Название: Bergretter und fesche Dirndl: Wildbach Bergroman Sammelband 6 Romane
Автор: Sandy Palmer
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Короткие любовные романы
isbn: 9783745214406
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Seit sie im Bett lag, von Ruhe und Dunkelheit eingehüllt, schossen immer wieder zahlreiche Gedanken durch ihren Kopf. Sie ließen ihr einfach keine Ruhe mehr.
Draußen über der »Zinne«, einem mit dichtem Baumgürtel umgebenen Berg, stand der Mond als silberne Sichel. Er verschwand erst nach Mitternacht aus ihrem Blickfeld. Sein milchiges Licht verblasste und tauchte die kleine Kammer in Finsternis, als er sich hinter dunklen Wolken verbarg.
Johanne versuchte alles, um endlich Schlaf zu finden. Aber es gelang nicht. Selbst in Gedanken an Raphael ließen sie nicht ruhen. Innerlich war sie wie aufgewühlt.
Was mochte der morgige Tag bringen? Was war, wenn der Vater davon erfuhr?
Angst, Hoffnung und Sehnsucht wechselten sich ab und wirbelten wie ein Karussell in ihrem Kopf. Sie ahnte nicht, dass nur wenige hundert Meter unterhalb des Berghofs ein junger Mann genauso dachte und träumte wie sie.
Johanne stand auf und öffnete das Fenster. Kalter Wind wehte ihr entgegen und ließ sie frösteln. Zitternd legte sie ihre Schlafjacke um die Schultern, und schaute nach Norden.
Von hier oben ließen sich die wenigen Lichter, die noch in Hallgau brannten, nur undeutlich ausmachen. Aus dem Tal kroch allmählich leichter Nebel bis in die Höhe hoch. Von Westen her zogen wieder Wolken auf. Johanne konnte nicht sehen, ob sie vielleicht neuen Regen mit sich brachten. Dafür war es zu dunkel.
Das Herz wurde ihr schwer, als ihr klar wurde, dass ein neues Unwetter ihr Vorhaben am nächsten Tag zunichte machen würde. Dann ließ der Vater sie garantiert nicht den Gang zum Gasthof unterhalb des Gipfels machen.
Ein letztes Mal schaute sie sehnsuchtsvoll zum Wald hinüber. Dahinter, für sie nicht sichtbar, lag der Hof der Harlanders. Dort schlief der Mann, den sie insgeheim seit vielen Jahren liebte.
Seufzend schloss sie das Fenster und betete insgeheim, dass sich das Wetter nicht wieder verschlechtern möge. Vielleicht hing ihr Glück davon ab, kam es ihr in den Sinn.
In den letzten Wochen hatte es viel zu sehr geregnet. Es schien so, als ob auch der nahe Sommer ins Wasser fallen sollte. Das würde für sie üble Folgen haben, wenn die Bergsteiger und Bergtouristen ausblieben.
Johanne legte sich wieder ins Bett und gähnte. Ruhe kehrte in ihr ein. Sie wusste plötzlich, dass sie Raphael auf jeden Fall wiedersehen würde. Und das schon morgen. Sie würde sich das von nichts und niemand nehmen lassen.
4
Ein eigenartiges Poltern weckte Raphael aus einem leichten Schlaf. Er rieb sich die Augen und stand auf. Als er die Vorhänge öffnete, musste er unwillkürlich lächeln. Draußen schien die Sonne. Stahlblauer Himmel wölbte sich über Berg und Tal. Nur ein paar weiße Wolken segelten gemächlich nach Osten. Im Tal selbst lag noch dichter Nebel, der sich in der Nacht und noch stärker vor Sonnenaufgang ausgebreitet hatte. Es würde ein wunderschöner Tag werden. Genauso, wie er ihn sich gewünscht hatte.
Er musste an Johanne denken. In weniger als zwei Stunden würde er sie wiedersehen.
Raphael zog sich rasch an und verließ sein Zimmer. Er war bester Laune und fühlte sich wie neugeboren. In der Küche wartete die Mutter bereits mit dem Frühstück. Knut Harlander hockte vornübergebeugt und löffelte wie immer seinen Haferbrei.
Raphael musste schmunzeln. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sein Vater frühmorgens jemals etwas anderes als diesen Brei gegessen hatte, den er schon als Kind gehasst hatte.
»Schon so früh auf den Beinen«, grüßte ihn der Bauer. »Wie kommt’s?« Er schaute nur kurz auf und widmete sich dann wieder seiner Mahlzeit.
»Guten Morgen, Raphael.« Seine Mutter schenkte ihm ein freundliches Lächeln und hieß ihn, sich an den Tisch zu setzen. Sie hatte für ihn ein kräftiges Frühstück zubereitet.
»Ich möchte das schöne Wetter nutzen und rauf zum Gipfelkreuz«, erklärte er seinem Vater, während er Helga Harlander einen Kuss auf die Wange hauchte und dann ihrer Aufforderung nachkam.
»Warum denn das?« Der Bauer blickte auf. »Hast nix Sinnvolleres zu tun?«
»Iss, Knut!«, forderte Helga Harlander energisch. »Und lass mir den Bub in Ruh! Er ist erst ein paar Tage bei uns, und schon fängst du wieder an, ihn zu kritisieren. Muss das sein?«
Ihr Mann antwortete nicht. Er widmete sich erneut seinem Haferbrei und leerte den Teller. Sekunden später stand er auf und verließ die Küche ohne einen Gruß.
Raphael fühlte sich unangenehm berührt. Er kannte diese Zeremonie, doch das alles war viele Jahre her. Das alles hatte er in Kinder- und Jugendjahren täglich erlebt und nie begriffen oder akzeptiert.
»Er ist noch immer so grantig wie früher«, stellte er fest. »Ich glaub’, er wird sich nie ändern.«
»Ach, lass gut sein«, meinte Helga Harlander und setzte sich mit einer Tasse Kaffe neben ihn. »Ändern kannst du ihn so oder so net mehr. Er ist und bleibt halt ein Grantier.«
Der junge Mann wunderte sich gestern wie heute, wie es seine Mutter überhaupt so lange mit diesem Menschen ausgehalten hatte. Er hatte es immer gescheut, sie jemals danach zu fragen.
»Triffst dich mit der Johanne?«, fragte sie wie aus heiterem Himmel.
»Wie kommst du darauf?«, erwiderte er und hielt inne.
Helga Harlander schmunzelte.
»Leugnen hilft dir nix, mein Junge«, sagte sie und strich ihm über das glatte Haar. »Einer Mutter machst du nix vor. Also, hab’ ich recht?«
Raphael sah keine Veranlassung, seiner Mutter etwas vorzumachen oder sie gar zu belügen. Stets hatte sie in all den Jahren zu ihm gehalten und ihn gegen den strengen Vater verteidigt und oft auch beschützt. Es gab niemanden anderen auf der Welt, zu dem er mehr Vertrauen hatte.
»Ich kann’s net leugnen«, gestand er. »Ich mag die Johanne noch immer so wie früher. Auch wenn ich’s nie ausgesprochen hab’ wegen der Streithähne. Jetzt aber bin ich alt genug, um selbst zu wissen, was ich will.«
In diesem Augenblick begriff Helga Harlander, dass ihr Sohn nicht mehr der schüchterne Bub von früher war, der in die Stadt gegangen war, um der Härte seines Vaters und dem ewigen Nachbarzwist zu entgehen.
»Du hast die Johanne schon früher liebgehabt?«, fragte sie ungläubig. »Aber davon hast du mir nie etwas erzählt, Bub. Warum net?«
Raphael legte seinen Arm um die Schultern seiner Mutter und schaute sie offen an.
»Weil ich net wollte, dass du dich meinetwegen mit dem Vater streitest und wir alle unglücklich werden«, erklärte er. »Die Jahre waren hart genug, und ich hätt’ dir nur wehgetan, weil ich weiß, dass du als die beste Mutter dieser Welt um meine Liebe gekämpft hättest. Aber es wäre sinnlos gewesen, denn wir beide wissen doch, wie arg sich der Vater und der Giefner hassen. Also hab’ ich‘s für mich behalten СКАЧАТЬ