Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer
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Название: Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer

Автор: Arthur Schopenhauer

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9788027208456

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СКАЧАТЬ Prolegomena, § 1, deutlich aufgestellten) Satz: »Die Quelle der Metaphysik darf durchaus nicht empirisch seyn, ihre Grundsätze und Grundbegriffe dürfen nie aus der Erfahrung, weder innerer noch äußerer, genommen seyn.« Zur Begründung dieser Kardinal-Behauptung wird jedoch gar nichts angeführt, als das etymologische Argument aus dem Worte Metaphysik. In Wahrheit aber verhält sich die Sache so: Die Welt und unser eigenes Daseyn stellt sich uns nothwendig als ein Räthsel dar. Nun wird ohne Weiteres angenommen, daß die Lösung dieses Räthsels nicht aus dem gründlichen Verständniß der Welt selbst hervorgehn könne, sondern gesucht werden müsse in etwas von der Welt gänzlich Verschiedenem (denn das heißt »über die Möglichkeit aller Erfahrung hinaus«); und daß von jener Lösung Alles ausgeschlossen werden müsse, wovon wir irgendwie unmittelbare Kenntniß (denn das heißt mögliche Erfahrung, sowohl innere, wie äußere) haben können; dieselbe vielmehr nur in Dem gesucht werden müsse, wozu wir bloß mittelbar, nämlich mittelst Schlüssen aus allgemeinen Sätzen a priori, gelangen können. Nachdem man auf diese Art die Hauptquellealler Erkenntniß ausgeschlossen und den geraden Weg zur Wahrheit sich versperrt hatte, darf man sich nicht wundern, daß die dogmatischen Versuche mißglückten und Kant die Nothwendigkeit dieses Mißglückens darthun konnte: denn man hatte zum voraus Metaphysik und Erkenntniß a priori als identisch angenommen. Dazu hätte man aber vorher beweisen müssen, daß der Stoff zur Lösung des Räthsels der Welt schlechterdings nicht in ihr selbst enthalten seyn könne, sondern nur außerhalb der Welt zu suchen sei, in etwas, dahin man nur am Leitfaden jener uns a priori bewußten Formen gelangen könne. So lange aber Dies nicht bewiesen ist, haben wir keinen Grund, uns, bei der wichtigsten und schwierigsten aller Aufgaben, die inhaltsreichsten aller Erkenntnißquellen, innere und äußere Erfahrung, zu verstopfen, um allein mit inhaltsleeren Formen zu operiren. Ich sage daher, daß die Lösung des Räthsels der Welt aus dem Verständniß der Welt selbst hervorgehn muß; daß also die Aufgabe der Metaphysik nicht ist, die Erfahrung, in der die Welt dasteht, zu überfliegen, sondern sie von Grund aus zu verstehn, indem Erfahrung, äußere und innere, allerdings die Hauptquelle aller Erkenntniß ist; daß daher nur durch die gehörige und am rechten Punkt vollzogene Anknüpfung der äußern Erfahrung an die innere, und dadurch zu Stande gebrachte Verbindung dieser zwei so heterogenen Erkenntnißquellen, die Lösung des Räthsels der Welt möglich ist; wiewohl auch so nur innerhalb gewisser Schranken, die von unserer endlichen Natur unzertrennlich sind, mithin so, daß wir zum richtigen Verständniß der Welt selbst gelangen, ohne jedoch eine abgeschlossene und alle ferneren Probleme aufhebende Erklärung ihres Daseyns zu erreichen. Mithin est quadam prodire tenus, und mein Weg liegt in der Mitte zwischen der Allwissenheitslehre der frühem Dogmatik und der Verzweiflung der Kantischen Kritik. Die von Kant entdeckten, wichtigen Wahrheiten aber, durch welche die frühem metaphysischen Systeme umgestoßen wurden, haben dem meinigen Data und Material geliefert. Man vergleiche was ich Kap. 17 des zweiten Bandes über meine Methode gesagt habe. – Soviel über den Kantischen Grundgedanken: jetzt wollen wir die Ausführung und das Einzelne betrachten.

      Kants Stil trägt durchweg das Gepräge eines überlegenen Geistes, ächter, fester Eigenthümlichkeit und ganz ungewöhnlicher Denkkraft; der Charakter desselben läßt sich vielleicht treffend bezeichnen als eine glänzende Trockenheit, vermöge welcher er die Begriffe mit großer Sicherheit fest zu fassen und herauszugreifen, dann sie mit größter Freiheit hin- und herzuwerfen vermag, zum Erstaunen des Lesers. Die selbe glänzende Trockenheit finde ich im Stil des Aristoteles wieder, obwohl dieser viel einfacher ist. – Dennoch ist Kants Vortrag oft undeutlich, unbestimmt, ungenügend und bisweilen dunkel. Allerdings ist dieses Letztere zum Theil durch die Schwierigkeit des Gegenstandes und die Tiefe der Gedanken zu entschuldigen; aber wer sich selber bis auf den Grund klar ist und ganz deutlich weiß, was er denkt und will, der wird nie undeutlich schreiben, wird nie schwankende, unbestimmte Begriffe aufstellen und zur Bezeichnung derselben aus fremden Sprachen höchst schwierige komplicirte Ausdrücke zusammensuchen, um solche nachher fortwährend zu gebrauchen, wie Kant aus der altern, sogar scholastischen Philosophie Worte und Formeln nahm, die er zu seinen Zwecken mit einander verband, wie z.B. »transscendentale synthetische Einheit der Apperception«, und überhaupt »Einheit der Synthesis« allemal gesetzt, wo »Vereinigung« ganz allein ausreichte. Ein Solcher wird ferner nicht das schon ein Mal Erklärte immer wieder von Neuem erklären, wie Kant es z.B. macht mit dem Verstande, den Kategorien, der Erfahrung und andern Hauptbegriffen. Ein Solcher wird überhaupt nicht sich unablässig wiederholen und dabei doch, in jeder neuen Darstellung des hundert Mal dagewesenen Gedankens, ihm wieder gerade die selben dunklen Stellen lassen; sondern er wird ein Mal deutlich, gründlich, erschöpfend seine Meinung sagen, und dabei es bewenden lassen. Quo enim melius rem aliquam concipimus, eo magis determinati sumus ad eam unico modo exprimendam, sagt Cartesius in seinem fünften Briefe. Aber der größte Nachtheil, den Kants stellenweise dunkler Vortrag gehabt hat, ist, daß er als exemplar vitiis imitabile wirkte, ja, zu verderblicher Autorisation mißdeutet wurde. Das Publikum war genöthigt worden einzusehn, daß das Dunkle nicht immer sinnlos ist: sogleich flüchtete sich das Sinnlose hinter den dunkeln Vortrag. Fichte war der Erste, der dies neue Privilegium ergriff und stark benutzte; Schelling that es ihm darin wenigstens gleich, und ein Heer hungeriger Skribenten ohne Geist und ohne Redlichkeit überbot bald Beide. Jedoch die größte Frechheit im Auftischen haaren Unsinns, im Zusammenschmieren sinnleerer, rasender Wortgeflechte, wie man sie bis dahin nur in Tollhäusern vernommen hatte, trat endlich im Hegel auf und wurde das Werkzeug der plumpesten allgemeinen Mystifikation, die je gewesen, mit einem Erfolg, welcher der Nachwelt fabelhaft erscheinen und ein Denkmal Deutscher Niaiserie bleiben wird. Vergeblich schrieb unterdessen Jean Paul seinen schönen Paragraphen »Höhere Würdigung des philosophischen Tollseyns auf dem Katheder und des dichterischen auf dem Theater« (ästhetische Nachschule); denn vergeblich hatte schon Goethe gesagt:

      »So schwätzt und lehrt man ungestört,

       Wer mag sich mit den Narr'n befassen?

       Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,

       Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.«

      Doch kehren wir zu Kant zurück. Man kann nicht umhin einzugestehn, daß ihm die antike, grandiose Einfalt, daß ihm Naivetät, ingénuité, candeur, gänzlich abgeht. Seine Philosophie hat keine Analogie mit der Griechischen Baukunst, welche große, einfache, dem Blick sich auf ein Mal offenbarende Verhältnisse darbietet: vielmehr erinnert sie sehr stark an die Gothische Bauart. Denn eine ganz individuelle Eigenthümlichkeit des Geistes Kants ist ein sonderbares Wohlgefallen an der Symmetrie, welche die bunte Vielheit liebt, um sie zu ordnen und die Ordnung in Unterordnungen zu wiederholen, und so immerfort, gerade wie an den Gothischen Kirchen. Ja er treibt dies bisweilen bis zur Spielerei, wobei er, jener Neigung zu Liebe, so weit geht, der Wahrheit offenbare Gewalt anzuthun und mit ihr zu verfahren, wie mit der Natur die altfränkischen Gärtner, deren Werk symmetrische Alleen, Quadrate und Triangel, pyramidalische und kugelförmige Bäume und zu regelmäßigen Kurven gewundene Hecken sind. Ich will dies mit Thatsachen belegen.

      Nachdem er Raum und Zeit isolirt abgehandelt, dann diese ganze, Raum und Zeit füllende Welt der Anschauung, in der wir leben und sind, abgefertigt hat mit den nichtssagenden Worten »der empirische Inhalt der Anschauung wird uns gegeben«, – gelangt er sofort, mit einem Sprunge, zur logischen Grundlage seiner ganzen Philosophie, zur Tafel der Urtheile. Aus dieser deducirt er ein richtiges Dutzend Kategorien, symmetrisch unter vier Titeln abgesteckt, welche späterhin das furchtbare Bett des Prokrustes werden, in welches er alle Dinge der Welt und Alles was im Menschen vorgeht gewaltsam hineinzwängt, keine Gewaltthätigkeit scheuend und kein Sophisma verschmähend, um nur die Symmetrie jener Tafel überall wiederholen zu können. Das Erste, was aus ihr symmetrisch abgeleitet wird, ist die reine physiologische Tafel allgemeiner Grundsätze der Naturwissenschaft: nämlich Axiome der Anschauung, Anticipationen der Wahrnehmung, Analogien der Erfahrung und Postulate des empirischen Denkens überhaupt. Von diesen Grundsätzen sind die beiden ersten einfach; die beiden letztem aber treiben symmetrisch jeder drei Sprößlinge. Die bloßen Kategorien waren was er Begriffe nennt; diese Grundsätze der Naturwissenschaft sind aber Urtheile. Zufolge seines obersten СКАЧАТЬ