Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer
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Название: Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer

Автор: Arthur Schopenhauer

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9788027208456

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СКАЧАТЬ welchen ich ganz und gar beibehalte, da ersterer der Wille als Ding an sich, sofern er in einem bestimmten Individuo, in bestimmtem Grade erscheint, letzterer aber diese Erscheinung selbst ist, so wie sie sich in der Handlungsweise, der Zeit nach, und schon in der Korporisation, dem Räume nach, darstellt. Um das Verhältniß beider faßlich zu machen, ist der beste Ausdruck jener schon in der einleitenden Abhandlung gebrauchte, daß der intelligible Charakter jedes Menschen als ein außerzeitlicher, daher untheilbarer und unveränderlicher Willensakt zu betrachten sei, dessen in Zeit und Raum und allen Formen des Satzes vom Grunde entwickelte und auseinandergezogene Erscheinung der empirische Charakter ist, wie er sich in der ganzen Handlungsweise und im Lebenslaufe dieses Menschen erfahrungsmäßig darstellt. Wie der ganze Baum nur die stets wiederholte Erscheinung eines und des selben Triebes ist, der sich am einfachsten in der Faser darstellt und in der Zusammensetzung zu Blatt, Stiel, Ast, Stamm wiederholt und leicht darin zu erkennen ist; so sind alle Thaten des Menschen nur die stets wiederholte, in der Form etwas abwechselnde Aeußerung seines intelligiblen Charakters, und die aus der Summe derselben hervorgehende Induktion giebt seinen empirischen Charakter. – Ich werde hier übrigens nicht Kants meisterhafte Darstellung umarbeitend wiederholen, sondern setze sie als bekannt voraus.

      Im Jahr 1840 habe ich das wichtige Kapitel der Willensfreiheit gründlich und ausführlich behandelt, in meiner gekrönten Preisschrift über dieselbe, und habe namentlich den Grund der Täuschung aufgedeckt, in Folge welcher man eine empirisch gegebene absolute Freiheit des Willens, also ein liberum arbitrium indifferentiae, im Selbstbewußtseyn, als Thatsache desselben, zu finden vermeint: denn gerade auf diesen Punkt war, sehr einsichtig, die Preisfrage gerichtet. Indem ich also den Leser auf jene Schrift, imgleichen auf § 10 der mit derselben zusammen, unter dem Titel »Die beiden Grundprobleme der Ethik«, herausgegebenen Preisschrift über die Grundlage der Moral verweise, lasse ich die in der ersten Auflage an dieser Stelle gegebene, noch unvollkommene Darstellung der Nothwendigkeit der Willensakte jetzt ausfallen, und will statt dessen die oben erwähnte Täuschung noch durch eine kurze Auseinandersetzung erläutern, welche das neunzehnte Kapitel unsers zweiten Bandes zu ihrer Voraussetzung hat und daher in der erwähnten Preisschrift nicht gegeben werden konnte.

      Abgesehn davon, daß, weil der Wille, als das wahre Ding an sich, ein wirklich Ursprüngliches und Unabhängiges ist, auch im Selbstbewußtseyn das Gefühl der Ursprünglichkeit und Eigenmächtigkeit seine, obwohl hier schon determinirten Akte begleiten muß, – entsteht der Schein einer empirischen Freiheit des Willens (statt der transscendentalen, die ihm allein beizulegen ist), also einer Freiheit der einzelnen Thaten, aus der im neunzehnten Kapitel des zweiten Bandes, besonders unter Nr. 3, dargelegten gesonderten und subordinirten Stellung des Intellekts gegen den Willen. Der Intellekt nämlich erfährt die Beschlüsse des Willens erst a posteriori und empirisch. Demnach hat er, bei einer vorliegenden Wahl, kein Datum darüber, wie der Wille sich entscheiden werde. Denn der intelligible Charakter, vermöge dessen, bei gegebenen Motiven, nur eine Entscheidung möglich und diese demnach eine nothwendige ist, fällt nicht indie Erkenntniß des Intellekts, sondern bloß der empirische wird ihm, durch seine einzelnen Akte, successiv bekannt. Daher also scheint es dem erkennenden Bewußtseyn (Intellekt), daß, in einem vorliegenden Fall, dem Willen zwei entgegengesetzte Entscheidungen gleich möglich wären. Hiemit aber verhält es sich gerade so, wie wenn man, bei einer senkrecht stehenden, aus dem Gleichgewicht und ins Schwanken gerathenen Stange, sagt »sie kann nach der rechten, oder nach der linken Seite umschlagen«, welches »kann« doch nur eine subjektive Bedeutung hat und eigentlich besagt »hinsichtlich der uns bekannten Data«: denn objektiv ist die Richtung des Falls schon nothwendig bestimmt, sobald das Schwanken eintritt. So demnach ist auch die Entscheidung des eigenen Willens bloß für seinen Zuschauer, den eigenen Intellekt, indeterminirt, mithin nur relativ und subjektiv, nämlich für das Subjekt des Erkennens; hingegen an sich selbst und objektiv ist, bei jeder dargelegten Wahl, die Entscheidung sogleich determinirt und nothwendig. Nur kommt diese Determination erst durch die erfolgende Entscheidung ins Bewußtseyn. Sogar einen empirischen Beleg hiezu erhalten wir, wann irgend eine schwierige und wichtige Wahl uns vorliegt, jedoch erst unter einer Bedingung, die noch nicht eingetreten ist, sondern bloß zu hoffen steht; so daß wir vor der Hand nichts darin thun können, sondern uns passiv verhalten müssen. Jetzt überlegen wir, wozu wir uns entschließen werden, wann die Umstände eingetreten seyn werden, die uns eine freie Thätigkeit und Entscheidung gestatten. Meistens spricht nun für den einen der Entschlüsse mehr die weitsehende, vernünftige Ueberlegung, für den andern mehr die unmittelbare Neigung, Solange wir, gezwungen, passiv bleiben, scheint die Seite der Vernunft das Uebergewicht behalten zu wollen; allein wir sehn voraus, wie stark die andere Seite ziehn wird, wann die Gelegenheit zum Handeln daseyn wird. Bis dahin sind wir eifrig bemüht, durch kalte Meditation des pro et contra, die beiderseitigen Motive ins hellste Licht zu stellen, damit jedes mit seiner ganzen Gewalt auf den Willen wirken könne, wann der Zeitpunkt daseyn wird, und nicht etwan ein Fehler von Seiten des Intellekts den Willen verleite, sich anders zu entscheiden, als er würde, wenn Alles gleichmäßig einwirkte. Dies deutliche Entfalten der gegenseitigen Motive ist nun aber Alles, was der Intellekt bei der Wahl thun kann. Die eigentliche Entscheidung wartet er so passiv und mit der selben gespannten Neugier ab, wie die eines fremden Willens. Ihm müssen daher, von seinem Standpunkt aus, beide Entscheidungen als gleich möglich erscheinen: dies nun eben ist der Schein der empirischen Freiheit des Willens. In die Sphäre des Intellekts tritt die Entscheidung freilich ganz empirisch, als endlicher Ausschlag der Sache; dennoch ist sie hervorgegangen aus der Innern Beschaffenheit, dem intelligibeln Charakter, des individuellen Willens, in seinem Konflikt mit gegebenen Motiven, und daher mit vollkommener Nothwendigkeit. Der Intellekt kann dabei nichts weiter thun, als die Beschaffenheit der Motive allseitig und scharf beleuchten; nicht aber vermag er den Willen selbst zu bestimmen; da dieser Ihm ganz unzugänglich, ja sogar, wie wir gesehn haben, unerforschlich ist.

      Könnte ein Mensch, unter gleichen Umständen, das eine Mal so, das andere Mal anders handeln; so müßte sein Wille selbst sich inzwischen geändert haben und daher in der Zeit liegen, da nur in dieser Veränderung möglich ist: dann aber müßte entweder der Wille eine bloße Erscheinung, oder die Zeit eine Bestimmung des Dinges an sich seyn. Demnach dreht jener Streit über die Freiheit des einzelnen Thuns, über das liberum arbitrium indifferentiae, sich eigentlich um die Frage, ob der Wille in der Zeit liege, oder nicht. Ist er, wie es sowohl Kants Lehre, als meine ganze Darstellung nothwendig macht, als Ding an sich, außer der Zeit und jeder Form des Satzes vom Grunde; so muß nicht allein das Individuum in gleicher Lage stets auf gleiche Weise handeln, und nicht nur jede böse That der feste Bürge für unzählige andere seyn, die es vollbringen muß und nicht lassen kann; sondern es ließe sich auch, wie Kant sagt, wenn nur der empirische Charakter und die Motive vollständig gegeben wären, des Menschen Verhalten, auf die Zukunft, wie eine Sonnen- oder Mondfinsterniß ausrechnen. Wie die Natur konsequent ist, so ist es der Charakter: ihm gemäß muß jede einzelne Handlung ausfallen, wie jedes Phänomen dem Naturgesetz gemäß ausfällt: die Ursache Im letztem Fall und das Motiv im erstem sind nur die Gelegenheitsursachen, wie im zweiten Buch gezeigt worden. Der Wille, dessen Erscheinung das ganze Seyn und Leben des Menschen ist, kann sich im einzelnen Fall nicht verleugnen, und was der Mensch im Ganzen will, wird er auch stets im Einzelnen wollen.

      Die Behauptung einer empirischen Freiheit des Willens, eines liberi arbitrii indifferentiae, hängt auf das Genaueste damit zusammen, daß man das Wesen des Menschen in eine Seele setzte, die ursprünglich ein erkennendes, ja eigentlich ein abstrakt denkendes Wesen wäre und erst in Folge hievon auch ein wollendes, daß man also den Willen sekundärer Natur machte, statt daß, in Wahrheit, die Erkenntniß dies ist. Der Wille wurde sogar als ein Denkakt betrachtet und mit dem Urtheil identificirt, namentlich bei Cartesius und Spinoza. Danach nun wäre jeder Mensch Das, was er ist, erst in Folge seiner Erkenntniß geworden: er käme als moralische Null auf die Welt, erkennte die Dinge in dieser, und beschlösse darauf. Der oder Der zu seyn, so oder so zu handeln, könnte auch, in Folge neuer Erkenntniß, eine neue Handlungsweise ergreifen, also wieder ein Anderer werden. Ferner würde er danach zuvörderst ein Ding für gut erkennen und in Folge hievon es wollen; statt daß er zuvörderst es will und in Folge hievon es gut nennt. Meiner ganzen Grundansicht zufolge nämlich ist jenes Alles eine Umkehrung des wahren СКАЧАТЬ