Название: Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer
Автор: Arthur Schopenhauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9788027208456
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Neu ist diese Wahrheit keineswegs. Sie lag schon in den skeptischen Betrachtungen, von welchen Cartesius ausgieng. Berkeley aber war der erste, welcher sie entschieden aussprach: er hat sich dadurch ein unsterbliches Verdienst um die Philosophie erworben, wenn gleich das Uebrige seiner Lehren nicht bestehn kann. Kants erster Fehler war die Vernachlässigung dieses Satzes, wie im Anhange ausgeführt ist. – Wie früh hingegen diese Grundwahrheit von den Weisen Indiens erkannt worden ist, indem sie als der Fundamentalsatz der dem Vyasa zugeschriebenen Vedantaphilosophie auftritt, bezeugt W. Jones, in der letzten seiner Abhandlungen: on the philosophy of the Asiatics; Asiatic researches, Vol. IV, p. 164: the fundamental tenet of the Vedanta school consisted not in denying the existence of matter, that is of solidity, impenetrability, and extended figure (to deny which would be lunacy), but in correcting the popular notion of it, and in contending that it has no essence independent of mental perception; that existence and perceptibility are convertible terms5. Diese Worte drücken das Zusammenbestehn der empirischen Realität mit der transscendentalen Idealität hinlänglich aus.
Also nur von der angegebenen Seite, nur sofern sie Vorstellung ist, betrachten wir die Welt in diesem er sten Buche. Daß jedoch diese Betrachtung, ihrer Wahrheit unbeschadet, eine einseitige, folglich durch irgendeine willkürliche Abstraktion hervorgerufen ist, kündigt Jedem das innere Widerstreben an, mit welchem er die Welt als seine bloße Vorstellung annimmt; welcher Annahme er sich andererseits doch nimmermehr entziehn kann. Die Einseitigkeit dieser Betrachtung aber wird das folgende Buch ergänzen, durch eine Wahrheit, welche nicht so unmittelbar gewiß ist, wie die, von der wir hier ausgehn; sondern zu welcher nur tiefere Forschung, schwierigere Abstraktion, Trennung des Verschiedenen und Vereinigung des Identischen führen kann, – durch eine Wahrheit, welche sehr ernst und Jedem, wo nicht furchtbar, doch bedenklich seyn muß, nämlich diese, daß eben auch er sagen kann und sagen muß: »Die Welt ist mein Wille.« –
Bis dahin aber, also in diesem ersten Buch, ist es nöthig, unverwandt diejenige Seite der Welt zu betrachten, von welcher wir ausgehn, die Seite der Erkennbarkeit, und demnach, ohne Widerstreben, alle irgend vorhandenen Objekte, ja sogar den eigenen Leib (wie wir bald näher erörtern werden) nur als Vorstellung zu betrachten, bloße Vorstellung zu nennen. Das, wovon hiebei abstrahirt wird, ist, wie später hoffentlich Jedem gewiß seyn wird, immer nur der Wille, als welcher allein die andere Seite der Welt ausmacht: denn diese ist, wie einerseits durch und durch Vorstellung, so andererseits durch und durch Wille. Eine Realität aber, die keines von diesen Beiden wäre, sondern ein Objekt an sich (zu welcher auch Kants Ding an sich ihm leider unter den Händen ausgeartet ist), ist ein erträumtes Unding und dessen Annahme ein Irrlicht in der Philosophie.
§ 2
Dasjenige, was Alles erkennt und von Keinem erkannt wird, ist das Subjekt. Es ist sonach der Träger der Welt, die durchgängige, stets vorausgesetzte Bedingung alles Erscheinenden, alles Objekts: denn nur für das Subjekt ist, was nur immer daist. Als dieses Subjekt findet Jeder sich selbst, jedoch nur sofern er erkennt, nicht sofern er Objekt der Erkenntniß ist. Objekt ist aber schon sein Leib, welchen selbst wir daher, von diesem Standpunkt aus, Vorstellung nennen. Denn der Leib ist Objekt unter Objekten und den Gesetzen der Objekte unterworfen, obwohl er unmittelbares Objekt ist6. Er liegt, wie alle Objekte der Anschauung, in den Formen alles Erkennens, in Zeit und Raum, durch welche die Vielheit ist. Das Subjekt aber, das Erkennende, nie Erkannte, liegt auch nicht in diesen Formen, von denen selbst es vielmehr immer schon vorausgesetzt wird: ihm kommt also weder Vielheit, noch deren Gegensatz, Einheit, zu. Wir erkennen es nimmer, sondern es eben ist es, das erkennt, wo nur erkannt wird.
Die Welt als Vorstellung also, in welcher Hinsicht allein wir sie hier betrachten, hat zwei wesentliche, nothwendige und untrennbare Hälften. Die eine ist das Objekt: dessen Form ist Raum und Zeit, durch diese die Vielheit. Die andere Hälfte aber, das Subjekt, liegt nicht in Raum und Zeit: denn sie ist ganz und ungetheilt in jedem vorstellenden Wesen; daher ein einziges von diesen, eben so vollständig, als die vorhandenen Millionen, mit dem Objekt die Welt als Vorstellung ergänzt: verschwände aber auch jenes einzige; so wäre die Welt als Vorstellung nicht mehr. Diese Hälften sind daher unzertrennlich, selbst für den Gedanken: denn jede von beiden hat nur durch und für die andere Bedeutung und Daseyn, ist mit ihr da und verschwindet mit ihr. Sie begränzen sich unmittelbar: wo das Objekt anfängt, hört das Subjekt auf. Die Gemeinschaftlichkeit dieser Gränze zeigt sich eben darin, daß die wesentlichen und daher allgemeinen Formen alles Objekts, welche Zeit, Raum und Kausalität sind, auch ohne die Erkenntniß des Objekts selbst, vom Subjekt ausgehend gefunden und vollständig erkannt werden können, d.h. in Kants Sprache, a priori in unserm Bewußtseyn liegen. Dieses entdeckt zu haben, ist ein Hauptverdienst Kants und ein sehr großes. Ich behaupte nun überdies, daß der Satz vom Grunde der gemeinschaftliche Ausdruck für alle diese uns a priori bewußten Formen des Objekts ist, und daß daher Alles, was wir rein a priori wissen, nichts ist, als eben der Inhalt jenes Satzes und was aus diesem folgt, in ihm also eigentlich unsere ganze a priori gewisse Erkenntniß ausgesprochen ist. In meiner Abhandlung über den Satz vom Grunde habe Ich ausführlich gezeigt, wie jedes irgend mögliche Objekt demselben unterworfen ist, d.h. in einer nothwendigen Beziehung zu andern Objekten steht, einerseits als bestimmt, andererseits als bestimmend: dies geht so weit, daß das ganze Daseyn aller Objekte, sofern sie Objekte, Vorstellungen und nichts anderes sind, ganz und gar zurückläuft auf jene ihre nothwendige Beziehung zu einander, nur in solcher besteht, also gänzlich relativ ist: wovon bald ein Mehreres. Ich habe ferner gezeigt, daß, gemäß den Klassen, in welche die Objekte ihrer Möglichkeit nach zerfallen, jene nothwendige Beziehung, welche der Satz vom Grunde im Allgemeinen ausdrückt, in andern Gestalten erscheint; wodurch wiederum die richtige Eintheilung jener Klassen sich bewährt. Ich setze hier beständig alles dort Gesagte als bekannt und dem Leser gegenwärtig voraus: denn es würde, wenn es nicht schon gesagt wäre, hier seine nothwendige Stelle haben.
§ 3
Der Hauptunterschied zwischen allen unsern Vorstellungen ist der des Intuitiven und Abstrakten. Letzteres macht nur eine Klasse von Vorstellungen aus, die Begriffe: und diese sind auf der Erde allein das Eigenthum des Menschen, dessen ihn von allen Thieren unterscheidende Fähigkeit zu denselben von jeher Vernunft genannt worden ist7. Wir werden weiterhin diese abstrakten Vorstellungen für sich betrachten, zuvörderst aber ausschließlich von der intuitiven Vorstellung reden. Diese nun befaßt die ganze sichtbare Welt, oder die gesammte Erfahrung, nebst den Bedingungen der Möglichkeit derselben. Es ist, wie gesagt, eine sehr wichtige Entdeckung Kants, daß eben diese Bedingungen, diese Formen derselben, d.h. das Allgemeinste in ihrer Wahrnehmung, das allen ihren Erscheinungen auf gleiche Weise Eigene, Zeit und Raum, auch für sich und abgesondert von ihrem Inhalt, nicht nur in abstracto gedacht, sondern auch unmittelbar angeschaut werden kann, und daß diese Anschauung nicht etwan ein durch Wiederholung von der Erfahrung entlehntes Phantasma ist, sondern so sehr unabhängig von der Erfahrung, daß vielmehr um gekehrt diese als von jener abhängig gedacht werden muß, indem die Eigenschaften des Raumes und der Zeit, wie sie die Anschauung a priori erkennt, für alle mögliche Erfahrung als Gesetze gelten, welchen gemäß diese überall ausfallen muß. Dieserhalb habe ich, in meiner Abhandlung über den Satz vom Grunde, Zeit und Raum, sofern СКАЧАТЬ