Heißes Geld. Will Berthold
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Название: Heißes Geld

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788711726921

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СКАЧАТЬ mit einem Satz zum Fenster hinauszuspringen. Joseph zwang mich, stehenzubleiben und ihn anzusehen.

      ›Paß auf, Nathan‹, sagte er. ›Ich bin auch nicht erpicht auf das, was ich tun muß. Ich hab’s leichter als du. Ich habe keine Angst. ‹

      ›Keine Angst?‹ fragte ich und verachtete mich.

      ›Aus einem anderen Grund‹, erwiderte er und sprach so leise, daß nur ich es hören konnte: ›Ich gehörte zum Office of Strategie Service (OSS). Ich bin im Auftrag des Generals Donovan nach Frankreich gekommen. Ich habe die Maquisards aus der Luft mit Waffen und Ausrüstung versorgt, und ich hatte den Befehl, die Invasion der angloamerikanischen Streitkräfte vorzubereiten. Ich bin ein Geheimnisträger ersten Ranges. Und ich ersticke an dem Alptraum, daß sie mich zum Reden bringen könnten. ‹

      ›Dich doch nicht‹, entgegnete ich.

      ›Jeden‹, sagte Joseph: ›Sogar noch Steine. Und dann sterben vielleicht zehn, fünfzehn Mann, oder es geht eine ganze Landedivision vor die Hunde. Davor fürchte ich mich‹, gestand er, ›und vor nichts anderem.‹

      Er konnte nichts mehr sagen.

      Unsere beiden Peiniger kamen zurück.

      Dumbsky baute sich vor meinem älteren Bruder auf: ›Und?‹ fragte er genüßlich.

      ›Es bleibt dabei‹, antwortete Joseph.

      ›Und du bist damit einverstanden?‹ wandte sich Dumbsky an mich.

      Ich nickte mit einem Kopf, der so schwer war, als hätte er den ganzen Erdball zu tragen.

      ›Na, also‹, sagte Eckel. ›Dann nehmen wir ihn auch gleich mit.‹

      ›Sei nicht so roh, erwiderte Dumbsky. ›Schließlich sind sie Brüder und sollen sich voneinander verabschieden.‹

      Ich wollte ihm ins Gesicht springen, aber Josephs Blick nagelte mich fest, zwang mich, alles über mich ergehen zu lassen, zu begreifen, daß er einer Vernunft folgte, die für ihn tödlich wäre und mich – vielleicht – am Leben ließe.

      Joseph legte den Arm um mich, drückte mich an sich, wie sie es ihm befohlen hatten. Er ging, ohne sich umzudrehen – trotzdem brennt mir heute noch sein Blick im Gesicht.

      Ich sah Joseph noch einmal. Am nächsten Morgen. Als mich Eckel abholte, wußte ich, daß er an der Heizung hängen würde. Er hatte ein verschwollenes Gesicht mit blauen Lippen, vielleicht vom Todeskampf. Sein linkes Auge war geöffnet und blickte starr zur Decke, das rechte geschlossen.

      ›Dein Bruder hat sich leider aufgehängt, heute nacht‹, sagte Eckel. ›So ein blöder Kerl. Wir hätten ihm doch gar nichts getan – war doch alles nur ein fauler Witz. ‹

      Ich wußte, daß sie Joseph ermordet hatten.

      Vier Tage später erfuhr ich, daß das Geld aus New York in der Schweiz eingetroffen sei. Ich wurde gegen 400 000 Dollar freigelassen und konnte mich später von Lissabon aus in die Staaten einschiffen, wo ich mich sofort freiwillig zur US-Air Force meldete.«

      Feller stand so abrupt auf, daß sein Stuhl umstürzte. Er stürmte an verblüfften Sekretärinnen vorbei durch das Vorzimmer. Roskoe blickte auf, er wirkte ernst, würdig und nachdenklich.

      »Es tut mir leid, Henry«, sagte er, »ich habe Ihnen die Falle gestellt. Es war unfair. Ich wußte, daß Sie keine Chance hätten, ihr zu entkommen.«

      »Okay«, erwiderte der Anwalt. »Ich weiß nicht, was ich tun kann, aber ich werde etwas unternehmen.«

      »Sie haben jede Unterstützung von mir«, antwortete der Senior. »Und das heißt, daß Sie sich soviel Zeit nehmen können, wie Sie wollen, daß Ihnen jede Summe zur Verfügung steht und daß ich Ihnen meine Beziehungen –«

      Henry W. Feller nickte, ging zurück, läutete einen Kontaktmann beim Geheimdienst in Washington, D. C., an. Er bat ihn, die Akten über die deutsche Firma Dewako in Paris 41 bis 44 auszugraben.

      Kurze Zeit später erhielt der Anwalt einen Rückruf von CIA-General Lionel M. Rings: Ein eingeschlafener Fall war ins Rollen gekommen.

      Der Frühling war in den letzten Mai-Tagen wie ein Prahlhans in das Revier eingezogen. Seit Tagen öffnete ungewöhnliche Wärme Fenster und Zapfhähne. Die pralle Sonne beleuchtete eine Landschaft von verzweifelter Schönheit. Die Kühltürme schienen den Atem anzuhalten, und nichts ließ unter diesem blauen Himmel erkennen, daß in den Kohlenpott alljährlich 25000 Tonnen Ruß fallen, der 75000 Eisenbahnwaggons füllen könnte, so viel, daß die Ruhrbewohner, ein kerniger Menschenschlag, geprägt von Maloche und Mutterwitz, sagen: »Wer sich in Essen zweimal schnäuzt, hat ein Brikett im Taschentuch.«

      Sabine war nun schon fast vier Monate bei Müller & Sohn, und es schien ihr, daß an ihrem neuen Arbeitsplatz nicht nur in diesen Tagen die Sonne scheine. Jedenfalls hatte sich bisher Nareike als der angenehmste Chef erwiesen, den sie je gehabt hatte, und er war immerhin schon der fünfte, und auch mit den anderen war sie meistens recht gut ausgekommen.

      Es war Mittagszeit. Sabine saß an einem für sie reservierten Platz im Casino, das den Mitarbeitern der Direktionsetage zur Verfügung stand. Daneben gab es noch eine Kantine, aber die Speisen kamen aus der gleichen vorzüglichen Küche. Der alte Müller, der nie vergessen hatte, daß er aus kleinen Verhältnissen nach oben gekommen war, verwöhnte seine Arbeitnehmer. Im Grunde kümmerte er sich nur noch um die sozialen Belange und – es war seine Marotte – darum, daß Wasser und Strom nicht vergeudet würden. Die sonstige Geschäftsführung überließ er seinem Bevollmächtigten Werner Nareike.

      Sabine lächelte der Kellnerin zu, die ein duftendes Pfeffersteak mit einer großen Salatplatte anschleppte. Sie sah hinter ihr die »resche Zängerin« oder auch »Pralline« – nie hatte sie jemand in diesem Haus anders genannt –; die Sekretärin des Personalchefs zögerte, trat dann an Sabine heran: »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie bei Tisch störe, Fräulein Littmann«, sagte sie. »Bei Ihnen liegt noch die Urlaubsliste, wenn Sie sie bald zurückreichen wollten …«

      »Ich werde meinen Chef daran erinnern«, erwiderte Sabine, sie bemerkte das Zögern ihrer Kollegin und lud sie – mehr höflich als erfreut – ein, an ihrem Tisch Platz zu nehmen. Die Zängerin war eine gutmütige, nicht übertrieben intelligente Person, die – wenn der Haustratsch stimmte – von ihren prallen Rundungen reichlich Gebrauch machte. Jedenfalls rühmte man ihr nach, daß sie über ein großes Herz und über ein breites Bett verfüge. Die »Pralline« war weder unbeliebt noch unverspottet. Die Firmen-Fama jedenfalls machte aus den beiden Sekretärinnen der Direktion extreme Gegensätze, und die Männer munkelten, daß sich die Zängerin mit jedem Betriebsangehörigen, und die blonde Sabine mit keinem einlassen würde.

      »Gefällt es Ihnen bei uns?«

      »O ja, Fräulein Zänger«, antwortete Sabine. »Ich habe mich fraglos verbessern können.«

      »Sie machen hier ja auch ganz schön Furore«, erwiderte die »Pralline« lachend: »Sehen Sie, sogar mein lieber Chef bekommt schon Stielaugen, wenn er Sie ansieht.«

      »Herr Brill?« erwiderte Sabine, als hätte sie es nicht bemerkt.

      »Leider ist er nicht mit Direktor Nareike zu vergleichen«, plapperte die Zängerin weiter. »Gewiß, unser Oberster ist ein komischer Heiliger, aber wenn man sich einmal an ihn gewöhnt hat, kann man СКАЧАТЬ