und sie (doch mit beigefügten Erinnerungen wegen der Glaubwürdigkeit jedes Erzählers) neben einander gestellt hätte; denn so würde niemand sich so dreist auf einseitige Nachrichten fußen, ohne vorher die Berichte anderer genau abgewogen zu haben. Jetzt aber kann man aus einer Menge von Länderbeschreibungen, wenn man will, beweisen, daß Amerikaner, Tibetaner und andere ächte mongolische Völker keinen Bart haben, aber auch, wem es besser gefällt, daß sie insgesammt von Natur bärtig sind und sich diesen nur ausrupfen; daß Amerikaner und Neger eine in Geistesanlagen unter die übrigen Glieder der Menschengattung gesunkene Race sind, andererseits aber nach eben so scheinbaren Nachrichten, daß sie hierin, was ihre Naturanlage betrifft, jedem andern Weltbewohner gleich zu schätzen sind, mithin dem Philosophen die Wahl bleibe, ob er Naturverschiedenheiten annehmen, oder alles nach dem Grundsatze tout comme chez nous beurtheilen will, dadurch denn alle seine über eine so wankende Grundlage errichtete Systeme den Anschein baufälliger Hypothesen bekommen müssen. Der Eintheilung der Menschengattung in Racen ist unser Verfasser nicht günstig, vornehmlich derjenigen nicht, welche sich auf anerbende Farben gründet, vermuthlich weil der Begriff einer Race ihm noch nicht deutlich bestimmt ist. In des siebenten Buches dritter Nummer nennt er die Ursache der klimatischen Verschiedenheit der Menschen eine genetische Kraft. Rec. macht sich von der Bedeutung dieses Ausdrucks im Sinne des Verf. diesen Begriff. Er will einerseits das Evolutionssystem, andererseits aber auch den blos mechanischen Einfluß äußerer Ursachen als untaugliche Erläuterungsgründe abweisen und nimmt ein innerlich nach Verschiedenheit der äußeren Umstände sich selbst diesen angemessen modificirendes Lebensprincip als die Ursache derselben an, worin ihm Recensent völlig beitritt, nur mit dem Vorbehalt, daß, wenn die von innen organisirende Ursache durch ihre Natur etwa nur auf eine gewisse Zahl und Grad von Verschiedenheiten der Ausbildung ihres Geschöpfs eingeschränkt wäre (nach deren Ausrichtung sie nicht weiter frei wäre, um bei veränderten Umständen nach einem anderen Typus zu bilden), man diese Naturbestimmung der bildenden Natur auch wohl Keime oder ursprüngliche Anlagen nennen könnte, ohne darum die erstern als uranfänglich eingelegte und sich nur gelegentlich auseinander faltende Maschinen und Knospen (wie im Evolutionssystem) anzusehen, sondern wie bloße, weiter nicht erklärliche Einschränkungen eines sich selbst bildenden Vermögens, welches letztere wir eben so wenig erklären oder begreiflich machen können.

      Mit dem achten Buche fängt ein neuer Gedankengang an, der bis zum Schlusse dieses Theils fortwährt und den Ursprung der Bildung des Menschen als eines vernünftigen und sittlichen Geschöpfs, mithin den Anfang aller Cultur enthält, welcher nach dem Sinn des Verfassers nicht in dem eigenen Vermögen der Menschengattung, sondern gänzlich außer ihm in einer Belehrung und Unterweisung von andern Naturen zu suchen sei, von da anhebend alles Fortschreiten in der Cultur nichts als weitere Mittheilung und zufälliges Wuchern mit einer ursprünglichen Tradition sei, welcher und nicht ihm selbst der Mensch alle seine Annäherung zur Weisheit zuzuschreiben habe. Da Recensent, wenn er einen Fu außerhalb der Natur und dem Erkenntnißweg der Vernunft setzt, sich nicht weiter zu helfen weiß, da er in gelehrter Sprachforschung und Kenntniß oder Beurtheilung alter Urkunden gar nicht bewandert ist, mithin die daselbst erzählten und dadurch zugleich bewährten Facta philosophisch zu nutzen gar nicht versteht: so bescheidet er sich von selbst, daß er hier kein Urtheil habe. Indessen läßt sich von der weitläuftigen Belesenheit und von der besondern Gabe des Verfassers, zerstreute Data unter einen Gesichtspunkt zu fassen, wahrscheinlich zum voraus vermuthen, daß wir wenigstens über den Gang menschlicher Dinge, so fern er dazu dienen kann, den Charakter der Gattung und wo möglich selbst gewisse classische Verschiedenheiten derselben näher kennen zu lernen, viel Schönes werden zu lesen bekommen, welches auch für denjenigen, der über den ersten Anfang aller menschlichen Cultur anderer Meinung wäre, belehrend sein kann. Der Verfasser drückt die Grundlage der seinigen (S. 338-339 sammt der Anmerkung) kürzlich so aus: "Diese (mosaische) lehrende Geschichte erzählt: daß die ersten geschaffenen Menschen mit den unterweisenden Elohim im Umgange gewesen, daß sie unter Anleitung derselben durch Kenntniß der Thiere sich Sprache und herrschende Vernunft erworben, und da der Mensch ihnen auch auf eine verbotene Art in Erkenntniß des Bösen gleich werden wollen, er diese mit seinem Schaden erlangt und von nun an einen anderen Ort eingenommen, eine neue, künstlichere Lebensart angefangen habe. Wollte die Gottheit also, daß der Mensch Vernunft und Vorsicht übte: so mußte sie sich seiner auch mit Vernunft und Vorsicht annehmen. Wie nun aber die Elohim sich der Menschen angenommen, d. i. sie gelehrt, gewarnt und unterrichtet haben? Wenn es nicht eben so kühn ist hierüber zu fragen, als zu antworten: so soll uns an einem anderen Ort die Tradition selbst darüber Aufschluß geben."

      In einer unbefahrenen Wüste muß einem Denker gleich Reisenden frei stehen, seinen Weg nach Gutdünken zu wählen; man muß abwarten, wie es ihm gelingt, und ob er, nachdem er sein Ziel erreicht hat, wohlbehalten wieder zu Hause, d. i. im Sitze der Vernunft, zur rechten Zeit eintreffe und sich also auch Nachfolger versprechen könne. Um deswillen hat Recensent über den eigenen von dem Verfasser eingeschlagenen Gedankenweg nichts zu sagen, nur glaubt er berechtigt zu sein, einige auf diesem Wege von ihm angefochtene Sätze in Schutz zu nehmen, weil ihm jene Freiheit, sich seine Bahn selbst vorzuzeichnen, auch zustehen muß. Es heißt nämlich S. 260: "Ein zwar leichter, aber böser Grundsatz wäre es zur Philosophie der Menschengeschichte: der Mensch sei ein Thier, das einen Herrn nöthig habe und von diesem Herren oder der Verbindung derselben das Glück seiner Endbestimmung erwarte." Leicht mag er immer sein, darum weil ihn die Erfahrung aller Zeiten und an allen Völkern bestätigt, aber böse? S. 205 wird gesagt: "Gütig dachte die Vorsehung, daß sie den Kunstendzwecken großer Gesellschaften die leichtere Glückseligkeit einzelner Menschen vorzog und jene kostbare Staatsmaschinen, so viel sie konnte, für die Zeit sparte." Ganz recht, aber allererst die Glückseligkeit eines Thiers, dann die eines Kindes, eines Jünglings, endlich die eines Mannes. In allen Epochen der Menschheit, so wie auch zu derselben Zeit in allen Ständen findet eine Glückseligkeit statt, die gerade den Begriffen und der Gewohnheit des Geschöpfs an die Umstände, darin es geboren und erwachsen ist, angemessen ist; ja es ist sogar, was diesen Punkt betrifft, nicht einmal eine Vergleichung des Grades derselben und ein Vorzug einer Menschenclasse oder einer Generation vor der andern anzugeben möglich. Wie, wenn aber nicht dieses Schattenbild der Glückseligkeit, welches sich ein jeder selbst macht, sondern die dadurch ins Spiel gesetzte immer fortgehende und wachsende Thätigkeit und Cultur, deren größtmöglicher Grad nur das Product einer nach Begriffen des Menschenrechts geordneten Staatsverfassung, folglich ein Werk der Menschen selbst sein kann, der eigentliche Zweck der Vorsehung wäre? So würde nach S. 206 "jeder einzelne Mensch das Maß seiner Glückseligkeit in sich haben", ohne im Genusse derselben irgend einem der nachfolgenden Glieder nachzustehen; was aber den Werth nicht ihres Zustandes, wenn sie existiren, sondern ihrer Existenz selber, d. i. warum sie eigentlich daseien, betrifft, so würde sich nur hier allein eine weise Absicht im Ganzen offenbaren. Meint der Herr Verfasser wohl: daß, wenn die glücklichen Einwohner von Otaheite, niemals von gesittetern Nationen besucht, in ihrer ruhigen СКАЧАТЬ